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Sturm über Sylt

Sturm über Sylt

Titel: Sturm über Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Straße und stutzte, als er den Wagen der Zimmerei Stobart erkannte. Dirk verabschiedete sich hastig von Aletta und wollte hinüberlaufen.
    Doch sie hielt ihn zurück. »Eines noch, Herr Stobart! Was ist ... wenn Ihr Bruder gefunden wird? Und wenn Sie in Verdacht kommen? Was soll dann werden?«
    Dirk sah sie sehr nachdenklich an. »Sie könnten bezeugen, dass es ein Unfall war.«
    »Boncke Broders auch.«
    »Der ist weg. Verschwunden.«
    »Aber wenn ich bezeuge, dass es ein Unfall war, dann wird man mich fragen, was ich auf dem Friedhof gemacht habe. Warum ich nicht vorher zur Polizei gegangen bin. Wie es überhaupt möglich sein konnte, dass wir uns nachts auf dem Friedhof von St. Niels trafen.«
    Dirk sah sie nicht an. »Dann wird herauskommen, dass ich ... anders bin.«
    »Immer noch besser, als wegen Mordes angeklagt zu werden.«
    Dirk kniff fest die Augen zusammen, dann schüttelte er noch einmal den Kopf. Und plötzlich blickte er auf. Aletta sah, dass seine Augen eiskalt geworden waren. »Unterstehen Sie sich! Wenn Sie mich verraten, verrate ich Sie auch. Nicht nur die Diebstähle, auch dass Sie Sönke gefunden und in die Sakristei gelegt haben.« Das Grinsen, das sich über sein Gesicht legte, bereitete Aletta Übelkeit. »Was sagen Sie? Sönke wird bei Menschen versteckt, die keine enge Beziehung zu ihm haben?« Er stieß ein Lachen aus, das Aletta nie hässlicher und gemeiner gehört hatte. »Es gibt jemanden, der hat diese enge Beziehung zu ihm. Nur ... keiner weiß es.«
    Unter den Augen eines Nachbarn, der Okka Mügge kondoliert hatte, hob er die Holzkiste aus dem Wagen. »Meinen Sie, ich merke nicht, dass Frauke Lützen täglich bei mir vorbeigeht? Immer auf dem Weg in den Ort! Und dass sie sich häufig bei Ihnen aufhält, ist mir auch schon aufgefallen. Man weiß ja, dass Frauke einen Narren an Sönke gefressen hat.«
    »Sie würden ihn verraten? Ich dachte, Sie lieben ihn!«
    »Jeder ist sich selbst der Nächste!«
    Nun setzte er die Miene auf, die von ihm erwartet wurde, und trug die Kiste ins Haus. Aletta sah ihm nach, bis er verschwunden war, aber Dirk warf keinen Blick mehr zurück.Aletta dachte an Jorits Warnung, dennoch stieg sie mit Insa auf den Speicher, brachte Sönke frisches Wasser, war bereit, seine Wäsche zu waschen und sie heimlich in ihrem Schlafzimmer zu trocknen, damit niemand sie zu sehen bekam. Jorit mochte recht haben mit seinen Mahnungen, aber die Anerkennung, die Aletta in Insas Augen sah, wog schwerer. Dass sie der Anlass für ihre Erleichterung war, machte sie froh.
    »Jetzt brauche ich nur noch aufzupassen, dass Hütten und Fritz nichts bemerken«, sagte Insa und schenkte Aletta einen Blick, der reinstes Glück in ihr erzeugte.
    Am späten Nachmittag saßen sie in der Küche und hackten Kräuter für die Gemüsesuppe, die auf dem Herd kochte. Für Sönke hatte Insa bereits einen Teller mit Brot, Butter und Salz vorbereitet. »Unser letztes Brot! Vor dem Schlafengehen muss ich einen neuen Teig ansetzen. Er wird dann morgen früh gebacken.«
    Sie legte das Wiegemesser zur Seite, setzte Teewasser auf und holte Kekse aus der Dose, in der schon ihre Mutter das Gebäck aufbewahrt hatte. Dann erhöhte sie schließlich diese Stunde noch damit, dass sie das Gespräch auf eine gemeinsame Kindheitserinnerung brachte. Am Ende konnten sie zusammen über den alten Großonkel lachen, der so schwerhörig gewesen war, dass ihn der Blitz, der in sein Haus einschlug, glücklich machte, weil er ihn gehört hatte, ohne mehrmals nachfragen zu müssen. Zwischen den Schwestern entstand eine Wärme, wie Aletta sie noch nie empfunden hatte. Insa berührte sogar gelegentlich ihren Arm und wich nicht zurück, als Aletta sie kurz von hinten umarmte. Auch das Mitleid für Okka Mügge nahm die Wärme nicht aus der Küche. Aletta wagte es sogar, Insa von Jorits Liebesgeständnis zu erzählen und mit ihr die Frage zu erörtern, wie sie damit umgehen solle. Schließlich stand die Frage im Raum, wie es um Alettas Gefühle für Jorit bestellt war, aber Insa war feinfühlig genug, sie nicht auszusprechen. Am Ende hielt Aletta es für möglich, irgendwann mit Insa über Reik Martensen zusprechen, über Insas junge Liebe zu ihm, über seinen Vater, über das Tagebuch ihrer Mutter, auch über die Möglichkeit, dass Insa sich Reik erneut zuwandte, vielleicht sogar über ihre Schuld und die nächtlichen Besuche auf dem Friedhof. Aletta hielt alles für möglich in diesen Stunden, in denen Sönke oben auf dem einsamen

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