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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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würde. Er verlegte sich darauf, seinem Gegenüber so ausdruckslos wie möglich zu begegnen.
    Tatsächlich schien das den Dschinnfürsten einen Moment lang zu irritieren. Zorn, Hass und Verzweiflung war er beim Anblick von Gefangenen gewohnt. Gleichgültigkeit aber machte ihn neugierig.
    Junis hielt dem Blick der dunklen Augen stand und kämpfte gegen den Wunsch an, die faltige Kehle dieses Wesens zu zerquetschen.
    »Sieh dort hinüber«, sagte der Fürst und wies über die Wüste. »Das ist die zweite Armee. Sie ist aus dem Süden herbeigeeilt, um Anteil zu haben am Untergang der Menschheit.«
    »Aus Skarabapur«, presste Junis zwischen den Zähnen hervor.
    Der Fürst neigte den hässlichen Schädel ein wenig zur Seite. Die Neugier in seinem Blick loderte heißer. »Du weißt offenbar einiges.«
    »Ihr könnt Bagdad dem Erdboden gleichmachen, aber auch dann werdet ihr noch lange nicht alle Menschen bezwungen haben.«
    »Nicht heute. Aber vielleicht schon morgen oder am Tag darauf. Wir werden siegen, weil wir gar keine andere Wahl haben.«
    Tarik hatte Junis von den angeblichen Prophezeiungen des Narbennarren erzählt, mit denen er die Dschinne in den Krieg gegen die Menschen getrieben hatte. Amaryllis hatte eine Welt ohne Dschinne gesehen und sie für die Zukunft gehalten – eine Zukunft, die um jeden Preis abgewendet werden musste, um das Überleben seiner Art zu sichern. In Wahrheit aber war es die andere Welt, die Wirklichkeit außerhalb der Flasche, die er erblickt hatte.
    Offenbar wusste der Dschinnfürst auf dem Knochenthron nichts von den wahren Zusammenhängen. Er glaubte noch immer an die falschen Voraussagen des Narbennarren, ebenso wie alle seine Kreaturen, die sich dort unten versammelt hatten. Und Junis begriff, dass er vorhin ganz richtig vermutet hatte: Die Dschinne glaubten, dass sie das einzig Mögliche taten, um selbst am Leben zu bleiben.
    »Kannst du sie sehen?«, fragte der Dschinnfürst, weil Junis keinen angemessenen Schrecken beim Anblick der Armee aus Skarabapur zeigte.
    Tatsächlich konnte er kein Heer erkennen. Nur eine flache dunkle Wolke, die viele Kilometer entfernt einen verschwommenen Schatten auf die Wüste warf.
    »Ich sehe nur Rauch«, sagte Junis.
    Neben ihm flüsterte das Mädchen: »Das sind sie. Sie kommen auf einer Wolke aus Glas.«
    Der Dschinnfürst stieß ein brüchiges, altersraues Lachen aus. »Geschmolzenes Wüstenland. Sand, den die Glut der Wilden Magie verflüssigt und zusammengebacken hat. Das Menschenjunge hat Recht, Sturmreiter. Ein ganzes Heer auf einer Scholle aus Glas. Und sie wird nicht die einzige bleiben.«
    Junis hörte zu und nahm die Worte doch nur oberflächlich wahr. All das interessierte ihn nicht. Drei unfassbar große Armeen standen vor Bagdads Mauern, und ob eine davon auf einem Stück Glas über den Dünen schwebte oder durch den Staub der persischen Wüste kroch, hatte keine Bedeutung mehr. Nur in einem musste er dem Fürsten Recht geben: Bagdad würde fallen. Er hätte nicht erst die Dschinnmassen dort draußen sehen müssen, um das zu wissen.
    Die Kreatur auf dem Thron entblößte ihre zerbrochenen Zähne. »Wenn der Dritte Wunsch erst hier ist, wird dieser Krieg ein Ende haben. Dann wird es bald nur noch uns geben.«
    Junis hätte das als Gerede eines Wahnsinnigen abgetan, hätte er nicht so deutlich spüren können, dass der Dschinnfürst bei klarem Verstand war. Ausgebrannt und bösartig, aber nicht verrückt.
    »Was willst du von mir? Warum habt ihr mich hierhergebracht?«
    »Ich musste dich sehen«, erwiderte der Dschinn, »um zu erfahren, wie viel du weißt. Über den Dritten Wunsch – und über Jibril.«
    Plötzlich starrten die dunklen Augen ihn mit neuer Intensität an, und diesmal drangen sie tief in seinen Geist. Junis riss sich von dem Mädchen los. Wich einen Schritt zurück. Aber der Blick des Dschinns hielt ihn fest. Und jetzt las er keine Neugier mehr darin, sondern etwas anderes.
    Erschütterung.
    »Du hast tatsächlich keine Ahnung«, raunte der Fürst, »was du da befreit hast, nicht wahr?«

 
Stadt aus Glas
     
     
    Nachtgesichts Wirbelsturm pflügte über die weite Ebene des Untersands. Vor ihnen schälte sich eine steile Felswand aus dem Dunst.
    Durch den rasenden Sturmstrudel erkannte Sabatea den enormen Wall aus gelbem Gestein erst, als sie sich unmittelbar davor befanden. Die Steilwand erhob sich im rechten Winkel aus den Dünen und verschwand einige hundert Meter höher in der wogenden Nebeldecke. Man hätte sie für

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