Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
womöglich verbaut hatte.
    »Was wolltest du überhaupt mit dem ganzen Geld?«, fragte er.
    Junis versteifte sich. »Geh zurück in deine Taverne und lass mich in Frieden. Was du getan hast, genügt, finde ich.«
    »Was ich getan habe?« Tarik wirbelte vor dem offenen Fenster herum. »Du bist aus dem Nichts aufgetaucht und hast versucht, mich abzudrängen. Du hast als Erster in Kauf genommen, dass ich mir den Hals breche. Was hast du denn erwartet, das ich tun würde?«
    »Genau das, was du getan hast. Deshalb hab ich es von Anfang an genauso gemacht.«
    Tarik blinzelte ihn an. Einen Moment lang fragte er sich, ob das die Wahrheit war. War er wirklich der, den sein Bruder in ihm sah? Hätte er sich anders verhalten, wenn Junis ihn nicht so hitzig herausgefordert hätte? Wenn er Tarik gar gebeten hätte, ihn gewinnen zu lassen?
    Während sie sich quer durch die Kammer anstarrten, versuchte Tarik sich die Szene auszumalen. Ein Gespräch unter Brüdern vor dem Rennen. Junis hätte ihm seine Pläne dargelegt, den Schmuggel nach Bagdad wieder aufzunehmen. Alles, was er brauchte, war Geld für die nötige Ausrüstung, für Verpflegung, vielleicht für neue Kleidung. Was hätte Tarik getan? Wie hätte er auf eine solche Bitte reagiert?
    Er hätte ihn ausgelacht. Und zum Teufel gejagt.
    »Was hast du jetzt vor?« Die Wut, die Tarik hergetrieben hatte, war keineswegs verpufft. Aber sie hatte an Intensität eingebüßt, war nur noch ein verwirrendes Gefühl unter vielen, die er beim Anblick seines Bruders empfand.
    »Zusehen, wie du von hier verschwindest?«
    Tarik zeigte auf den verschnürten Ballen Drachenhaar. »Damit, meine ich.«
    Junis atmete tief durch, ging quer durchs Zimmer und lehnte sich gegen die Rückwand. Zu seinen Füßen lag sein eingerollter Teppich. Daran lehnte ein Bündel, das nicht einmal ein Drittel von dem beinhalten konnte, was an Ausrüstung für eine Durchquerung des Dschinnlandes nötig war. Ganz sicher keine Sanduhr, und ohne die würde er es nicht schaffen.
    Neben Junis befand sich eine niedrige Holztür, kaum mehr als eine Luke, die vielleicht in eine Abstellkammer führte. Oder eher noch hinaus aufs Dach, wie es sich für das Quartier eines Teppichreiters gehörte. Das war wichtig, falls nach einem Rennen doch einmal die Miliz auftauchte. Auch in Tariks Kammer gab es einen Fluchtweg hinauf zum Flachdach des Gebäudes. Manchmal vergaß er, dass Junis denselben Lehrmeister gehabt hatte, dass er dieselben Finten und Listen kannte.
    »Ich werde den Ballen nach Bagdad bringen«, sagte Junis entschlossen.
    »Du wirst unterwegs verhungern. Falls dich nicht vorher die Dschinne erwischen. Oder eines der anderen Wesen, die dort draußen auf der Lauer liegen.«
    »Maryam hat alle Ausrüstung gehabt, die nötig war«, sagte Junis bissig. »Und hat es ihr geholfen? Nicht, wenn man dem Falschen vertraut.«
    Tarik lehnte sich zurück. Seine Finger krallten sich um die Fensterkante, als wollten sie Stücke aus dem Stein brechen. Ihre Blicke bohrten sich ineinander. Doch statt weiterer Vorwürfe schüttelte Junis nach einem endlosen Moment nur den Kopf.
    »Du kannst mich nicht aufhalten. Ich habe den Auftrag der Händler angenommen. Und ich habe vor, ihn auszuführen.«
    »Ohne Sanduhr? Allein die kostet ein halbes Vermögen.«
    »Ich hab schon vor Tagen eine in Auftrag gegeben. Morgen früh hole ich sie ab, gleich bevor wir aufbrechen.«
    »Und womit willst du sie bezahlen?« Da wurde ihm klar, was Junis gerade gesagt hatte. »Wer ist wir?«
    Junis streckte die Hand nach der Luke aus. Auf halbem Weg zögerte er noch einmal, dann schnaubte er resigniert und riss sie auf.
    Tarik presste die Lippen aufeinander. Sagte nichts.
    Jemand saß auf den Treppenstufen, die hinter der Luke zum Dach führten. Es hätte das Bild sein können, das ihn seit letzter Nacht verfolgte. Doch anders als heute Mittag beim Aufwachen oder später im Weindunst von Amids Taverne war die Erscheinung hier aus Fleisch und Blut.
    Sie erhob sich in einer gleitenden Bewegung von den Stufen, schenkte Junis einen vorwurfsvollen Blick und trat in die Kammer. »Guten Abend«, sagte sie. Ihr Haar war offen, die Andeutung eines Kleides saß perfekt. Jetzt, da er darüber nachdachte, hätte er beinahe damit rechnen müssen.
    »Meine zweite Auftraggeberin«, sagte Junis mit kaum verhohlenem Triumph. Den Blick, den sich seine beiden Gäste zuwarfen, schien er nicht zu bemerken. »Ihr Name ist Sabatea.«
    Tarik spürte ein Brennen in der Kehle. »Und du

Weitere Kostenlose Bücher