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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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des Mittlers, neutral zu bleiben?“
    „Doch, das schon, aber Blindheit ist nicht gefordert. Die Lagostomer sind eine Plage. Wenn man sie nicht im Zaume hielte, würden sie ganz Kepture verschlingen. Wie Ruggou und Azendarach wünsche auch ich, daß sie in ihrem Delta bleiben. Das ist übrigens die Meinung aller Mittler.“ Morgin hielt inne. „Was ist mit dem Wendel?“
    Eine dünne, blecherne Stimme erklang aus dem Sack, sehr klar, gleichsam in Ohrnähe, und doch schien sie aus weiter Ferne zu kommen:
    „Morgin Halbsack aus der Ruhe zu schrecken, ist dieses Wesen erschienen – so frage denn, o Verstümmelter.“
    Morgin musterte den Beutel mit finsteren Blicken: „Spare dir dergleichen unverschämte Anreden; erfülle deine Pflicht und kruste dich dann wieder ein, mehr erwarte ich nicht von dir, keinesfalls jedoch diese ständigen Beleidigungen.“ Morgins häßlicher Beiname bezog sich auf eine Eigenheit seiner Anatomie, die aus seiner waghalsigen Jugend stammte. Er hatte nämlich einst einem Mädchen den Hof gemacht, das schon versprochen war. Diese Geschichte hatte ihm dann die Verletzung eingebracht, auf die der Wendel anspielte. Morgin schätzte es gar nicht, wenn man ihn daran erinnerte. Jemasmy wandte sich ab, um ein hämisches Grinsen zu verbergen, und Benne-der-Klon kicherte in sich hinein, während er die Saumer fütterte.
    Schließlich rief er zu Morgin herüber: „Trenne dich doch auch noch von der anderen Hälfte; zu nichts ist sie nütze und macht dich nur hitzig! Tue es deinem treuen Diener und Gefolgsmann gleich und genieße fortan die Vorzüge eines ausgeglichenen Temperaments.“
    Morgin fluchte in sich hinein: „Während ich einen Kurs steuere, der uns durch Sturm und Brandung führen soll, wird herumgemäkelt, kommt man mir mit Beleidigungen, und schließlich wird auch noch versucht, mir die Kastration schmackhaft zu machen.“ Er seufzte tief. Er würde sich nie befreien können von den Unverschämtheiten seines Wendels, den Dummheiten Jemasmys und den unmöglichen Ratschlägen Bennes. Er wandte sich mit klarer Stimme an den Wendel: „Gefahr aus Ost-Ombur ist es, was ich spüre. Deute die Lage und sprich!“
    Es kam nicht sofort eine Antwort, das erwartete auch niemand. Der Wendel sagte nichts, aber er begann sich in dem Sack zu regen. Jemasmy ließ den Sack von der Schulter gleiten und legte ihn vorsichtig auf den Boden. Die Gestaltveränderung des Wendels war ein Vorgang, der ihn immer aufs neue beunruhigte und an den er sich nie gewöhnen konnte. Er trat von dem Beutel zurück, der von einer ständigen, fließenden Bewegung erfüllt zu sein schien. Schließlich schien sich das Fließen aus dem Sack heraus verlagert zu haben, denn neben ihm war eine dunkle Form zu erkennen.
    Eine lange Zeit war verstrichen, die kreisenden Sterne waren ein Stück über den Himmel von Monsalvat gewandert, und die Wolken waren über das dunkle Antlitz der Nacht gezogen, da ließ sich die dünne, tonlose Stimme erneut vernehmen: „Der Verdacht Morgins des Mittlers nimmt Gestalt an in der Sehergabe des Wendels.“
    Morgin trat nun in einem Bogen näher an den Sack heran. Weder er noch sonst jemand sagte etwas, sie zogen es vor zu schweigen und den Wendel seine traditionelle Einleitungsformel zu Ende sprechen zu lassen.
    Der Wendel fuhr fort: „Für den, der Schatten wirft, sind Licht und Finsternis dasselbe. Ombur sprudelt von Leben über. Wilde Wesen, Menschen, Menschengleiche und Nichtmenschen. Korsoren und Eratzenaster {13} , Haydars, Meorer und Lagostomer. Für die meisten von diesen gibt es unsere kleine Gruppe gar nicht. Für andere ist sie von Interesse, und wieder andere konzentrieren sich auf nichts anderes. Lagostomer beobachten alle unsere Bewegungen von einer Bodenwelle im Osten, sie warten auf eine Meorer-Bande, die den Kamm entlangkommt und bald zu ihnen stoßen wird. Doch was sie tun sollen, darüber sind alle im Zweifel, denn voraus befinden sich Haydars. Ihre Anwesenheit beunruhigt, verhindert einen Entschluß.“
    Morgin fragte ruhig: „Wo sind die Haydars? Wie weit sind sie entfernt? Wie viele sind es? Warum sind sie gekommen?“
    Der Wendel antwortete: „Sie sehen dich schon jetzt, du wirst sie bald sehen. Kommen sie zu Fuß auf ihre Art, könnten sie in fünf Minuten mit dir sprechen. Einen Augenblick … Ich spüre, es sind fünfzehn … Zu ihnen gehört ein Mädchen, eine Omendeuterin. Ein Mittler ist auch bei ihnen.“
    Morgin wartete einen Moment, dann fragte er: „Der Mittler

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