Sturm der Verfuehrung
zu prüfen, hob die Kette mit einem Finger an, sodass die Unterseite sichtbar wurde.
Und war beeindruckt. Die Rückseite der Glieder war ebenso fehlerfrei wie die emaillierte Seite.
Alathea liebte Emailleschmuck, vorzugsweise von russischen Künstlern, und von ihr stammten seine Grundkenntnisse bezüglich der Qualität. Diese Kette kam nicht aus einer der Meisterwerkstätten, aber sie war überdurchschnittlich gut gearbeitet.
Geschäftliche Verhandlungen gewöhnt, fragte er mit unbewegter Miene: »Wie viel?«
Aus dem Augenwinkel sah er Sarah den Mund öffnen und begriff, dass sie den Schmuck hatte selbst kaufen wollen, aber als er sie nicht anschaute, sondern routiniert mit dem Mann zu handeln begann, machte sie den Mund wieder zu und ließ ihn gewähren.
Ein kleiner, unbedeutender Triumph, aber er genoss ihn.
Als sie sich schließlich von dem Händler verabschiedeten, hatte Charlie nicht nur die Kette, sondern auch noch einen Ring und drei Broschen erstanden. Eine Brosche für Alathea in Rot, Schwarz und Gold, und eine für Augusta in ihren Lieblingsfarben Violett, Zartlila und Malve. Er dirigierte Sarah vom Tisch weg neben die Bude und steckte ihr dort die dritte Brosche, ein Pendant zu der Kette in Grün-und Blautönen, ans Revers ihres Reitkostüms.
Mit einem leisen Lächeln strich sie mit den Fingerspitzen darüber und schaute dann zu ihm auf. »Ich danke Ihnen. Die Stücke sind sehr hübsch.«
Charlie ergriff ihre Hand, schob den farblich passenden Ring auf ihren Mittelfinger und legte die so geschmückte Hand auf ihre Brust, um die drei Stücke als Ensemble zu betrachten.
Das Atmen wurde ihm schwer. Offiziell schaute er sich Emailschmuck an, aber in Wahrheit sah er etwas anderes.
Er hob den Blick und begegnete dem ihren. »Bis Sie mir gestatten, Ihnen etwas Wertvolleres zu schenken.« Bevor sie etwas sagen konnte, fuhr er fort: »Kennen Sie die Morwellan-Smaragde?«
Sie hakte ihn unter, und sie schlenderten weiter. »Ich denke nicht«, antwortete sie nach kurzem Überlegen. »Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben.«
»Gut möglich. Mama trägt sie nur ganz selten - sie findet, sie stehen ihr nicht. Dabei sind sie herrlich, tiefgrün und makellos. Die Garnitur - Kette, Ohrringe, Armband und Ring - ist die derzeit umfangreichste aus fehlerlosen Smaragden.« Er schaute auf die Frau an seiner Seite hinunter - seine künftige Countess. »Sie werden Ihnen wundervoll stehen.«
Sie blickte zu ihm auf. »Falls ich Sie heirate.«
Da gab es kein »falls«. Die stumme Herausforderung in ihren Augen löste einen Sturm in seinem Innern aus, den Impuls, ihren Widerstand brutal zu brechen, ihr ein für alle Mal klarzumachen, dass sie in dieser Angelegenheit nichts zu sagen hatte. In seinem Arm zuckte ein Muskel. Zutiefst erschrocken kämpfte er den nahezu übermächtigen, primitiven Drang nieder, ihr die Wahrheit durch simple, nicht misszuverstehende Taten vor Augen zu führen - die Wahrheit, dass sie ihm gehörte.
Ihm. Mit fast übermenschlicher Anstrengung zwang er sich, ihm ihr Recht, ihn abzulehnen, mit einem knappen Nicken zuzugestehen. Dann richtete er den Blick wieder geradeaus, kämpfte noch immer darum, seine Reaktion zu unterdrücken.
Er hatte sich nie für einen besitzergreifenden Menschen gehalten. Woher kam dieser Wunsch zu besitzen plötzlich? Warum war er so stark, und was hatte er zu bedeuten?
Unwichtig. Zumindest im Moment. Wenn er Sarah in irgendeiner Form erkennen ließe, dass sie keine Wahl hatte, dass sie schon keine Wahl mehr hatte, seit er bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten hatte, wenn sie durch eine Unachtsamkeit seinerseits auf den Gedanken käme, dass ihrer beider Lebensweg, ungeachtet ihrer Wünsche, festgelegt war, würde er gegen eine Mauer weiblichen Widerstands rennen.
Und er wusste aus Erfahrung, dass sich das nicht empfahl. Alathea besaß dieses Verteidigungsmittel ebenfalls, ein Konstrukt aus stählernem, weiblichem Willen, und das traf auf viele, wenn nicht auf alle Cynster-Damen zu.
Manche Schlachten ließ man besser ungeschlagen.
Diese Argumente betete er sich im Geist vor, bis er ruhiger wurde, bis das wilde Tier, das Sarah in ihm gereizt hatte, sich knurrend in seine Höhle zurückzog, um zu beobachten und abzuwarten.
Sarah gab vor, nicht zu bemerken, wie sich ein Muskel in seinem Arm, auf dem ihre Hand lag, plötzlich verkrampfte und nur sehr langsam wieder entspannte.
Als der ganze Mann sich schließlich wieder entspannt
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