Sturm der Leidenschaft
so, als wolle er ihr die Tür vor der Nase zuschlagen.
»Gehen wir heute abend zu der Gesellschaft bei den Clifftons? Ich habe unseren Besuch bereits vor Wochen zugesagt.«
»Ich werde ausgehen. Du kannst tun, was dir beliebt. Und wenn ich dich noch einmal in dieser Suite antreffen sollte«, fügte er drohend hinzu, »werde ich dich persönlich entfernen. Und die Art, in der ich das tue, wird dir gar nicht gefallen,
Whitney, das verspreche ich dir!« Damit knallte die Tür ins Schloß.
Hinter ihr stand Clayton wie erstarrt und bemühte sich, seine erneut aufwallende Wut zu zügeln. Bevor er in der vergangenen Nacht in seinem Arbeitszimmer seinen hilflosen Zorn mit Whisky betäubt hatte, hatte er kalt und überlegt die Möglichkeiten erwogen, wie er den schändlichen Verrat seiner Liebe und seines Vertrauens vergelten konnte. Er würde sich eine Geliebte nehmen und dafür sorgen, daß Whitney von ihrer Existenz erfuhr. Die Gesellschaft würde darüber hinwegsehen, daß sich ein verheirateter Mann eine Geliebte hielt. So war es schon immer gewesen. Doch Whitney säße in der Falle. Sie könnte nicht allzu oft allein ausgehen, ohne Gerüchte zu provozieren. Und wenn sie offen mit einem anderen Mann ausging, würde sie sehr schnell verfemt und ausgestoßen.
Aber selbst das wäre nicht genug. Wenn sie schon ein Kind zur Welt brachte und er gezwungen war, ihm seinen Namen zu geben, wollte er dieses Balg nicht auch noch um sich haben, um sich ständig zu fragen, wer sein Vater war. Er würde dafür sorgen, daß es verschwand. Aber nicht gleich. Zunächst würde er es ihr ein oder zwei Jahre lassen, bis sie eine tiefe Zuneigung zu ihm gefaßt hatte, um es ihr dann zu entreißen. Das Kind würde zum wirksamsten Mittel seiner Rache werden.
Auf dem Korridor starrte Whitney noch immer die geschlossene Eichentür an. Ihre Kehle schmerzte, ihre Augen brannten, aber sie weinte nicht. Endlich drehte sie sich um und ging mit steifen Schritten in den anderen Flügel zurück.
Mary und Clarissa räumten gerade Whitneys Kleidungsstücke um, und alles war in Unordnung. »Wenn du nichts dagegen hast, Clarissa, würde ich jetzt gern eine Weile allein sein«, sagte Whitney kaum hörbar. Beide wirkten so mitfühlend, daß Whitney es kaum ertragen konnte.
Nachdem Clarissa und Mary gegangen waren, sah sich Whitney um und versuchte, einen Sinn in ihrer neuen Situati-on zu erkennen. Offensichtlich schob Clayton sie beiseite, weil ihre Nächte der Liebe zu ihrer Schwangerschaft geführt hatten.
Zum erstenmal seit dem gestrigen Abend verspürte Whitney einen Anflug aufrichtigen Zorns. Seit wann war eine Schwangerschaft ausschließlich die »Schuld« der Frau? Hatte er denn nicht gewußt, daß es irgendwann dazu kommen mußte, wenn sie sich liebten? Sie mochte vielleicht naiv sein, doch selbst sie hatte schließlich gewußt, daß auf diese Weise Kinder entstanden!
Je länger sie darüber nachdachte, desto zorniger wurde sie. Mit energischen Schritten trat sie zum Klingelzug. »Bereite bitte mein blaues Seidenkleid vor«, sagte sie, als Clarissa den Raum betrat. »Und sorge dafür, daß nach dem Dinner die Kutsche vorfährt. Ich gehe aus.«
Als sie am nächsten Morgen die Reitställe betrat, wurde ihr dort rundheraus ein Reitpferd verweigert. Sie war verwirrt, verärgert und ebenso verlegen wie die Reitburschen, die ihr sagen mußten, daß sie nur die Anordnungen Seiner Gnaden befolgten. Wortlos machte sie auf dem Absatz kehrt und marschierte zum Haus zurück, durch das Portal, quer durch die Halle und zu Claytons Arbeitszimmer, das sie betrat, ohne auch nur einmal anzuklopfen.
Er befand sich gerade in einer Besprechung mit einer Anzahl von Gentlemen, die in einem Halbkreis um seinen Schreibtisch saßen. Bei ihrem Eintritt sprangen alle auf die Füße - mit Ausnahme von Clayton, der sich mit deutlicher Verzögerung erhob.
»Ich bitte um Entschuldigung, meine Herren«, begann Whitney und lächelte die Gentlemen hinreißend an, »aber mir war nicht bewußt, daß mein Mann Besuch hat.« Dann wandte sie sich an Clayton, der stocksteif hinter seinem Schreibtisch stand. »Es scheint ein Mißverständnis in den Ställen zu geben. Niemand dort scheint zu wissen, daß Khan mir gehört.
Soll ich es ihnen sagen oder willst du das lieber übernehmen?«
»Du solltest nicht einmal im Traum daran denken, mit ihm auszureiten«, erwiderte er kalt.
»Es tut mir leid, deine Besprechung unterbrochen zu haben«, fauchte Whitney und stürmte aus dem
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