Stürmisches Herz
daß seine Mutter tot ist?« fragte er Courtney.
Sie hätte ihm gern etwas Hoffnung gelassen, obwohl sie nicht erklären konnte, warum sie dieses Bedürfnis empfand. Er machte den Eindruck eines harten Mannes. Allem Anschein nach mochte ihn nicht einmal sein eigener Sohn.
Trotzdem …
»Chandos hat seine Mutter mir gegenüber nie erwähnt«, erwiderte sie wahrheitsgemäß. »Ich weiß, daß es ein Massaker gegeben hat. Chandos hat gemeinsam mit den überlebenden Komantschen die Farm überfallen, auf der meine Familie und ich übernachteten. Obwohl beinahe alle anderen damals getötet wurden, schonte Chandos mein Leben. Was er dem Farmer angetan hat, der sich am Massaker beteiligt hatte, war entsetzlich. Aber wenn seine Mutter ver … – getötet wurde, kann ich verstehen, was ihn dazu getrieben hat. Einen Beweis dafür, daß seine Mutter tot ist, muß ich Ihnen allerdings schuldig bleiben. Da müssen Sie schon Chandos fragen.«
»Wo befindet er sich?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Können oder wollen Sie nicht?«
Angesichts seines scharfen Tons schwand Courtney Mitleid. »Ich will es nicht. Ich kenne Sie nicht, Mister Straton, aber ich weiß, daß Chandos Sie nicht sehen wollte. Warum soll ich Ihnen dann erzählen, wo Sie ihn finden können?«
»Sie halten wohl zu ihm, was?« knurrte er. Er war es nicht gewohnt, daß man ihm einen Strich durch die Rechnung machte. »Vielleicht darf ich Sie aber daran erinnern, junge Dame, unter wessen Dach Sie schlafen.«
»Wenn das so ist, verlasse ich Ihr Haus!« fuhr Courtney ihn an. Sie schlang sich die Decke um und erhob sich.
»Setzen Sie sich, verdammt nochmal!«
»Ich denke nicht daran.«
Maggies leises Lachen unterbrach die spannungsgeladene Stille. »Sie müssen Ihre Taktik ändern, Fletcher. Das Mädchen hat sich einen Monat lang in der Gesellschaft Ihres Sohnes befunden. Sein Trotz hat auf sie abgefärbt – jedenfalls wenn es sich um Ihre Person handelt.«
Fletcher sah Maggie finster an, Courtney sah Maggie finster an. Maggie erhob sich mit einem dramatischen Seufzer.
»Ich hätte angenommen, Fletcher Straton, daß ein alter Kerl wie Sie aus seinen Fehlern lernt«, sagte sie streng. »Haben Sie nicht schon einmal diesen Weg eingeschlagen? Haben Sie nicht schon hundertmal gesagt, daß Sie es beim nächsten Mal besser machen würden? Jetzt hätten Sie die Möglichkeit dazu, aber ich habe den Eindruck, daß Sie immer wieder dieselben Fehler machen. Den ersten haben Sie schon begangen. Statt dem Mädchen zu erklären, was es für Sie bedeutet, wenn Sie etwas über Kane erfahren, wollen Sie sie einschüchtern. Warum soll sie überhaupt mit Ihnen sprechen? Sie verbringt nur diese eine Nacht hier – unter meinem Dach, möchte ich noch hinzufügen. Sie ist nicht auf Sie angewiesen, warum sollte sie sich dann überhaupt mit Ihnen befassen? Wenn ich Miß Harte wäre, würde ich es nicht tun.«
Damit verließ Maggie das Häuschen. Die Stille, die daraufhin in dem kleinen Wohnzimmer eintrat, war unbehaglich, um es milde auszudrücken. Courtney setzte sich wieder auf das Sofa, denn sie bedauerte allmählich, daß sie die Beherrschung verloren hatte. Schließlich war dieser Mann Chandos' Vater, und jeder von ihnen wollte vom anderen etwas über Chandos erfahren.
»Entschuldigen Sie«, begann sie, mußte aber lächeln, weil Fletcher im gleichen Augenblick das gleiche sagte.
»Vielleicht können wir noch einmal von vorn beginnen, Mister Straton. Würden Sie mir erzählen, warum Chandos nicht einmal in die Nähe der Farm kommen wollte?«
»Chandos!« knurrte er verächtlich. »Verdammt nochmal! Entschuldigen Sie, aber der Junge verwendet jeden beliebigen Namen, nur nicht den, den ich ihm gegeben habe. Solange er hier war, hat er nie auf Kane gehört. Man konnte ihn rufen, wie man wollte, sogar mit >he, du<, dann sah er einen wenigstens an. Aber bei Kane stellte er sich taub.«
»Verlangen Sie nicht von mir, daß ich ihn Kane nenne«, meinte Courtney entschieden. »Für mich ist und bleibt er Chandos.«
»Schon gut, schon gut«, brummte Fletcher. »Aber verlangen Sie nicht, daß ich ihn Chandos nenne.«
»Abgemacht«, lachte Courtney.
Fletcher zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. »Zu Ihrer Frage: Es ist nicht weiter verwunderlich, daß Kane seine Anwesenheit vor mir geheimhalten wollte. Als er vor vier Jahren davonlief, schickte ich meine Leute hinter ihm her. Natürlich holten sie ihn nie ein. Er führte sie drei Wochen lang vergnügt an der Nase
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