Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
sich um, zog sich die Uniformjacke aus, ohne sie erst aufzuknöpfen, und warf sie über einen Stuhl.
    Über die Schulter hinweg knurrte er: »Aufgestauter Zorn ist ein Feind des Schlafs - und aller anderen Dinge, für die man ein unbeschwertes Herz braucht. Was wolltet Ihr mir sagen?«
    Sein Entgegenkommen brachte sie noch mehr auf: »Das wißt Ihr ganz genau!«
    »Aber ich gebe Euch die Genugtuung, mir die Worte ins Gesicht zu schleudern. Ist Euer Zorn schon verraucht, oder seid Ihr nur vorsichtiger geworden?«
    »Also gut«, erwiderte sie kratzbürstig. »Ich gehöre Euch nicht.*
    »Hat es Euch wirklich so gestört, daß ich das in aller Öffentlichkeit verkündet habe, oder habt Ihr nicht vielmehr Angst, daß es, wenn es noch nicht wahr sein sollte, so doch bald wahr sein wird?«
    »Keines von beiden!« Angelines Hand hielt die Bürste so fest, daß ihre Knöchel weiß hervortraten, als sie sich langsam zu ihm umdrehte. »Ich bin kein Spielzeug, keine Puppe. Ich bin Angeline Fortin, es ist nicht meine Schuld, daß ich hier bin, und ich gehöre nur mir selbst. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß ich gezwungen bin, bei Euch zu bleiben.«
    »Nicht? Einmal angenommen, ich würde meine Meinung ändern und Euch nie gehen lassen, ganz egal, was Ihr mir mitteilt, ganz egal, was bei unserem Scharren und Schürfen nach einer Spur von Claire herauskommt. Wer soll mich daran hindern? Wer kann Euch mir wegnehmen?«
    »Das... das kann doch nicht Euer Ernst sein!«
    Er lehnte sich an den Bettpfosten, sei es, weil die Notwendigkeit für ihn bestand, oder aus der Nonchalance seines ungeheuren Selbstbewußtseins. »Ach nein? Aber selbst wenn die Frage rein hypothetisch wäre, was würdet Ihr antworten?«
    Sie starrte ihn an. »Ihr droht mir mit unbegrenztem Kerker?«
    »Keine schmeichelhafte, aber eine durchaus exakte Umschreibung.«
    »Damit würdet Ihr nie durchkommen - und außerdem macht mir diese Drohung sowieso keine Angst! Euer Interesse würde sehr bald abklingen, wenn Ihr Claire gefunden hättet.«
    »Ihr wollt mich provozieren? Unklug. Ihr solltet wissen, wie schwer es mir fällt, einen Fehdehandschuh liegen zu lassen.«
    Sein spöttischer Ton traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. »Ihr wollt mich ja nur einschüchtern.«
    »Wie kommt es dann, daß ich Trost nötig habe, obwohl es mir gelungen ist?«
    »Vermutlich verletzte Eitelkeit«, fauchte sie. »Ihr habt Euch wohl eingebildet, daß ich Euch in seliger Verzückung wonnevoll in die Arme sinke?«
    »Das wäre doch einmal eine Abwechslung.« Sein Ton war plötzlich nachdenklich geworden.
    »Wenn es das ist, was Ihr wünscht, schlage ich vor, es mit einer von denen da unten zu probieren. Genießt doch das käufliche Vergnügen. Bei mir werdet Ihr nicht weit kommen.«
    In seinen Augen stand ein blaues Glitzern. »Noch eine Herausforderung?«
    Es wäre sicher klüger gewesen, das zu verneinen, doch sie wollte sich nicht um ihre warnende innere Stimme kümmern. »Und wenn schon, Ihr könnt nicht mit mir machen, was Ihr wollt. Ebensowenig, wie ich verstehe, warum Ihr es überhaupt versucht, kann ich begreifen, warum Ihr mich noch hier festhaltet.«
    »Warum? Aus demselben Grund, aus dem ein Geistlicher ein Hemd aus Roßhaar auf der Haut trägt: zur Erinnerung an unbequeme Gelübde, die er aus den erhabensten Gründen abgelegt hat.«
    »Es macht Euch wohl Spaß, in Rätseln zu sprechen?«
    »Ihr könnt die Bedeutung leicht herauslesen, wenn Ihr danach sucht.«
    Sie ging wieder zur Waschkommode und legte die Bürste weg. Dabei fühlte sie, wie sein Blick mit der Gelassenheit eines Wolfs auf ihr ruhte, der ein Kaninchen fixiert. Er hatte die Oberhand, und er wußte es. Und, was noch schlimmer war, sie wußte es auch. Es gab nichts, das ihn davon abhalten konnte, mit ihr nach Gutdünken zu verfahren.
    Bisher hatte er erstaunlich viel Geduld an den Tag gelegt. Hätte sie ihn für einen Ehrenmann und Kavalier halten können, wäre sie bald zu dem Schluß gekommen, daß ihn Schuldgefühle und das Ver-trauen darauf, Claire aus eigener Kraft finden zu können, bis jetzt daran gehindert hatten, die Antwort auf seine Fragen mit anderen Mitteln aus ihr herauszuholen. Zugegeben, er hatte eine Methode der Überzeugung angewandt, die nicht gerade salonfähig war, aber eigentlich hatte er ihr nichts zuleide getan. Wollte er jetzt, nachdem er vergeblich die ganze Gegend durchkämmt hatte, wieder eine neue Taktik anwenden, um die Informationen zu erhalten, die er haben wollte? Oder

Weitere Kostenlose Bücher