Sturmwind der Liebe
verlegen machen, aber …«
»Es macht dir das größte Vergnügen, mich in Wut zu bringen, das weißt du ganz genau!«
»Das stimmt. Es ist aber auch sehr leicht, weil du voller Hochmut und Unschuld bist. Eine unwiderstehliche Mischung, glaube es mir. Wir kennen uns gut genug, Genny. Ich werde alles tun, um dich glücklich zu machen.«
»Ich will aber gar nicht heiraten. Nicht etwa, weil ich spröde wäre. Aber ich möchte andere Länder kennenlernen, Alec, und Sehenswürdigkeiten besichtigen, andere Menschen beobachten und sehen, wie sie leben und …«
»Das kann ich sehr gut verstehen. Es ist nur so, daß ich in meinem ganzen Leben solche Wünsche noch nie aus dem Munde einer Frau gehört habe. Das sind doch eigentlich Dinge, nach denen sich ein Mann sehnt – zu reisen, zu arbeiten und zu handeln.«
»Männer«, sagte sie. »Ihr glaubt, nur ihr dürftet euren Spaß haben und Abenteuer erleben. Ich will das auch! Ich will nicht immer nur Tee im Salon servieren und zehn Kinder am Rockzipfel hängen haben, während mein Ehemann durch die Welt segelt, Neues sieht und fremde Orte kennenlernt. Das will ich nicht, hörst du?«
»Natürlich höre ich dich. Du schreist ja schon wieder.« Alec erinnerte sich an das, was Boß Lamb ihm über sie erzählt hatte. Verdammt noch mal, sie war genauso abenteuerlustig, wie er es früher gewesen war. Es war entnervend. Gut zehn Jahre lang hatte er sich in der Welt herumgetrieben. Zuerst als verheirateter Mann, der Schuldgefühle gehabt hatte, wenn er Nesta daheim ließ, und fast ebenso, wenn er sie mitnahm. Und danach im vollen Genuß seiner Freiheit. Aber jetzt hatte das alles sehr nachgelassen. Wenn er in den letzten Tagen an Genny gedacht hatte, dann hatte er sich immer vorgestellt, mit ihr ruhig und friedlich in einem seiner Häuser zu leben.
»Nun?«
»Was nun?«
»Ach, bemühe dich nicht! Du bist wie viele Männer, die ich kenne, Alec. Wenn ihnen die Fragen einer Frau nicht behagen, gehen sie einfach darüber hinweg.«
»Nein, wirklich, mir kamen gerade einige sehr tiefe Gedanken.«
»Und welche Schlüsse hast du daraus gezogen?«
»Daß wir Ende der Woche heiraten sollten. Möglichst noch früher.«
Genny trat vom Fenster und ging auf die Tür zu. »Ich gehe jetzt zur Werft.«
»Das bringt mich noch auf etwas anderes, Genny. Wenn du in sechsundzwanzig Tagen nicht meine Frau geworden bist, ist die Werft für dich verloren.«
»Du brauchst mir nur die
Pegasus
abzukaufen, dann habe ich genügend Kapital, um eine neue Werft zu bauen.«
»Ja, das könntest du natürlich. Doch ich würde es als rausgeschmissenes Geld betrachten. Du könntest die beste Werft von Baltimore aufbauen, der Erfolg bliebe dir versagt. Niemand kann den Lauf der Welt verändern …«
Sie stürmte aus dem Salon und schmetterte die Tür hinter sich zu. Er hörte, wie sie die Treppe hinaufrannte. Also war sie auf dem Weg in ihr Zimmer, um wieder die verfluchte Männerkleidung anzulegen. Er seufzte. Ihm war gerade eingefallen, daß seine Anwesenheit im Hause – ohne das Vorhandensein einer Anstandsdame – außerordentlich anstößig war. Im Gegensatz zu Genny wußte er, daß die Gesellschaft in Baltimore sich über das, was sie miteinander treiben mochten, bereits die Mäuler zerriß. Langsam stand Alec auf und ging quer durch den Salon auf ein seitlich stehendes Büffet zu, goß sich einen Brandy ein und nippte gemächlich daran. Plötzlich kam ihm eine Idee, die bereits ausgereift erschien. Er ließ sich das Ganze noch ein-, zweimal durch den Kopf gehen und stellte dann den Brandyschwenker ab.
Es war möglich, daß es so klappen würde.
Ihm war klar, was ihr Vater mit seinem Testament erreichen wollte. Sie sollte keinen Grund mehr unter den Füßen spüren. Er würde die Sache anders drehen, ihr ihren Stolz bewahren und die Werft retten.
14
Auch Genny hatte schon daran gedacht, daß sie ohne Anstandsdame mit Alec und seiner Begleitung unter einem Dache lebte. Aber sie war so mit sich selber beschäftigt, daß sie sich keine großen Sorgen darum machte. Was hatte es denn schon zu besagen? Sie hatte sowieso schon die Grenze überschritten, als sie mit Alec ins Bett gegangen war. Nicht daß sie es bereute. Ihr Vater war tot, die Werft würde bald an jemand anders verkauft werden – natürlich an einen Mann. Sie sah sowieso in keinem Fall eine Zukunft vor sich. Gut, durch den unvermeidlichen Verkauf der Paxton-Werft würde sie Geld in die Hand bekommen. Ob Porter Jenks schon von dem
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