Stürmisches Herz
mich –, und wie Sie sehen, bin ich gesund und munter. Doch ich überlasse es Vater, Ihnen alles zu erzählen. Ich habe meine Reisetasche auf der Veranda stehen lassen, und wenn Mrs. Manning mir mein Zimmer zurechtmachen könnte …«
Sie war im Begriff, an der überraschten Ella vorbei in den Vorraum zu gehen, als ihr Vater sagte: »Wir werden dieses Gespräch später fortsetzen.« Der warnende Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Wenn es sein muß.« Sie versuchte, fröhlich zu klingen. »Aber ich möchte mich jetzt wirklich frischmachen. Und ich bin davon überzeugt, daß Ella im Augenblick kaum Zeit hat – oder ist die Schule für heute bereits zu Ende?«
»Nein, nein, ich muß gleich wieder zurück.«
Courtney lächelte die leicht verwirrte Dame an, bevor sie den Raum verließ, zog die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand. Sie vernahm die Stimmen im Zimmer – ihr Vater erklärte, und Ella freute sich offensichtlich mit ihm.
Ella war hübsch und unerwartet jung, ungefähr fünfundzwanzig. Sie hatte leuchtend rote Haare und grüne Augen und sah gar nicht wie eine Lehrerin aus.
Natürlich liebte ihr Vater Ella, und Courtney würde nur Unruhe in ihr Leben bringen.
Sie seufzte, stieß sich von der Wand ab und holte ihre Tasche.
42. KAPITEL
Mit einer Geschicklichkeit, die sie sich nicht zugetraut hätte, schaffte es Courtney, die Diskussion über Chandos hinauszuzögern. Sie lenkte ihren Vater ab, indem sie sich nach seinem Leben in Waco erkundigte, wissen wollte, wie er Ella kennengelernt hatte, und so weiter. Auch nahmen ihn seine Patienten sehr in Anspruch – wie vertraut ihr das von Chicago her war –, deshalb bekam sie ihn nur am späten Nachmittag und am Abend zu Gesicht, und sogar da mußte er oft fort.
Sie lernte Ella näher kennen und mochte sie. Sie war ganz anders als Sarah. Aber Ella mußte jeden Tag in ihrer Schule unterrichten, und Courtney war sehr oft für längere Zeit allein.
Es dauerte nicht lang, bis sie sich langweilte. Sie zog in Erwägung, Mrs. Mannings Aufgaben zu übernehmen. Schließlich war sie durchaus imstande, einen Haushalt zu führen. Aber dann erfuhr sie eines Tages Mrs. Mannings Lebensgeschichte und erkannte, wie glücklich es diese machte, bei den Hartes zu arbeiten. Damit war auch dieser Plan ins Wasser gefallen. Doch Courtney hatte so viele Jahre gearbeitet, daß sie jetzt nicht fähig war, ihre Tage zu vertrödeln. Sie brauchte eine Beschäftigung.
Einige Tage lang half sie ihrem Vater in seiner Praxis, worüber er sich sehr freute. Sie hatte sich immer schon gewünscht, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen, hatte aber nicht gewußt, wie sehr diese Arbeit sie belasten würde. Sie war zu mitfühlend und nahm an den Kranken zuviel Anteil. Als sie einmal beim Anblick eines verkrüppelten Kindes zusammenbrach, gab sie diese Tätigkeit auf.
Zehn Tage, nachdem Courtney im Haus ihres Vater eingetroffen war, beschloß sie, es wieder zu verlassen. Es ging nicht nur darum, daß sie sich hier so nutzlos fühlte. Fletcher Straton hatte recht gehabt: Sie war eine Belastung für die junge Ehe. Edward und Ella hatten wenig Zeit füreinander, und jetzt waren sie gezwungen, einen Großteil dieser Zeit mit ihr zu verbringen. Die beiden fingen gerade erst an, miteinander vertraut zu werden, und Courtneys Anwesenheit wirkte oft störend.
Am schlimmsten waren die Nächte. Courtney hörte, wie ihr Vater und Ella sich im Zimmer neben ihr unterhielten, und sie hörte auch, wie sie sich liebten. Wenn sie sie dann am Morgen sah, errötete sie. Es war mehr, als sie ertragen konnte. Es nützte auch nichts, daß sie ihren Kopf unter dem Kissen vergrub. Und dieser Zustand ließ sich nicht ändern, denn es gab im Haus nur drei Schlafzimmer, und im dritten schlief Mrs. Manning.
Courtney redete sich ein, daß dies die Gründe waren, warum sie das Haus ihres Vaters verließ. In Wirklichkeit fehlte ihr jedoch Chandos so sehr, daß sie zutiefst unglücklich war, und es fiel ihr immer schwerer, Fröhlichkeit vorzutäuschen.
Sie erzählte ihrem Vater, daß sie Maggie für ein paar Tage besuchen wollte, war jedoch fest entschlossen, Fletcher Straton dazu zu überreden, daß er ihr Arbeit gab. Auf einer so großen Ranch mußte sich eine Beschäftigung für sie finden lassen.
Als sie auf der Ranch eintraf und Fletcher sagte, was sie vorhatte, war er entzückt. Jetzt mußte er nicht mehr jeden Tag einen Mann in die Stadt schicken, der das Haus
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