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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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könnte sogar Prinz Rolf, verletzt, wie er ist, beide ins Jenseits befördern, ohne daß sein Verband verrutscht. Wenn das die Kämpfer sind, mit denen Ihr Euch umgeben habt, wundert es mich nicht, daß Ihr darauf angewiesen seid, wehrlosen Frauen aufzulauern.«
    »Meint Ihr?« knurrte McCullough.
    »Ich weiß es.«
    »Vielleicht sollten wir mal die Probe aufs Exempel machen?« schlug er vor.
    Claire hob in damenhafter Haltung die Brauen. »Ist es an mir, das zu sagen? Ihr müßt Euch vergnügen, wie Ihr es für passend haltet.«
    »Des wär net bloß zu meinem Vergnügen«, erwiderte der Räuberhauptmann und musterte grinsend die Frau an seiner Seite. »Ich hätt schon mal Lust zu sehn, was die piekfeinen Laffen aus der alten Welt für Männer sind.«
    Die Herren der Leibgarde wechselten Blicke. In ihren Augen stand kein Zögern, nur Vorsicht angesichts der Wendung der Ereignisse und Vorfreude über die Änderung ihrer passiven Rolle als Gefangene.
    »Müßte bei einem richtigen Wettkampf nicht auch die Geschicklichkeit im Umgang mit Degen und Pistole geprüft werden?« fragte Claire mit unschuldigem Augenaufschlag.
    Angeline begriff auf einmal, daß Claire im Kopf hatte, ihr und der Garde zur Flucht zu verhelfen. Doch ihre Kusine hatte nicht bedacht, daß sie dem Prinzen zu ergeben waren, als daß sie ihn zurückgelassen hätten. Angeline musterte McCullough und glaubte auch nicht, daß sich der Anführer der Bande von Claires Einfällen täuschen ließ. Mit saurer Miene sah er von seiner neuen Maitresse auf seine Männer am Tisch, die unter lautem Gejohle ihre Bereitschaft äußerten, die Herausforderung anzunehmen. Jäh ließ er die flache Hand auf die Tischplatte krachen. »Hier drin ist kein Platz. Bringt die Lampen mit raus, wir machen die Sache draußen ab.«
    Lärmend und lachend drängten sie sich in der Halle und ließen Korbflaschen mit billigem Fusel kreisen. Hunde jaulten, Frauen murrten, und Wetten wurden abgeschlossen. Von den Tierfellen an den Wänden und den ungewaschenen Körpern, die sich zu beiden Seiten des offenen Gangs zusammendrängten, stieg ein durchdringender Geruch auf. Der Wind peitschte den Rauch der Öllampen, und die Flammen spuckten, so daß das flackernde Licht seltsame Schatten auf die Balken der Wände und der Decke warf. Der Schein der Laterne huschte über die Schaufeln und Pickel, die Radfelgen und Pflugschare, Weidenkörbe und Kornsäcke, in denen der Getreidekäfer hauste, und die getrockneten Früchte, die an den offenen Dachsparren hingen. Er beleuchtete auch die verwegenen und bereitwilligen Gesichter der Räuber und brachte Claires aufgeregte Smaragdaugen zum Glänzen.
    Als erstes sollte ein Wettschießen mit Pistolen stattfinden. Eine Zypressenschüssel, auf die ein schwarzer Punkt aufgemalt war, diente als Zielscheibe. Angeline spürte jene Atmosphäre einer gewalttätig guten Laune, wie sie sie in jener Nacht erlebt hatte, als sie Rolf die Spielkarte zum Schießen gehalten hatte.
    Ein kalter Schauer überlief sie. Auf einmal ertrug sie es nicht mehr, im dichten Gedränge zu stehen und zuzusehen. Sie schob sich durch die Menge zu dem Teil des Hauses, in dem Rolf lag. Am Eingang sah sie Gustav in aufgeregtem Gespräch mit Leopold. Rolf war also allein. Sie ging an ihnen vorbei ins Wohnzimmer und blieb verdutzt stehen.
    Die Tür zum Schlafzimmer stand offen. In den dunklen Raum fiel nur das Licht einer Kerze, die auf dem Kaminsims stand. Es schien auf die Gestalt eines Mannes im Nebenzimmer. Er stand unbeweglich da, und seine Aufmerksamkeit galt dem Mann im Bett. Als Angeline eintrat, wirbelte er herum und kauerte sich nieder.
    Es war Oswald. Als er Angeline erkannte, richtete er sich auf, und über das schmale Gesicht lief ein schuldbewußtes Grinsen. Er kam auf sie zu und flüsterte: »Ich wollte nur sehen, ob der Lärm draußen den Prinzen stört.«
    Angeline nickte, aber die Anspannung fiel nicht von ihr ab. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders sein sollte, wenn sie mit der Schießerei anfangen.«
    »Ja, es ist ein Jammer.«
    »Schläft er noch?«
    Bevor Oswald ihr antworten konnte, ließ sich aus dem Zimmer, das sie gerade verlassen hatten, eine heisere Stimme in sarkastischem Ton vernehmen. »Nein, und er wird wahrscheinlich nicht einschlafen, solange eine Herde Trampel direkt vor seiner Tür eine Massenversammlung abhält und Verschwörer im Dunkeln die Köpfe zusammenstecken. Entweder ihr geht und macht dem Lärm ein Ende, oder ihr nennt mir den Grund

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