Stummer Zorn
anwesend war und wartete. Mimi erholte sich zuerst und wandte sich ihm mit umwerfender Gastfreundlichkeit zu. „Wie schön, Sie zu sehen", sagte sie gellend. „Setzen Sie sich, wenn es Ihnen nichts ausmacht, hier in dieser unordentlichen alten Küche zu sitzen. Ich hole Ihnen eine Tasse Kaffee - oder Tee?"
„Danke, Tee", murmelte er und glitt auf den Platz, den ich vorher eingenommen hatte.
Mimi packte für einen Moment meine Hand, drückte sie fest und ging dann, um Theo Cochrans Tee zu holen.
Theo erklärte seine Aufgabenvielfalt. Als Immatrikulationssachbearbeiter war er automatisch Mitglied des Komitees zur Rekrutierung, das sich am Tag zuvor hätte treffen sollen, als Mimi losgegangen war, um Alicia abzuholen. Es war ohne sie eine beschlußfähige Anzahl anwesend gewesen, also hatte das Komitee, das natürlich nichts über Alicias Tod wußte, über eine Anzahl von Projekten abgestimmt.
Nun wat Theos durch und durch bürokratische Seele in Aufruhr. Es sei ihm klar, hörte ich ihn zu Mimi sagen, daß es ein schrecklicher Zeitpunkt war, herzukommen und sie zu sprechen, aber er sei gekommen, um mit ihr als College an gestellter und Mitglied des Komitees zu sprechen; einige der verabschiedeten Maßnahmen seien äußerst wichtig gewesen. Jetzt würde ein neues Mitglied bestimmt werden müssen ...
Ich bekam das meiste davon zufällig aus meinem Zimmer mit, wo ich mich in meine Kleidung geworfen und die Tür dann wieder aufgerissen hatte, während ich die Laken wechselte. Ich traute in diesem Augenblick niemandem wirklich, selbst dem stolzen, beleibten Theo nicht (er stand auf der Liste) und war, nachdem ich die Tendenz der Unterhaltung aufgefangen hatte, in Sorge, daß Mimi wieder vollkommen wütend und traurig darüber war, daß Alicias Tod in Verbindung mit Komitees und Beschlüssen diskutiert wurde. Ich hätte mir keine Sorgen machen müssen. Als das College zur Sprache kam und das Wort „Komitee" erwähnt wurde, wurde Mimi total geschäftsmäßig. Theos Besuch hatte für sie therapeutischen Wert. Menschen mochten ums Leben kommen, aber das Houghton College blieb bestehen.
Ich lauschte dem darauffolgenden Gespräch und dem, was sie beschlossen, nicht. Die Bettwäsche zu wechseln hatte mich an inter-essantere Dinge erinnert. Ich fragte mich, wann Cully zu Hause sein Würde. Ich hatte ein bißchen Angst davor, ihn wiederzusehen. Er war an diesem Morgen schon aus dem Haus gewesen, ehe ich wirklich wach gewesen war.
Ihre Stimmen holten mich auf die Erde zurück. Sie waren lauter geworden und hatten sich näher zu meiner Tür bewegt.
„... Tee", sagte "Theo. „Sarah Chase wollte sich für diesen Morgen mit dir verabreden, aber unser Telefon ist kaputt, also als sie herausfand, daß ich rüberkomme ..."
„Donnerstag? Ich rufe sie an. Wir kommen gern; aber natürlich muß ich erst mal wegen der Beerdigung schauen." Mimis Stimme wurde wieder dünner, jetzt, da sie an Alicia dachte. Theo sollte gehen.
„Noch mal Entschuldigung für die Störung", sagte er. „Ich sage dir, ich bin verdammt besorgt um Sarah Chase. Ich würde sie eigentlich nachts nicht rauslassen, um zu ihrem Bridgeclub zu gehen, aber eine andere Frau holt sie ab und bringt sie nach Hause. Es ist schrecklich, wie das anscheinend ausgerechnet die Absolventinnen von Miss Beachams trifft. Ist dir das schon aufgefallen?"
„Was?" Mimi war erschrocken. Sie waren jetzt fast vor meiner Tür. Ich blickte ruckartig auf.
„Na ja, Nickie und jetzt Mrs. Merrit. Das hat mich irgendwie noch besorgter um Sarah Chase gemacht, wie du sicherlich verstehst."
Barbara war nicht auf Miss Beachams gegangen.
Theo stand mit dem Rücken zu mir gewandt. Er blickte zufällig durch die offene Tür des ehemaligen Eßzimmers, das jetzt Cullys Zimmer war. Ich sah, wie seine Schultern sich beim Anblick der Männerkleidung, die auf dem Bett lag, versteiften.
„Ich glaube, Theo ist irgendwie prüde", bemerkte ich, nachdem Mimi ihn nach draußen begleitet hatte.
„Oh, es ist dir aufgefallen. Er hat kein Wort gesagt, aber irgendwie geschnaubt", sagte Mimi grinsend. „Irgend jemand wird ihm erzählen, daß es nur Cully ist. Hätte Theo nicht einen perfekten englischen Butler abgegeben?"
Ich stellte mir den Immatrikulationssachbearbeiter im Schwalbenschwanzfrack vor und lachte. Mimi ließ sich am Fußende meines Bettes nieder und richtete Sarah Chases Einladung aus. „Ist das nicht nett?" fragte sie. „Tee am Donnerstag nachmittag?"
Ich dachte über meinen
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