Stürmische Liebe in Cornwall
lassen. Schon glaubte er, er müsse die Flagge verkannt haben, als endlich ein Licht aufblitzte. Er drehte sein Fernrohr in die Richtung, in der zwei weitere Signale aufleuchteten, die umgehend vom Land aus erwidert wurden. Dann entdeckte er das sich nähernde Boot. Hoffentlich saß der Mann darin, hinter dem er her war. Ob man die Schmuggler fasste oder ob den Zollbeamten die Ladung durch die Lappen ging, war Drew gleichgültig. Er war nur auf den Franzosen aus – und auf Hambleton!
Unwillkürlich wandte er den Kopf und sah hinauf zu den Klippen, wo sein Cottage stand. Da es soeben zu dämmern begann, konnte er den Umriss einer Person ausmachen, die sich den Pfad entlang bewegte – eine Frau. Der Wind wehte ihren Umhang nach hinten und presste ihr die Röcke gegen die schlanke Gestalt.
Er wusste, es konnte nur Marianne sein! Was, bei Gott, machte sie um diese Stunde hier? Ihr musste klar sein, wie gefährlich das war!
Drew fluchte unhörbar vor sich hin. Sich zu regen wagte er nicht, denn das Gelingen seines Planes hing allein von dem Überraschungseffekt ab. Marianne dort oben zu wissen, war ein verdammtes Ärgernis. Hoffentlich machte sie sich auf den Rückweg, wenn sie merkte, dass niemand im Hause war …
Warnen konnte er sie im Augenblick jedenfalls nicht, da er auf das nahende Boot warten musste.
Marianne stand windzerzaust auf dem Klippenpfad und schaute in die Bucht hinunter, vor der draußen im grauen Dämmerlicht ein Schiff lag. Unten am Strand näherte sich gerade ein Boot dem schmalen Sandstreifen. Ganz kurz zögerte sie, dann lief sie hastig auf das Cottage zu. Sie musste Drew warnen! Heftig hämmerte sie mit der Faust an die Tür, doch niemand rührte sich, und kein Licht wurde entzündet. Abermals klopfte sie ungestüm. Immer noch blieb alles still. Wo war Drew nur? Das Boot unten kam immer näher. Was konnte sie tun? Sie sah, dass ein Mann hinauskletterte und zum Strand watete; zwei andere hievten Warenballen und Fässer an Land, und nun nahm von dem Segler aus noch ein weiteres Boot Kurs aufs Ufer.
„Was machen Sie hier, Mademoiselle?“
Erschreckt fuhr Marianne herum und sah sich einem Fremden gegenüber. Sie war so in ihre Beobachtungen vertieft gewesen, dass sie sein Näherkommen nicht bemerkt hatte.
„Wer sind Sie?“, fragte sie unbedacht. „Hat das Schiff Sie gebracht?“ Dann dämmerte ihr plötzlich, wie geschickt die Sache eingefädelt worden war. Während die Waren unten am Strand abgeladen wurden, war dieser Mann hier – er musste der sein, den Drew erwischen wollte – wohl schon vorher an einer anderen Stelle an Land gesetzt worden und zu Fuß über die Klippen hierher geeilt. „Wen suchen Sie hier? Leutnant Humble?“
„Was wissen Sie von dem?“ fragte Raoul auf Englisch. Die Erwähnung Humbles machte ihm klar, dass er hier jemanden vor sich hatte, der mehr wusste, als gut war – und somit möglicherweise eine Gefahr für ihn bedeutete. „Hat er Sie geschickt? Sind Sie statt seiner hier?“
Marianne schüttelte den Kopf und versuchte, sich rückwärts über den Pfad zurückzuziehen, denn unten auf dem Strand war plötzlich die Hölle los. Ein Ruf erklang, und die Klippen wimmelten schlagartig von Männern, die von der Dorfseite aus in die kleine Bucht strömten. Das konnten nur Zollbeamte sein! Sie musste sie auf sich aufmerksam machen!
„Hallo, hier, der Mann, den ihr sucht, ist hier oben!“
Mit einem wütenden Fluch stürzte der Franzose sich auf sie, doch sie konnte ausweichen und rannte wie von Furien gejagt den Pfad hinab. Von unten klangen Gewehrschüsse herauf, dort musste ein Kampf im Gange sein. Sie selbst war dem Fremden wehrlos ausgeliefert. Seine Miene hatte klar gesagt, dass sie gefährlich für ihn war. Wenn er sie erwischte, würde er sie töten. Sie rannte, so schnell sie konnte, doch er holte auf. Mit letzter Kraft stolperte sie den Hang hinab, ihr Rock verfing sich an einer Wurzel, ihr Fuß glitt auf einem spitzen Stein aus, ein scharfer Schmerz fuhr ihr durch den Knöchel, sodass sie zusammenknickte. Verzweifelt raffte sie sich auf und wollte weiterlaufen, doch ihr Fuß gab unter ihr nach, und sie musste anhalten. Mit stolzem Blick wandte sie sich dem Angreifer zu. „Wenn Sie mich töten, werden Sie hängen! Laufen Sie besser!“
Einen Fluch auf den Lippen kam der Mann näher. „Ich habe nichts gegen Sie, Mademoiselle, aber es muss sein! Das alles wäre nicht passiert, wenn er mich hier, wie versprochen, erwartet hätte. Zwar sagte er mir,
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