Sturmbote
ihn meinte ich gar nicht. Aber du hast trotzdem recht. Wie lange mag es dauern, bis die Elfen erfahren, dass ihr König wiedergeboren wurde? Lang genug, hoffe ich, denn ich will nicht an zu vielen Fronten kämpfen.
Isak sah sich um und blickte in besorgte Gesichter. Die Männer sahen zu Boden, als Isaks funkelnder Blick über die Tische wanderte. Eine Handvoll nickte zustimmend, aber die meisten wirkten erschrocken. Das war verständlich, überlegte Isak. Lord Bahl hatte beinahe zweihundert Jahre geherrscht und auch wenn er manchmal unberechenbar gewesen war, hatte er seine Adligen doch weitgehend in Frieden gelassen. Jetzt war da dieser arrogante Welpe, der schlechte Neuigkeiten wie einen Mantel mit sich trug, und verkündete, dass zweihundert Jahre der Tradition verändert werden sollten. Vielleicht hatten sie jedes Recht, nervös zu sein. Er war immerhin ein Weißauge, und wo er sich hinwandte, folgten ihm Scherereien.
Isak erhob sich und bedeutete den anderen, sich wieder zu setzen, als sie sich mit ihm gemeinsam erhoben. Er nahm den halbleeren Krug mit zwei Fingern auf und empfahl sich dem
Lordprotektor und seiner Gräfin. Er wusste, dass dies unhöflich war, aber er wollte das Thema heute nicht vertiefen. Seine schlechte Stimmung und zu viel Wein hätten ihn sonst noch zu Worten verleiten können, die er nicht sagen wollte. Jetzt wollte er erst einmal erfahren, was seine Berater dazu zu sagen hatten, bevor er weiter über die Angelegenheit sprach.
Isak verließ den Saal und folgte dem Gang bis zur Terrasse, von der aus man den gepflegten Garten des Lordprotektors sehen konnte. Er war offenbar im Tor-Milist-Stil angelegt. Mihn folgte ihm wie üblich auf dem Fuße. Er überquerte die Terrasse, bis er das satte taufeuchte Gras unter seinen Schuhen spürte und den Duft der Abendblumen roch.
Der Lordprotektor war stolz auf seinen Garten, und auch wenn dieser Gedanke Isak, der von so etwas nichts verstand, fremd war, musste er zugeben, dass der Anblick wunderschön war. Der Garten lag im angenehmen Zwielicht und wurde stellenweise von einzelnen Papierlaternen erhellt. Niedrige Eibenhecken unterteilten die lange Anlage und umgaben einen jeweils anderen Stil. Dünne, gewundene Blumenbeete schnitten durch das Gras und strahlten in sommerlichen Farben, am meisten aber genoss Isak die Stille.
Ein winziger Apfelbaum, der Isak nur bis zur Brust reichte, stand in der Mitte eines Rasenstücks, zwischen zwei zierlichen Vogelbädern. Isak stellte den Krug auf einem ab und suchte in seiner Tasche nach Carels Tabakbeutel. Die Gräfin hatte dem alten Kämpen das Rauchen verboten. Bald trieb der starke Geruch von Pfeifentabak durch die dünnen Äste des Apfelbaumes und verlor sich im dunkler werdenden Himmel. Isak inspizierte seine schneeweiße Hand. Sie hatte sich seit dem Kampf in Narkang, wo Blitze die Farbe ausgebrannt hatten, nicht im Geringsten verändert. Nicht einmal das wochenlange Reiten, bei dem sie ständig in der Sonne gewesen war, hatte sie dunkler werden lassen.
»Hattet Ihr das geplant?«, fragte Mihn leise, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand sie belauschte.
»Natürlich.«
»Warum haben Tila und der Graf dann so überrascht ausgesehen?«
Isak seufzte: »Weil ich nicht vorhatte, es auf diese Weise zu verkünden. Klang es wie das Toben eines Betrunkenen?«
Mihn schüttelte den Kopf. »Nein, es war ein wenig sprachgewandter. Es wird jedoch erheblichen Widerstand geben, sogar von Euren Befürwortern.«
»Gut, darum geht es ja.« Isak wies mit der Pfeife zum Dach des Hauses. »Die meisten Legionen der Farlan werden von fetten, zufriedenen alten Männern geführt. Wenn sie keine Reise nach Tirah unternehmen wollen, nützen sie unserem Feldzug auch nichts. Sie müssen wachgerüttelt werden, Mihn, unsere Klingen sind stumpf geworden.«
»Für welche Gefahr sollen sie bereit sein?« Mihn gab sich unbeteiligt, aber Isak erkannte die Sorge des Mannes daran, dass sie überhaupt darüber redeten. Er sprach manchmal tagelang nicht mit Isak. Wenn Mihn also eine Unterhaltung für nötig hielt, dann sollte Isak verdammt gut zuhören.
»Such es dir aus. Es kann bisher noch nicht bewiesen werden, aber Lord Bahl wurde nicht versehentlich umgebracht. Wenn man Morghien und König Emin glauben darf, so ist das alles eine Intrige Azaers. Vielleicht will aber auch Lord Styrax ein Imperium errichten. Und wir dürfen dem Weißen Zirkel keine Zeit lassen, sich erneut zu gruppieren. Das alles vereint sich zu einer
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