Sturmtief
ist?«
»Der ist nicht mehr unterwegs, sondern liegt in der
Lübecker Rechtsmedizin. Es besteht der Verdacht, dass Sie einen in ganz Europa
gesuchten Profikiller eingefangen haben, der sein letztes Opfer nicht einmal um
vierundzwanzig Stunden überlebt hat.«
»Und das bei uns im betulichen Ostholstein«, sagte
Lohmeyer mehr zu sich selbst. »Dinge gibt’s …« Dann sicherte er zu, Lüder die
Informationen zukommen zu lassen und mit seinem Kieler Kollegen Vollmers
Kontakt aufzunehmen, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Das musste umgehend erfolgt sein, denn eine halbe
Stunde später meldete sich der Leiter des Kieler K1 bei Lüder.
»Wir sind ein Stück weiter«, erklärte Hauptkommissar
Vollmers. »Es ist uns gelungen, die Handynummer des angeblichen Andrea Filipi
zu lokalisieren.«
»Haben Sie sein Mobiltelefon gefunden?«, fragte Lüder.
»Nein. Wir haben die Buchungsunterlagen der Lufthansa
durchwühlt. Filipi – ich nenne ihn so, solange wir nicht wissen, wie er richtig
heißt – hat seine Flüge nach Rom telefonisch bestellt. Wir haben das auch mit
dem hessischen Landeskriminalamt abgestimmt. Auch in Frankfurt, wo er seine
Anschlussflüge angetreten hat, hat er das Handy benutzt. Es ist doch
merkwürdig. Selbst die gerissensten Verbrecher scheitern häufig an winzigen
Fehlern.«
»Es sind weniger die Fehler als die Fähigkeiten
außergewöhnlich kluger Kriminalbeamter, die in Kiel ihren Dienstsitz haben«,
lobte Lüder.
Vollmers brummte nur. Trotzdem spürte Lüder, wie sich
der Hauptkommissar über die Anerkennung freute.
»Wir haben ein wenig weiter gebohrt und über die
Telekom herausgefunden, von welcher Funkzelle sich Filipi oft ins deutsche Netz
gewählt hat.«
Vollmers wartete einen Moment, ob Lüder diesen
Teilerfolg kommentieren wollte. Doch Lüder schwieg. Ein Lob, beschloss er,
musste reichen.
»Demnach muss sich Filipi oft in der Nähe Schleswigs
aufgehalten haben, und zwar am südlichen Ufer in Höhe Busdorf/ Fahrdorf.«
Die hohe Aufklärungsquote bei Tötungsdelikten ist oft
das Ergebnis harter und zäher Ermittlungen, bei denen die Polizei auch der
kleinsten und unbedeutend erscheinenden Spur nachging und findige Kriminalisten
mehr als zwei plus zwei zusammenzählten, dachte Lüder, nachdem er sich von
Vollmers verabschiedet hatte.
Die Polizei hatte immer noch nicht herausgefunden, wo
sich Hannah Eisenberg in der Zeit zwischen der Ermordung Robert Havensteins und
ihrem eigenen Tod aufgehalten hatte. Es hatten sich weder Zeugen gemeldet, noch
gab es Hinweise aus dem Bewegungsprofil. Dieses zu erstellen war nicht
gelungen. Die Frau schien wie vom Erdboden verschluckt gewesen zu sein. Lüder
konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Ehemann sie gefunden hatte. Unter diesen
Umständen hätte Dov Eisenberg Lüder nicht weiterverfolgt. Außerdem hatte Lüder
in seinem Verhalten keine Anzeichen dafür feststellen können, dass der Mann vom
Tod seiner Frau wusste. Merkwürdig war aber, dass der Mörder Hannah Eisenberg
gefunden hatte. Wenn der Fundort ihrer Leiche im Oldenburger Wallmuseum auch
nicht der Tatort war, so ging Lüder davon aus, dass Filipi – unterstellt, er
war der Mörder – keine weiten Strecken mit der Toten zurückgelegt hatte.
Folglich musste sich die Frau in einem überschaubaren Radius um Oldenburg
aufgehalten haben. In diesem Zusammenhang stellte sich Lüder eine weitere
Frage. Warum diese Kleinstadt in Ostholstein?
Lüder notierte die weiteren Fragen auf gelben
Post-it-Zetteln, die er »Beppis« nannte. Dann startete er auf seinem Rechner
die Suche nach Hotelunterkünften in der Region südlich Schleswigs. Nach einer
halben Stunde hatte er eine Handvoll zusammengestellt und bis auf ein Hotel
herausgefunden, dass dort niemand abgestiegen war, auf den die Beschreibung des
letzten Mordopfers zutreffen könnte. Er malte einen Kringel um den Namen des
Hotels und beschloss, die Herberge selbst aufzusuchen, sobald er im Besitz des
Schlüssels war. Den forderte er in Lübeck an und bat um Überstellung per
Kurier.
Für einen Moment überlegte Lüder, ob er nach Oldenburg
fahren sollte. Doch das würde keinen Sinn ergeben. Am Fundort gab es nichts zu
entdecken, was den Kriminaltechnikern nicht schon aufgefallen wäre. Die Zeugen
waren vernommen und konnten Lüder nichts Neues berichten. Und auf Verdacht nach
dem Unterschlupf von Hannah Eisenberg während ihrer Abwesenheit zu suchen wäre
sicher nicht zielführend. Lüder befand sich in der leidigen Situation,
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