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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tasche. Da war er, der Mann mit der Baseballkappe.
    Er stand auf, warf zwei Dollar auf die Theke und setzte den Hut auf. Als er gerade gehen wollte, sprach ihn der Mann in der Nische an.
    »Ich habe mich eben nicht vorgestellt. Mein Name ist Eduardo Villatoro.«
    »Jess Rawlins.«
    Villatoro zeigte auf die Nische. »Trinken wir einen Kaffee zusammen?«
    »Danke, ich habe schon genug Kaffee getrunken.«
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Schießen Sie los.«
    »Ich habe Sie mit dem Sheriff reden gehört. Er erwähnte den Namen eines Mannes, eines Exlieutenant, der mit ihm zusammenarbeitet. Wie hieß er noch mal?«
    »Singer.«
    Villatoros Pupillen verengten sich. Singer. Damit waren es schon drei.
    »Kennen Sie ihn?«
    »Ja. Diesen Namen kenne ich mit Sicherheit.«
    Jess studierte Villatoros Miene, angestrengt rätselnd, was er damit meinte.
    »Vielleicht habe ich doch noch Lust auf einen Kaffee«, sagte er.

Sonntag, 9.55 Uhr
    Die ersten dreißig Sekunden des Videobandes zeigten den Ausschnitt eines Footballspiels der Seattle Seahawks aus der letzten Saison. Als der Quarterback gerade einen Passangriff einleiten wollte, war nur noch Schnee auf dem Bildschirm zu sehen, und man hörte ein Knacken. Dann erschien das Brustbild eines in grelles Licht getauchten Mannes, der in einem ansonsten dunklen Raum saß.
    »Mein Name ist Tom Boyd …«
    Sie waren in der Einsatzzentrale, die Tür war abgeschlossen. Newkirk stand hinter dem Sheriff und blickte über seine Schulter. Wieder spielte sein Magen verrückt, der säuerliche Geschmack in seiner Kehle ließ seine Augen tränen. Bisher hatte er nicht gewusst, was auf dem Video zu sehen war, denn er hatte sich nicht in dem Kellerraum aufgehalten, als es in der letzten Nacht aufgenommen worden war. Stattdessen hatte er auf der Terrasse Whiskey getrunken und auf den im Tal liegenden See gestarrt, auf dessen Wasser sich das Licht der Sterne spiegelte. Er wusste nur, dass es lange gedauert hatte. Neun Versuche, hatte Gonzales später gesagt. Um halb fünf war Newkirk nach Hause gefahren. Die Tür des Schlafzimmers war abgeschlossen, im Wohnzimmer lagen Decken und ein Kopfkissen auf dem Sofa. Selbst der Hund schien einen Bogen um ihn zu machen.
    »Ich arbeite hier in Kootenai Bay für den United Parcel Service und muss mir etwas von der Seele reden, bevor ich das Land für immer verlasse …«
    Newkirk war erschrocken über Boyds Aussehen. Sein
Gesicht wirkte arg mitgenommen und war kreidebleich, und seine Augen glänzten zwar, hatten aber einen völlig leeren Blick. Singer oder Gonzo hatten ihm das Hemd bis oben zugeknöpft, damit man die Verbrennungsspuren des Tasers nicht sah. Aber als Boyd beim Sprechen leicht den Kopf drehte, war über seinem Kragen doch etwas zu sehen. Würde es jemandem auffallen, der nicht speziell darauf achtete? Newkirk fühlte etwas in seiner Kehle aufsteigen und wandte sich ab. Er brauchte kaltes Wasser, und zwar schnell.
    »Ich wollte den Kindern nichts tun, kann mich nicht einmal daran erinnern, wie es passiert ist. Ich meine, was es ausgelöst hat. Ich war weggetreten und kam erst wieder zu mir, als es schon geschehen war. Eine Art Blackout, irgendwas in der Art. Ich fühle mich echt mies …«
    »Scheiße«, stöhnte der Sheriff. Newkirk blickte ihn an. Carey hatte beim Frühstück schon ziemlich fertig ausgesehen, doch jetzt war es viel schlimmer. Es schien, als würde er gleich kollabieren. Seine Schultern und Arme hingen kraftlos herab.
    »Ich werde nicht sagen, wo die Leichen sind, kann aber versichern, dass man sie vermutlich nie finden wird. Die Kinder haben nicht annähernd so gelitten wie ich jetzt. Natürlich tut es mir leid, sie hatten es nicht verdient. Vielleicht hätte ihre Mutter ihnen beibringen sollen, dass man nicht stiehlt, aber ich will die Schuld nicht auf sie abwälzen. Sie braucht Hilfe, aber ich kann nichts für sie tun.« Boyd schluckte, als machte ihm seine Tat schwer zu schaffen. »Trotzdem, sparen Sie sich die Mühe, nach mir zu suchen. Wenn Sie dieses Video sehen, bin ich längst über alle Berge.
Sie werden mich nie finden. Ich wünschte nur, es wäre nie geschehen, und es wird nie wieder passieren. Mit Drogen und Alkohol ist es vorbei.«
    Jetzt blickte Boyd zum ersten Mal nicht direkt in die Kamera. Für Newkirk war der Grund offensichtlich. Boyd warf Gonzo oder Singer einen fragenden Blick zu, ob er seine Sache gut gemacht hatte. Aber würde es auch einem anderen auffallen?
    »Das war’s. Ich bin weg.«
    Weg vom

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