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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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völlig unbeeindruckt blieb.
    In diesem Moment trafen sich die beiden Gruppen in der Halle, da sie mit der Durchsuchung fertig waren. Sie hatten keine Gefangene bei sich, und von ihren ausdruckslosen Gesichtern war der Mißerfolg abzulesen. Die Mutter Oberin musterte sie äußerst mißbilligend und schickte die spärlich bekleideten Mädchen wieder ins Bett, die den Männern gefolgt waren. Als das Tapsen ihrer flinken Füßchen verklungen war, wandte sie sich wieder Rolf zu und wartete in eindrucksvollem Schweigen auf eine Erklärung.
    »Ich und meine Männer suchen eine Frau, Claire de Buys, die sich im Besitz von Informationen hinsichtlich des Ablebens meines Bruders befindet. Wir haben Grund zu der Annahme, daß sie sich hier aufhält.«
    »Und es war nötig«, erwiderte die Mutter Oberin mit einer
    Stimme, die vor Ironie triefte, »uns mitten in der Nacht zu überfallen, um festzustellen, ob Eure Informantin die Wahrheit gesprochen hat?«
    Nur selten hatte Angeline das volle Gewicht von Mutter Theresas Mißvergnügen zu spüren bekommen, und obwohl die alte Nonne ihr nicht einmal einen Blick zugeworfen hatte, fühlte sie sich jetzt betroffen. Sie hätte sich gerne gerechtfertigt, daß sie diese Männer hierher geführt hatte, aber dazu hatte sie keine Gelegenheit.
    »Es bestand die Gefahr, daß besagte Frau sich einer Befragung durch die Flucht entzieht.« Rolfs Stimme klang ungewöhnlich geduldig.
    »Ich vermag vielleicht die Dringlichkeit Eures Begehrens zu verstehen, nicht aber die Methode, derer Ihr Euch bedient. Es hätte genügt, einfach zu fragen.«
    Rolf hob die Brauen und kam sofort auf den springenden Punkt zu sprechen. »Hätte?«
    »Allerdings.« Die Mutter Oberin neigte den Kopf. »Sie ist nicht mehr bei uns.«
    »Ich habe Euch doch gesagt, daß sie nicht hier ist«, rief Madame de Buys in triumphierender Gehässigkeit aus. Sie lachte unangenehm, hörte aber gleich wieder auf, als Oswald auf sie zukam.
    »Sie war hier?« beharrte Rolf, als es wieder still wurde.
    »Sie hat drei Tage bei uns verbracht, bis gestern morgen eine Botschaft kam, die, soviel ich weiß, Maria, die Zofe ihrer Mutter, überbrachte. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was darin stand, aber gestern abend fuhr bei Einbruch der Dunkelheit für Mademoiselle de Buys eine Kutsche vor. Sie bestieg sie ohne ein Wort des Abschieds oder, wie ich hinzufügen möchte, des Dankes für ihren Aufenthalt bei uns und reiste ab.«
    »In welche Richtung?« Stirnrunzelnd wartete der Prinz auf Antwort.
    »Ich habe nicht darauf geachtet. Schwester Martha?«
    »Nach Norden, Mutter Theresa«, antwortete die andere Nonne.
    Es lag auf der Hand, warum Madame de Buys versucht hatte, Rolfs Ankunft in der Klosterschule aufzuschieben. Durch ihren
    Eigensinn hatte er einige Stunden verloren und konnte Claire vielleicht gar nicht mehr einholen.
    »Offenbar«, sagte Rolf mit schleppender Stimme, »müssen wir uns wieder in Zentauren verwandeln. Oder was wäre die weibliche Entsprechung?«
    Mit diesen Worten begab er sich zur Tür und nahm Angeline beim Arm.
    »Augenblick«, sagte die Mutter Oberin. Ihr Blick fiel auf das zerknitterte und schmutzige Musselinkleid, das unter Angelines Pelerine zum Vorschein kam, dasselbe Kleid, das sie schon in der Nacht getragen hatte, als sie Claire ins Internat brachte. Die Nonne betrachtete die Haare, die in wirren kastanienbraunen Strähnen herunterhingen. Als Mutter Theresa den Blick zu Angelines graugrünen Augen hob, spiegelte sich Argwohn und Schockiertheit darin. Dann sah sie Rolf an und sagte: »Ich muß Euch auffordern, diese junge Frau hierzulassen.«
    Die Männer der Garde, die sich schon in Bewegung gesetzt hatten, hielten inne und starrten von Rolf zur Mutter Oberin. Schwester Martha hielt den Atem an, und Madame de Buys warf den Kopf zurück, als sei solche Fürsorge eine Beleidigung für sie. Rolf ließ seinen Blick über Angeline gleiten und einen Augenblick auf dem sanft geschwungenen, leicht geöffneten Mund ruhen.
    »Es schmerzt mich, Euch enttäuschen zu müssen, doch Euer Leben besteht ja aus Entsagung. Wenn Ihr unbedingt eine Seele vom Feuer erretten wollt, überlasse ich Euch gerne die andere Dame meiner Begleitung, Madame de Buys, und hoffe, daß Ihr nicht Ursache finden werdet, den Impuls zu bedauern.«
    Daraufhin verließen sie das Internat. Madame de Buys kreischte ihnen nach: »Laßt sie nur gehen! Sie hat es nicht anders gewollt! Soll sie doch mit ihrem Schmierenkomödianten von Prinzen

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