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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Königin gehalten und dich mit Geschenken überhäuft. Aber was hat er mir mitgebracht? Nichts.« Ihre Stimme wurde schriller und härter. »Mir hat er nichts als einen Haufen Ärger eingebracht.«
    »Von ihm reden wir jetzt nicht, Mom. Hier geht es um William und Annie, unschuldige Kinder. Sie haben nichts Unrechtes getan.«
    »In den Nachrichten hörte sich das etwas anders an.«
    »Sie haben nichts Unrechtes getan«, stieß Monica zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Irgendjemand ist schuld, und ich bin es nicht.«
    »Bitte nicht«, sagte Monica. »Ich fühle mich so allein, und du hilfst mir nicht. Hier geht es nicht um dich.«
    »Du hast mich angerufen. Also geht’s um mich.«
    »Diesmal nicht. Ich brauche Beistand, um diese Geschichte durchzustehen.«

    »Das hättest du dir früher überlegen sollen.«
    »Mom …«
    »Gewöhn dir endlich ab vorzugeben, was zu sein, das du nicht bist. Wen willst du eigentlich zum Narren halten? Ich weiß, dass du dich nicht unter Kontrolle hast. Ich hab’s selbst erlebt, schon vergessen? Ich war dabei. Und jetzt tust du so, als wäre es nie passiert, als wärest du wer weiß wie etepetete. Ich kenne dich besser. Und du kennst dich selbst. Jeder mit Augen im Kopf musste sehen, dass so etwas kommen würde.«
    »Bitte, nicht jetzt.«
    »Es hat alles mit ihm zu tun, mit deinem Daddy. Du bewunderst ihn einfach zu sehr, um es zu erkennen.«
    »Ich wünschte, du hättest nicht mit diesem Reporter gesprochen«, flüsterte Monica.
    »Ich habe Rechnungen zu bezahlen, mein Mädchen.«
    »Er hat dir Geld gegeben?«
    »Und die Drinks spendiert.«
    Monica ließ das Telefon in ihren Schoß sinken und schüttelte den Kopf. »Ich bin müde und kann jetzt nicht mehr reden«, hörte sie ihre Mutter sagen. »Ich muss morgen wieder arbeiten.«
    Sie hob das Telefon ans Ohr. »Es geht um meine Kinder, Mom.«
    Monica hörte sie den Zigarettenrauch ausblasen, und für einen Augenblick glaubte sie, ihn durch das Telefon riechen zu können.
    »Ich kenne sie nicht einmal.«
    »Diese Geschichte hätte nicht mir, sondern dir zustoßen sollen.«

    »Ist sie aber nicht, oder?«
    Monica unterbrach die Verbindung.
     
    Mit dem Telefon in der Hand auf ihrem Bett sitzend, ließ Monica das Gespräch mit ihrer Mutter Revue passieren. Sie wünschte, alles wäre nur ein schlimmer Traum gewesen. Tränen strömten über ihr Gesicht, und sie wischte sie mit dem Handrücken weg.
    Plötzlich wollte sie nur noch, dass Swann aus ihrem Haus verschwand. Allein sein. Er hatte nichts Besonderes gesagt oder getan, aber sie fühlte sich in seiner Gesellschaft immer unbehaglicher. Vielleicht war es die Art und Weise, wie er sie anschaute, in der, wie sie glaubte, eine Mischung von Boshaftigkeit und Begehren lag. Statt Mitgefühl zu zeigen, legte er eine übertriebene Vertraulichkeit an den Tag. Er tat so, als wüsste er, wie alles enden würde, und als spielte er eine entscheidende Rolle in diesem Drama. Als wüsste er mehr, als er zugab.
    Sie hatte ihn schon gefragt, warum er sie auf diese Weise anblicke, aber er hatte sich dumm gestellt und sie daran erinnert, dass er freiwillig seine Zeit opfere und eigentlich gar nicht hier sein müsse. Sie hatte das Thema fallen gelassen.
    Doch wer rief ihn ständig auf seinem Handy an? Warum verließ er nach einem Blick auf das Display sofort das Zimmer? Warum war er so einsilbig? Warum hatte er nur lahme Erklärungen parat, wenn sie fragte, wer angerufen hatte?
    Und warum, fragte sie sich, plötzlich erschauernd, steht er gerade jetzt in der Tür meines Schlafzimmers?
    »Was hast du vor?«, krächzte sie mit belegter Stimme.
    Swann räusperte sich. »Ich glaubte, etwas gehört zu haben«,
sagte er leise. »Ich wollte nur nachsehen, ob es dir gut geht.«
    »Ich habe mit meiner Mutter telefoniert.«
    »Ja, ich habe mich schon gefragt, wo das Telefon geblieben ist. Gib es mir, für den Fall, dass jemand anruft.«
    Sie reichte es ihm gehorsam, aber er verschwand nicht.
    »War’s das?«, fragte sie.
    Er schwieg.
    »Dann lass mich allein.«
    Swann antwortete nicht, sondern war so plötzlich verschwunden, wie er aufgetaucht war. Sie hörte seine Schritte im Flur.
    Benommen stieg sie aus dem Bett und machte die Tür zu.
    Diesmal schloss sie ab.

Sonntag, 3.15 Uhr
    Die trächtige Kuh stand mit gespreizten Beinen in dem Stall, mit zitternden Muskeln und weit aufgerissenen Augen, schwer und rhythmisch atmend. Es war anstrengend für sie, den Kopf zu wenden, um Jess anzublicken, der hinter

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