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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Carey wurde ausführlich zitiert, doch seine Aussagen waren mit denen identisch, die er am Vorabend im Fernsehen gemacht hatte. Mehrfach nahm er Bezug auf sein Team von ehemaligen Polizisten. Villatoro las:
    Nach weiteren Einzelheiten über sein »Dream Team« befragt, das aus pensionierten Excops vom LAPD besteht, sagte Carey, diese Freiwilligen stellten ihm selbstlos ihre Erfahrung und ihre Zeit zur Verfügung, das ganze County stehe für immer in ihrer Schuld. Auf Nachfrage weigerte sich Carey, die Namen der Freiwilligen zu nennen, aber er sagte, sie würden von einem hochrangigen ehemaligen Polizisten geführt, der in Dutzenden von wichtigen Fällen die Ermittlungen geleitet habe.
    Jess las den gleichen Artikel, nachdem er absichtlich seine Kaffeetasse auf das Bild von Fiona Pritzle gestellt hatte.
    Swann bezeichnete sich als Monica Taylors »Sprecher«? Was zum Teufel sollte das heißen? Während er darüber nachdachte, kam es ihm so vor, als schmeckte der Kaffee auf einmal bitter. Wenn Annie und William die Wahrheit gesagt hatten, musste Swann sich bei ihrer Mutter eingeschmeichelt und eingenistet haben, um zu verhindern, dass sie zu ihr Kontakt aufnahmen. Wenn sie zu Hause anriefen, würde wahrscheinlich er ans Telefon gehen.
    Mein Gott, dachte er.
    In der Ecke lief ein Fernseher, und der Sender brachte die mittlerweile vertrauten Fotos von Annie und William. Dann wurde eine Karte des Bundesstaats Idaho gezeigt, und die Gäste verstummten und wandten sich dem Fernseher zu. Als die Karte ausgeblendet wurde, kam ein Reporter ins Bild, der aus Kootenai Bay berichtete. Er hielt ein Mikrofon in der Hand und sprach direkt in die Kamera. Über seiner Schulter war das Schild des Panhandle Cafe zu erkennen.

    »Der Typ steht direkt vor der Tür«, sagte der Bärenjäger. »Wenn ich nach draußen gehe, seht ihr mich auf Fox News!«
    »Wir haben jetzt schon genug von dir«, versetzte einer seiner Kumpels.
    Als er Annies und Williams Gesichter in einem landesweit ausgestrahlten Programm sah, wurde Jess klar, dass er eine wichtige Entscheidung treffen musste. Entweder er glaubte den Kindern oder nicht. Auf jeden Fall versteckte er sie in seinem Haus, ohne ein Wort zu sagen, während halb Kootenai Bay nach ihnen suchte und das ganze Land besorgt vor der Mattscheibe saß. Indem er nicht sofort gemeldet hatte, dass sie bei ihm waren, hatte er eine Linie überschritten. Je länger er es verschwieg, desto größere Schuld traf ihn. Aber er musste mehr über die Lage erfahren. Er hatte schon immer seinen eigenen Kopf gehabt. Wer konnte ihm vorwerfen, dass er abwartete, um ganz sicherzugehen, dass er das Richtige tat?
    Die Welt hatte sich geändert. Rund um die Uhr sendende Nachrichtenkanäle bläuten jedem ein, was er zu denken hatte, und wenn diese Sender beschlossen, dass das Verschwinden der Taylor-Kinder eine Topstory war, schien es ausgeschlossen, dass er sie noch länger bei sich verstecken konnte. Aber erst musste er so schnell wie möglich herausfinden, wie die Lage wirklich aussah.
    Annie und William zurückzubringen wäre die einfachste Lösung gewesen. Er konnte hoffen, dass sich alles zum Guten wendete. Aber würde er sie nicht Swann ausliefern, wenn er sie zu ihrer Mutter brachte?

    »Was darf ich Ihnen bringen, Sheriff?«, fragte die Kellnerin hinter der Theke, als Carey sich müde auf einen Barhocker setzte.
    Alle Augen richteten sich auf den Neuankömmling, auch Villatoros. Wie der Rancher neben ihm setzte auch Carey den Hut ab und legte ihn auf die Theke. Selbst der Bärenjäger und seine Freunde waren verstummt.
    »Ich sollte wohl etwas essen, auch wenn ich keinen Hunger habe«, sagte Carey. »Weizentoast, Eier mit Speck, Kaffee.«
    Die Kellnerin kritzelte die Bestellung auf ihren Block und verschwand in der Küche.
    Der Sheriff saß mit hängenden Schultern da, unrasiert und mit zerknitterter Kleidung. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, hielt die Kaffeetasse mit beiden Händen und trank vorsichtig.
    »Irgendwelche Neuigkeiten, Sheriff?«, fragte der Bärenjäger vom Ende der Bar her.
    Carey seufzte. »Nein, nichts.« Dann, als ihm klar wurde, wie resigniert seine Antwort klang: »Aber wir arbeiten daran.«
     
    Jess bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. »Was ist das für eine Geschichte mit diesen Freiwilligen?«, fragte er leise. »Sind es wirklich ehemalige Polizisten?«
    Carey blickte ihn kühl an, als müsste er sich erst darüber klar werden, ob Jess zu seinen Wählern gehört hatte oder zu

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