Stummer Zorn
ihr nicht kommen könnt?" fragte sie.
„Ich wünschte, wir könnten, es ist lieb, daß du fragst, nicht wahr, Theo? Aber Tante Marthas Thanksgiving ist eine Pflichtveranstaltung. Wir werden am Donnerstag morgen aufbrechen und am Freitag zurückkommen. Wir dürfen Nell im Krankenhaus in Memphis abholen, Wir haben die Genehmigung. Sie liebt Tanta Martha einfach; wann immer Nell im Krankenhaus ist, besucht Tante Martha sie jeden Tag."
Aufgrund dieser erstaunlichen Information sahen Mimi und ich einander überrascht an und standen auf, um zu gehen. Ich war froh, diesem Haus zu entkommen. Ich war seltsam ruhelos und angespannt. Vielleicht schlug mir der Gedanke an Nell Cochran aufs Gemüt.
Barbara stand ebenfalls hastig auf, und nach der Suche nach ihrer Handtasche (die ihren Weg unter das Sofa gefunden hatte) waren wir alle in einem Durcheinander aus „War schön" und „Bitte kommt nächstes Mal zu uns" aus der Tür.
Ein kalter Hauch blies mir ins Gesicht und wehte mein Haar zurück, während wir zum Auto liefen. Barbara fröstelte und blieb für einen Moment stehen, um gen Himmel zu sehen. Ein Scotchterrier hob gerade an ihrem Auto das Bein. Sie seufzte. „Danke noch mal für die Thanksgiving-Einladung", sagte sie.
Mimi hatte ihre Handtasche auf den Vordersitz geschleudert und schon ein Bein im Auto. „Hör mal, warum kommst du nicht Mittwoch abend vor Thanksgiving zu uns?" fragte sie Barbara plötzlich. „Da Cully und Nick ausgehen, werde ich Hilfe beim Zweikampf mit dem verdammten Truthahn brauchen. Ich tue mich total schwer damit, die Beine aus dieser Metallklammer zu bekommen, wenn ich damit fertig bin, die Innereien herauszuholen - und wir können ein Glas Wein trinken."
„Okay", sagte Barbara nach einem Moment des Zögerns. Sie hatte offenbar Angst, Mimi könne nur aus Mitleid fragen. „Wann?"
„Neunzehn Uhr dreißig, schätze ich."
„Ich bringe den Wein mit, und du mußt mich wissen lassen, was ich für Thanksgiving kochen und mitbringen kann", sagte Barbara bestimmt. Mimi schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Sicher, mache ich", sagte sie. „Ich freue mich drauf, auf den ganzen Feiertag." Dann entfloh Mimi dem Wetter auf den Vordersitz. Ich faltete meine längeren Beine und stieg langsamer ein.
„Was hat dich so überrascht, als Sarah Chase und Barbara über die Weihnachtsfeier sprachen?" fragte ich Mimi neugierig, nachdem sie die Auffahrt passiert hatte.
„Was?" fragte sie verblüfft.
„Du hast ein ziemlich seltsames Gesicht gemacht..."
„Ach, das", unterbrach sie. „Na ja ..." Plötzlich schoß der Scotchterrier vor uns über die Straße, ich schnappte nach Luft, Mimi stieg in die Eisen, und wir begannen, auf dem regennassen Asphalt zu schlittern. Wir kamen kreischend ungefähr dreißig Zentimeter vor einem Briefkasten zum Stehen. Der Scotchterrier flitzte unversehrt über einen Rasen, und Mimi fluchte eine halbe Minute lang, während verspätetes Adrenalin in meinem Mund metallisch schmeckte.
„Du besorgst dir liebet einen dieser Aufkleber", riet ich, als Mimi wieder losgefahren war. „Einen, auf dem steht: Warnung: Ich bremse auch für Tiere."
„Vielleicht gar keine schlechte Idee", sagte Mimi trocken und fügte dann mit einem Blick gen Himmel hinzu: „Oh verdammt, schau dir den Regen an." Er traf auf die Windschutzscheibe, als hätte jemand einen Eimer Wasser auf uns geworfen.
Das tiefe Grau des Himmels, der Wind und der kalte Regen verwandelten den Tag in einen jener klassischen ekligen Frühwintertage.
Cully war schon daheim. Er öffnete die Küchentür, als wir vom Auto herein huschten. Das Küchenlicht warf seinen Schatten gegen den Türrahmen; der Blick auf diesen großen, dünnen Umriß erfüllte mich mit einem Anflug von Liebe, der mir ein wenig den Atem nahm. Ich war zu dankbar für die Wärme, die Cully und ich zu teilen begonnen hatten, um irgendwelche weiteren Fragen über Beweggründe oder Dauer zu stellen. Ich kam aus dem kalten Regen in die Wärme und Gemütlichkeit der Küche. „Wenn ich einen Film schauen würde, würde ich das symbolisch nennen", murmelte ich den Katzen zu, während ich meinen Mantel aufhängte.
Es war in der Tat unsere Woche der Unterhaltungseinlagen. Mimi mußte ans Telefon, als Cully gerade erzählte, Elaine und Don hätten uns für Freitag abend zu sich eingeladen. Ich nickte verdrießlich zustimmend. Ich hatte Elaine seit unserer Konfrontation ein paar Wochen zuvor ein paarmal gesehen, aber obwohl wir nach außen Frieden
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