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Sturmflut mit Schokoladenengel

Sturmflut mit Schokoladenengel

Titel: Sturmflut mit Schokoladenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Tauer
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Restaurant in der Südstadt“, sagte ich. „Der Wirt heißt Franz Brecht. Zufällig weiß ich, dass er die eine oder andere Überraschung im Kühlschrank liegen hat. Der Mann macht fantastische Omelettes!“
    „Schöne Idee.“ Eva schmiegte sich an mich. „Hat dieser Brecht zufällig noch eine frische Zahnbürste übrig?“
    „Ich könnte wetten.“
    „Der Lift ist wieder flott“, tönte die Stimme meines unvergleichlichen Freundes von der Haustechnik aus der Sprechanlage. Ein Ruck ging durch den Aufzug, er setzte sich in Bewegung, fuhr weiter nach unten. Ich sah auf die Uhr – anderthalb Stunden waren vergangen, seit sich im sechsten Stock die Lifttüren hinter uns geschlossen hatten.
    Im Erdgeschoss erwarteten uns mein unbezahlbarer Freund von der Haustechnik – und leider auch ein blasser und reichlich nervöser Knut Schäfer. „Sie Ärmste!“, rief der, während die Türen sich noch auseinander schoben. „Fast zwei Stunden im Aufzug eingezwängt!“ Mich bedachte er mit einem verächtlichen Blick. Noch dazu mit einem Idioten wie dem da , sollte dieser Blick sagen.
    „Wir haben das Beste daraus gemacht, nicht wahr, Franz?“, flötete Eva und versenkte endlich die leere Piccoloflasche in ihrer Handtasche. Meinem Chef fiel die Kinnlade herunter.
    „Sicher werden Sie froh sein, jetzt etwas Vernünftiges zu essen zu bekommen“, vermutete er kleinlaut. Der Verdruss und die Verunsicherung krochen ihm aus allen Knopflöchern.
    „Das kann ich Ihnen versichern.“ Eva hakte sich bei mir unter; ich platzte fast vor Stolz und Genugtuung. „Den Inder müssen wir allerdings verschieben. Der Zwischenfall mit dem Aufzug hat alles ein wenig durcheinandergebracht. Ich muss jetzt unbedingt Franz' Omelettes probieren.“
    Konnte ich mein Glück fassen? Nein, konnte ich nicht. Ich zwinkerte meinem unbezahlbaren Freund von der Haustechnik zu und gönnte meinem Abteilungsleiter ein Lächeln. „Schönen Abend noch, Herr Dr. Schäfer!“

Stuhlassistenz

    Ich heiße Claudia, meine Freunde nennen mich „Claudie“. Das muss Ihnen reichen. Oder vielleicht noch dies: Von keiner meiner Freundinnen würden Sie hören, dass ich mein Geld als „Zahnarzthelferin“ verdiene. Ich bin Stuhlassistentin.
    Klingt seltsam, ich weiß, doch so nennt das mein Chef. Ich bin nämlich für einen dieser berüchtigten Stühle zuständig, wo er von rechts die Gebisse unserer Patienten saniert, und ich ihm von links assistiere.
    Kein schöner Arbeitsplatz? Kommt auf die Perspektive an. Liegt man in ihm oder steht man rechts oder links davon? Sie verstehen.
    Doch Spaß beiseite – ich mochte meinen Arbeitsplatz von Anfang an. Bis vor zwei Wochen. Seitdem liebe ich ihn.
    Vor zwei Wochen verwandelte sich mein Stuhl nämlich für einige Stunden in eine Art Paradies.
    Manchmal nach Feierabend, wenn ich allein im Behandlungsraum bin, lege ich mich hinein und erinnere mich. Dann durchrieselt es mich heiß und kalt.

    *

    Die neue Beziehungsqualität zwischen mir und meinem Arbeitsplatz bahnte sich an einem ziemlich hektischen Morgen an. Ich hatte verschlafen. Keine Zeit zum Duschen, zum Frühstücken, zu gar nichts. Raus aus der Wohnung, rein ins Auto und los.
    Die Ampel an der großen Kreuzung stand an diesem Morgen doppelt so lange auf Rot wie sonst. Ich trommelte auf dem Lenkrad herum und schimpfte mit mir und dem roten Licht.
    Endlich gelb, der Benz vor mir ließ sich alle Zeit der Welt. „Mach' schon, Lahmarsch!“ Grün – der Benz rollte träge an. Ich gab Gas – und würgte den Motor ab.
    Hinter mir hupte einer. „Flieg doch, Idiot!“ Ich fummelte am Zündschlüssel herum, verwechselte wohl Kupplung und Bremse – mein Corsa machte einen Satz, und wieder soff der Motor ab.
    Der Typ hinter mir hupte wie ein Verrückter. Im Rückspiegel sah ich einen schwarzen Golf auf mich zurollen. Ein Ruck ging durch mein Auto – der Idiot war tatsächlich aufgefahren! Die Ampel schaltete auf Rot.
    Ich stieß die Tür auf und sprang aus meinem Corsa. Ein Blick auf die Stoßstangen – nichts. Hatte der Typ das absichtlich gemacht? Breitbeinig baute ich mich vor der Fahrertür des Golfs auf. „Verdammt noch mal! Ich hab' den Motor abgewürgt, na und?!“ Hinter dem Golf staute sich der Verkehr. Ein wahres Hupkonzert brach los.
    Ein Mann lehnte sich aus dem Seitenfenster. Graue Augen, ein halbes Dutzend Ohrringe, Anfang dreißig oder so; dunkelblonde Locken hingen ihm in die Stirn. Brad-Pitt-Verschnitt. Er versuchte ein grimmiges Gesicht zu machen

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