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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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beschäftigen.“
    Ihr Blick blieb am Gesicht des Wunderwesens hängen. Es hätte einer antiken Statue als Inspiration dienen können. Zeitlose Klassik. Makellose Symmetrie. Man konnte in seinem Anblick versinken wie in den Tiefen des Meeres. Wie alt mochte er sein? Rein äußerlich kaum älter als zwanzig, aber innerlich? Alterte seine Rasse in derselben Geschwindigkeit wie Menschen? Oder bemaß sich ihre Lebenszeit an der von Seehunden? Möglicherweise, und bei dieser Theorie überzog sich Ruths Körper mit Gänsehaut, war auch alles ganz anders.
    Die Gesetze der Biologie galten nicht mehr.
    Alles war möglich.
    „Wie ausgestorben.“ Aarons Stimme zerriss ihre Membran aus Träumen. „Anscheinend sind die meisten immer noch auf der Jagd.“
    Ruth blickte auf. Inzwischen war sein halbes Gesicht blau und angeschwollen. Er sah sogar noch schlimmer aus als sie. Fast wäre ihr ein Kichern entflohen. Hier saßen beziehungsweise standen sie, lädiert wie Helden nach einem martialischen Kampf, und trugen einen Sieg davon, wie er triumphaler nicht hätte sein können.
    „Gut.“ Sie nickte zufrieden. „Dann schaff unseren Ehrengast in den Wagen. Ich kümmere mich um unser Gepäck. Und sollte dich jemand erwischen, erzähl ihm irgendwas Plausibles.“
    „Wie erkläre ich es im Fall von MacMuffins Auftauchen plausibel, dass wir ihm den Kutter geklaut haben?“
    „Keine Ahnung.“ Ruth wedelte unwirsch mit der Hand. „Denk dir was aus. Du bist doch sonst so einfallsreich.“

Kapitel 13
    Das Tier in mir
    „Flieh vom Meer, wo es hart am
marmorschimmernden Riff sich bricht.“
Horaz
    ~ Louan ~
    S timmen leiteten mich zurück ins Licht. Zuerst klangen sie wie das vertraute Flüstern des Wassers, dann scharf und kalt wie die Felsen Skara Braes, an denen sich die Wellen brachen.
    „Was ist mit dem Fell?“
    „Er hat keines.“
    „Genau das meine ich. Wenn die Geschichten wahr sind, wird er ohne Fell schwächer.“
    „Ich glaube nicht, dass er seine Tierhaut mit sich rumschleppen muss. Wir haben nie ein Fell gesehen, oder?“
    „Aber eine Tasche, die er immer bei sich hatte. Vielleicht war es da drin.“
    „Glaube ich nicht. Die Metamorphose dürfte unabhängig von einem Fell geschehen.“
    „Was wenn er es versteckt hat? Vielleicht ist er als Mensch zu uns gekommen, um sein Leben zu verkürzen, falls ihm die Flucht nicht gelingt.“
    „Wenn das so ist, solltest du zur Insel fahren und nach dem Fell suchen.“
    „Vergiss es.“
    Ein kühles Laken lag unter meinem Körper. Ein angenehmes Gefühl. Weniger angenehm waren die Fesseln, die sich um Hand- und Fußgelenke schlangen und mir das Blut abschnürten. Ich lag auf einem Bett, wie mir meine langsam erwachenden Sinne verrieten. Verschnörkeltes Eisen, ähnlich dem Gestell von Maris Bett. Hellblaue Wände. Seltsame, bunte Bilder, die mythische Wesen zeigten. Halb Mensch, halb Elefant. Dunkelblaue Vorhänge, dahinter das rote Laub einer Blutbuche. Rechts und links neben dem Bett, an das ich gefesselt war, standen Geräte und Maschinen. Einige kamen mir aus Zeitungsberichten und Fernsehsendungen bekannt vor, andere sagten mir nichts. Licht fing sich in einem durchsichtigen Beutel, der an einem Gestell baumelte. Von diesem Beutel aus ging ein dünner Schlauch direkt zu meiner Armbeuge. Eine Nadel drang dort in meine Haut. Es tat nicht weh, weshalb ich mir nicht sicher war, ob ich alles nur träumte.
    Mari! Wo war sie? Was war geschehen?
    Ein Gesicht tauchte vor mir auf. Hell und eisig wie ein Winterhimmel. Es lächelte ohne jede Freundlichkeit.
    Ruth …
    Bilder und Worte zuckten durch meinen Kopf. Maris Hass auf mich, als sie mich fortjagte. Mein Kampf mit Raer. Sein Sieg.
    Ich riss an meinen Fesseln, ohne etwas bewirken zu können. Das Bettgestell quietschte.
    Noch mehr Erinnerungen prasselten auf mich ein.
    Maris Entführung, der Kampf auf MacMuffins Kutter. Sie hatte entkommen können, aber ging es ihr gut?
    Ich wusste, dass sie sich an allem die Schuld gab. Sie litt wegen mir.
    Vielleicht, und diesen Gedanken versuchte ich erfolglos auszuklammern, fiel sie Raer in die Hände. Mir blieb nur die Hoffnung, dass sie schnell genug zu ihrem Vater gekommen war. Thomas würde alles tun, um seine Tochter zu beschützen, und gegen Kugeln waren auch Selkies machtlos.
    Das war also der Preis für ein paar Tage fast vollkommenen Glücks.
    Hatte ich wirklich gehofft, alles würde gut werden?
    Vielleicht ein paar Herzschläge lang, dumm, wie man in der Liebe war.
    Es war wie

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