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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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preisgeben, müssen sie korrekt sein. Du könntest versehentlich etwas sagen, das diesen Möchtegern-Experten in ihren Studios einen Grund geben könnte, dich zu verdächtigen. Auch so etwas habe ich schon erlebt.«
    Offensichtlich verstand sie nicht, was er sagte, denn sie zuckte nur die Achseln. »Mich? Wie sollten sie darauf kommen?«
    »Noch etwas. Die Person, die eventuell deine Kinder in ihrer Gewalt hat, könnte die Fernsehnachrichten sehen. Tatsächlich halte ich das sogar für wahrscheinlich. Diese Person darf nicht wissen, was wir bereits in Erfahrung gebracht haben und welche Spuren wir verfolgen. Unter Umständen
würdest du etwas sagen, das ihr hilft, sich uns zu entziehen. Wir haben beschlossen, dass nur der Sheriff mit den Medien spricht. Wenn sich alle Bemühungen der Reporter auf ihn richten, werden sie nicht mehr vor deinem Haus herumlungern. Sondern vor dem Büro des Sheriffs, und genau das wollen wir.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich dich richtig verstanden habe. Aber ich möchte sowieso nur meine Kinder zurückhaben.«
    »Du bist in der Obhut von Profis, Monica. Wir kennen solche Situationen.«
    »Das ganze Gerede bedeutet mir nichts.«
    Swann bemühte sich, die Ruhe zu bewahren und weiter ein gebieterisches Auftreten an den Tag zu legen. Er ahnte, dass der Kameramann hinter ihm das Stativ verschob, um eine Aufnahme von Monica zu machen, und tat einen Schritt nach rechts, um ihm die Sicht zu versperren. »Bisher wissen wir nicht, wo Annie und William sind«, sagte er. »Wenn die Person, die sie bei sich hat, sich entschließt, sie zurückzubringen oder Kontakt zu dir aufzunehmen, wollen wir nicht, dass sie durch Kameras oder Reporter abgeschreckt wird. Wir müssen auch daran denken, wie die Dinge sich für einen möglichen Entführer darstellen. Diese Nachforschungen sollten nach außen nur durch den Sheriff repräsentiert werden. Findest du das nicht sinnvoll?«
    Sie schaute ihn an, schüttelte dann den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.«
    Er zeigte auf die Reporterin, die mit ihrem Haar fertig war und wütend dastand, die Hände in die Hüften stemmend. »Sieh sie dir an. Sie ist nur an einer Story interessiert. Deine Kinder sind ihr egal.«

    Das schien Eindruck zu machen. Jetzt sieht sie die Reporter in einem anderen Licht, dachte er.
    »Du musst mir - uns - vertrauen«, fuhr er fort. »Ich bin gekommen, um dir zu helfen und dich zu beschützen. Glaub mir, ich erlebe so eine Situation nicht zum ersten Mal, genau wie die anderen. Es gibt Möglichkeiten, sich richtig zu verhalten, und dazu gehört auch, jeglichen Medienrummel zu vermeiden. Wir handeln nur in deinem und im Interesse deiner Kinder, Monica.«
    Sie blickte ihn an, als wäre sie sich hinsichtlich seiner letzten Worte nicht ganz sicher, rief der Journalistin ein »Später vielleicht!« zu und verschwand im Haus. Swann folgte ihr, machte die Tür zu und schloss sie ab. Durch das Fenster sah er die Reporterin und den Kameramann aufgeregt miteinander reden, die Frau unterstrich ihre Worte durch heftige Gesten. Er zog die Vorhänge zu.
    Was er wirklich dachte, sagte er Monica nicht. Wir wollen nicht, dass deine Kinder dich im Fernsehen um sie weinen sehen.

Samstag, 12.20 Uhr
    Auf dem Heimweg hielt Jess Rawlins vor dem Bear Trap, wo er zu Mittag essen wollte. Das Lokal lag auf halbem Weg zwischen der Stadt und seiner Ranch, an einem Schnittpunkt ehemals von Holzfällern benutzter Straßen. Das Bear Trap war ein besonderer, legendärer Ort, ein verwinkeltes Holzhaus, das nie so elegant gewesen war, wie seine Erbauer es
beabsichtigt hatten, und an dem jetzt unübersehbar der Zahn der Zeit nagte. Im Laufe der Jahre war es nacheinander ein Tanzschuppen, eine Pension, ein Restaurant und Treffpunkt für Holzfäller und Minenarbeiter gewesen (mit Prostituierten im ersten Stock). Jetzt wirkte das Gebäude wackelig und baufällig, als könnte es durch ein unbeabsichtigtes Niesen einstürzen. Es gab eine große, überdachte Veranda mit nicht zueinander passenden Schaukelstühlen und davor einen Pfahl zum Festbinden von Pferden, gegen den schon so viele Autos geprallt waren, dass er ganz schief im Boden steckte.
    Jess’ Vater war hier einst Stammgast gewesen, hatte das Lokal aber boykottiert, als es von Leuten aus Spokane gekauft worden war, die es für vornehmere Gäste umgestalten wollten. Sie modernisierten die Küche, renovierten die Räume im ersten Stock und bedienten keine Gäste mehr, die nach dreißig Tagen ihren Deckel noch nicht bezahlt

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