Stürmisches Herz
zurückgekommen war und vor den Leichen seiner Mutter und seiner Schwester gestanden hatte, die vergewaltigt und ermordet worden war. Noch während er sprach, begann Courtney zu schluchzen, und schließlich tröstete er sie.
»Weine nicht, Kätzchen. Ich habe es nie ertragen, daß du weinst. Es ist vorbei. Sie müssen jetzt auch nicht mehr weinen und können in Frieden schlafen.«
Er küßte sie zärtlich, und dann küßte er sie noch einmal. Auch das war eine Möglichkeit, Trost zu finden – und zu vergessen.
44. KAPITEL
Es war früher Nachmittag, als Courtney aus dem Bett kletterte. Chandos war wieder eingeschlafen, und diesmal war sie entschlossen, ihn nicht zu stören. Das Schicksal seiner Schwester und seiner Mutter hatte sie tief erschüttert, und sie mußte sich zwingen, die Gedanken daran zu verdrängen. Schließlich lag das alles vier Jahre zurück, und sogar Chandos hatte gelernt, damit zu leben, obwohl er es nie ganz vergessen konnte.
Sie hatte gerade den letzten Knopf an ihrem Kleid geschlossen, als jemand an die Tür klopfte. Sie blickte rasch zum Bett hinüber. Chandos war durch das Klopfen aufgewacht und hatte die Augen geöffnet. Er warf Courtney einen warnenden Blick zu, aber seine Besorgnis war unnötig. Sie würde niemandem verraten, daß er sich in ihrem Zimmer befand.
Sie ging rasch zur Tür und öffnete sie einen Spaltbreit. »Ja?«
»Sie haben Besuch, Señorita«, meldete eine der Mexikanerinnen, die Maggie im Haushalt halfen. »Ein Señor Taylor. Er wartet mit Señor Straton auf der Veranda, und –«
»Taylor?« unterbrach Courtney sie scharf. »Hast du Taylor gesagt?«
»Sí.«
»Danke.« Courtney schlug die Tür zu, denn sie war von einem Zorn erfüllt, wie sie ihn noch nie empfunden hatte. »Reed Taylor! Ich kann es nicht glauben! Wie kann er es nach allem, was er mir angetan hat, wagen, hier aufzutauchen? Er hat mich entführen lassen! Das – das ist – oh!«
»Courtney! Verdammt, komm zurück!« rief Chandos ihr nach, als sie aus dem Zimmer stürmte. Er fluchte wild, weil sie einfach weiterrannte, und er ihr kaum splitterfasernackt nachlaufen konnte.
Kochend vor Wut erreichte Courtney die Vordertür und riß sie auf. Vor ihr stand Reed: dunkler Anzug, Rüschenhemd, Hut in der Hand. Wie immer der vollendete Gentleman. Und er lächelte!
»Du bist verrückt!« zischte sie ihn an, während sie auf die Veranda trat. Sie ließ ihn nicht aus den Augen. »Ist dir nicht klar, daß ich dich verhaften lassen könnte?«
»Courtney, mein Liebling, ist das die richtige Art, einen Mann zu begrüßen, der den ganzen weiten Weg zurückgelegt hat, um dich wiederzusehen?«
Sie schloß die Augen. Sie hätte daran denken müssen, wie stur er war. Schließlich war alles, was sie ihm je gesagt hatte, von seinem Dickschädel abgeprallt.
»Nenn mich nicht Liebling«, fuhr sie ihn an. »Du dürftest mich nicht einmal Courtney nennen. Als deine Männer nicht zurückkamen, hättest du doch begreifen müssen, was los ist. Ich wollte nicht gefunden werden, Reed. Du hattest nicht das Recht, diese – diese Galgenvögel hinter mir herzuschicken!«
Er packte sie am Arm und zog sie von den Männern weg, die um sie herumstanden und sie beobachteten. Aber er dachte nicht daran, leiser zu sprechen, und kam schon gar nicht auf die Idee, daß außer ihr noch andere Leute wütend werden könnten.
»Einer dieser Männer ist zurückgekommen, Courtney – er war halbtot. Der Revolvermann, mit dem du durchgebrannt bist, hat ihm die Zunge herausgeschnitten und ihm die Hand abgehackt. Sobald ich erfuhr, wozu dieser Verrückte fähig ist, konnte ich dich einfach nicht weiterhin bei ihm lassen, das siehst du doch ein?«
»Ich bin davon überzeugt, daß die Geschichte eine maßlose Übertreibung ist«, widersprach Courtney.
Chandos war gerade rechtzeitig eingetroffen, um die letzten beiden Äußerungen zu hören.
»Damit hat sie recht«, meinte er lässig. »Ich habe dem Kerl nur die Zunge aufgeschlitzt, nachdem er mir erzählt hat, daß er Courtney im Lager zurückgelassen hat, damit einer von seinen Freunden sie vergewaltigen kann. Und ich habe ihm obendrein die ersten beiden Finger seiner Schußhand gebrochen, bevor ich ihn an einen Baum gebunden habe. Seine Schmerzschwelle ist eben extrem niedrig, das ist alles. Wie steht es mit Ihrer Schmerzschwelle, Taylor?«
Reed überhörte die Frage und wandte sich an Courtney. »Was sucht der Kerl hier?«
Courtney antwortete nicht, sondern starrte Chandos an, der in
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