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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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worden war.
    Junis sprach auch weiter, als Sabatea und die anderen schließlich zurückkehrten. Von den Stunden völligen Unglaubens und der Verwirrung unter den Verteidigern; viele hatten mit Ratlosigkeit, manche mit Panik auf das Verschwinden der Dschinne reagiert. Er erzählte, wie der Bann von den kranken und hungernden Menschensklaven abgefallen war, und von der düsteren Gewissheit, dass dennoch viele von ihnen nie wieder würden leben können wie früher. Er erwähnte ein junges Mädchen, das ihm in der Gefangenschaft der Dschinne geholfen hatte und seither Botengänge für Kabir erledigte. Sie bestand darauf, jeden Abend in die Lager vor der Stadt zurückzukehren und bei ihren Freunden zu übernachten. All jene, die der Magie der Dschinne widerstanden und die Hölle der Sklaverei überlebt hatten, scharten sich auch jetzt noch im Dunkeln zusammen wie Wolfsrudel und spendeten einander Schutz und Trost.
    Bis tief in die Nacht brannten die Kerzen in Kabirs Knüpferwerkstatt, und für einige Stunden vergaß Tarik den Schmerz seiner Verletzungen. Selbst die Schrecken des Dschinnlands verblassten für eine Weile, während sie beisammensaßen und redeten. Sechs Überlebende auf Stapeln von Teppichen, um einen Tisch mit dünnem Wein und fadem Brot, das ihnen allen wie ein üppiges Festmahl erschien.
     

     

    Die Geschwister verabschiedeten sich einige Tage später und traten ihre Reise in den Norden an. Draußen auf der Gasse bot ein Händler lauthals Kettenglieder an die angeblich von den verschwundenen Magiern stammten. Der Handel mit Kuriositäten des Krieges florierte bereits; noch wechselten die meisten im Tausch gegen Nahrungsmittel den Besitzer.
    Nachtgesicht hatte sich das Lederband um den Hals gelegt, jetzt nur noch ein schlichtes Schmuckstück, eine Erinnerung an das, was gewesen war. Seine Macht über die Stürme war für immer verloren, aber er trauerte nicht um sie. Kabir bot den beiden einen neuen Teppich an, doch sie bestanden darauf, den alten zu nehmen, der sie heil aus Skarabapur zurück nach Bagdad gebracht hatte. Obwohl das Knüpfwerk gereinigt worden war, würde man ihm immer ansehen, durch welche Hölle es seine Reiter getragen hatte. »Warum soll es ihm auch anders ergehen als euch?«, bemerkte der Knüpfer mit einem Augenzwinkern, und alle bis auf Tarik lächelten höflich.
    Sie wünschten einander Glück, versprachen, sich eines Tages wiederzusehen, und ahnten, dass es vielleicht auch anders kommen würde.
    Sabatea und Junis stiegen mit aufs Dach, als Ifranji und Nachtgesicht aufbrachen. Tarik saß allein mit seinen geschienten Beinen unten am Fenster, als Ifranji den Teppich in einem waghalsigen Manöver hinab in die Gasse lenkte, ihm zunickte und ihren Dolch samt Scheide zu ihm ins Haus warf. Da musste er lachen und rief ihr zu, er werde Acht darauf geben, bis sie sich wiedersähen; nun glaubte auch er ein wenig mehr daran, dass dieser Tag irgendwann kommen würde.
    Das Knüpfwerk lag schräg in der Luft, ein wenig nach hinten geneigt, weil Nachtgesicht so viel schwerer war als Ifranji. Aber es trug die beiden gewissenhaft davon, hinaus in die Schwärme aus fliegenden Teppichen über Bagdads Dächern und durch sie hindurch nach Norden.
    Sabatea stieg vom Dach, setzte sich auf die Kante von Tariks Lager und küsste ihn. Sie hatte Tränen in den Augen und lächelte dabei, während Junis vor der Haustür mit dem Botenmädchen stritt und Kabir sich über Pferdedreck auf seinem Dach beschwerte.
    Bis zum nächsten Abschied würden noch Wochen vergehen, aber sie alle wussten, dass er unausweichlich war.

 
Alabasda
     
     
    Die Abendsonne tauchte die Gipfel des Pamirgebirges in Bronzeglanz, als der einsame Teppich aus den Weiten der Wüste Samarkand erreichte.
    Die grünen Auen rund um die Stadt waren voller Menschen, die meisten auf dem Heimweg von den Feldern. Niemand beachtete die Teppichreiter am Himmel. Es gab Dutzende davon, hoch über den blauen Kuppeln der Stadt und draußen auf der Ebene am Fuß des Gebirges. Das Verbot der fliegenden Teppiche war nur eines von vielen, die nach dem Sturz des Emirs außer Kraft gesetzt worden waren.
    Nur die Mauerhaken rund um die Zinnen der Wälle kündeten noch von Kahramans Schreckensherrschaft. Auch die neuen Statthalter des Kalifats waren keine gnädigen Männer, und sie wussten, dass das Gift, das Harun al-Raschid getötet hatte, von Samarkand nach Bagdad gekommen war. Obwohl im Palast bekannt sein musste, dass Harun freiwillig in den Tod gegangen

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