Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
Vom Netzwerk:
die Schiffe schlingerten unberechenbar, und zu wenige Männer kämpften an seiner Seite. Zamira hatte fürchterlich gelitten, trotzdem war er im Moment mattgesetzt. Die jähe Ruhe, die am Heck der Orchidee eintrat, konnte nur bedeuten, dass die Boote ihr Ziel nicht erreicht hatten. Mist! Mindestens die Hälfte seiner Besatzung war tot. Es war an der Zeit, seine zweite Überraschung zu enthüllen. Seine Forderung, die Kämpfe einzustellen, war das vereinbarte Signal. Jetzt war der Augenblick der Wahrheit gekommen – letztes Spiel, letzte Runde, letztes Aufdecken der Karten.
    »Zamira, zwing mich nicht dazu, dein Schiff zu zerstören!«

13
     
     
    »Geh zur Hölle, du verlogener Hurensohn! Du hast deinen Eid gebrochen! Komm doch und kämpfe weiter, wenn du meinst, du könntest noch mehr von deiner Besatzung opfern!«
    Locke hatte Jabril, Mumchance und dessen Maat – vermutlich zusammen mit den Todeslaternen – als Wachen im Heck zurückgelassen. Er selbst und Jean rannten nach vorn, durch die plötzliche Stille, in der es keine Pfeile mehr hagelte, vorbei an den Bergen von Toten und Verwundeten. Magister Treganne stapfte mit laut klappernder Beinprothese über das Deck, ganz allein Rask hinter sich her schleifend. In der Kühl stand Utgar und zog mit einem Haken die Gräting der Frachtluke auf. Vor seinen Füßen lag ein lederner Behälter; Locke nahm an, dass er in Drakashas Auftrag handelte, und beachtete ihn nicht weiter.
    Sie trafen Drakasha und Delmastro im Bug, zusammen mit rund zwanzig überlebenden Kameraden, die doppelt so vielen Gegnern gegenüberstanden. Ezri hielt Jean fest umklammert; sie sah aus, als habe sie jede Menge Angreifer niedergemetzelt, selbst aber keinen Kratzer abgekriegt. Hier oben war vom Deck der Orchidee nichts mehr zu sehen; die Planken lagen begraben unter Leichen und Verwundeten. Blut floss in Strömen über die Seiten.
    »Das habe ich gar nicht nötig!«, donnerte Rodanov. »Hier!«, kreischte Utgar von der Kühl der Orchidee. »Hier, Drakasha!« Locke drehte sich um und sah, dass Utgar eine graue Kugel in der Hand hielt, mit einem Durchmesser von vielleicht acht Zoll und einer seltsam öligen Oberfläche. Sie lag in seiner Linken, die er über der offenen Frachtluke ausstreckte, und mit der rechten Hand fasste er nach etwas, das oben aus der Kugel herausragte.
    »Utgar«, rief Drakasha, »was zur Hölle hast du vor …«
    »Keine falsche Bewegung, klar? Du weißt, was ich sonst mit dem Ding mache.«
    »Grundgütige Götter«, hauchte Ezri. »Das glaub ich einfach nicht.«
    »Was ist das, verdammt noch mal?«, fragte Locke.
    »Das ist eine ganz große Scheiße«, flüsterte sie. »Die totale Katastrophe. Was Utgar in der Hand hält, ist eine Höllenkugel! Der Fluch aller Schiffe!«

14
     
     
    Jean hörte zu, während sie hastig erklärte.
    »Es ist Alchemie, Schwarze Alchemie, unglaublich teuer. Man muss völlig verrückt sein, um etwas so Gefährliches mit auf See zu nehmen, aus denselben Gründen, aus denen die meisten Kapitäne vor Feueröl zurückscheuen. Aber das hier ist noch viel schlimmer. Das Ding erhitzt sich bis zur Weißglut. Man kann es nicht anfassen, nicht mal in seine Nähe kommen. Wenn man die Kugel an Deck liegen lässt, frisst sie sich nach unten durch und steckt dabei alles in Brand. Verflucht, wahrscheinlich lässt sie sogar Wasser in Flammen aufgehen. Jedenfalls kann man das Ding nicht mit Wasser löschen.«
    »Utgar!«, brüllte Drakasha. »Du Bastard, du Verräter, wie konntest du …«
    »Leb soll ein Verräter sein? Oh nein. Ich diene Rodanov; ich gehörte schon zu ihm, noch ehe ich auf die Orchidee kam. Wenn du mit mir zufrieden warst, Drakasha, dann habe ich nur meine Arbeit getan.«
    »Jemand soll ihn erschießen«, raunte Jean.
    »In seiner anderen Hand hält er die Drehlunte«, erklärte Ezri. »Wenn er diese Hand bewegt oder wenn wir ihn töten und er das Ding fallen lässt, wird der Mechanismus gezündet. Das ist ja das Schreckliche daran – ein Mann kann hundert Leute in Schach halten, wenn er nur an der richtigen Stelle steht.«
    »Utgar«, rief Drakasha, »Utgar, wir gewinnen diesen Kampf.«
    »Das hätte gut sein können«, erwiderte Utgar. »Deshalb habe ich ja eingegriffen.«
    »Utgar, bitte. Auf diesem Schiff gibt es viele Verwundete. Meine Kinder sind an Bord!«
    »Ich weiß. Dann wird es wohl das Beste sein, wenn Sie die Waffen strecken, nicht wahr? Die Besatzung soll sich an der Steuerbordreling aufstellen. Bogenschützen runter von

Weitere Kostenlose Bücher