Sturz Der Engel
erklärte Saryn. »Wir geben den Hühnern weniger Korn, also legen sie weniger. Das Korn wird nicht reichen, um sie über den Winter zu bringen.«
»Die Hühner legen im Winter sowieso weniger«, erklärte Hryessa. »Ich würde die älteren schlachten und die jungen leben lassen.«
»Kannst du dir genau überlegen, wie das aussehen soll?«, fragte Ryba.
Saryn sah zwischen Hryessa und Ryba hin und her und nickte. »Damit ist aber das Problem des Futters noch nicht gelöst.«
»Das Landefahrzeug, das wir als Lager benutzen, ist noch zu mehr als einem Drittel gefüllt«, erklärte Selitra.
»Ja, ich habe nämlich geholfen, es aufzufüllen«, warf Narliat ein.
»Der Winter ist erst zur Hälfte vorbei«, erläuterte Saryn. »Draußen ist nichts zu holen und selbst wenn der Schnee geschmolzen ist, wird es noch eine Weile dauern, bis wir Nachschub bekommen.«
»Es gibt Tannenzweige …«, schlug Murkassa vor. »Ziegen fressen sie manchmal.«
»Das tut den Ziegen nicht gut«, widersprach Relyn, »und Schafe können nicht so viele Dinge fressen wie Ziegen.«
»Uns wird also das Essen knapp«, fasste Ryba zusammen, »und wir haben nicht genug Futter für Schafe und Pferde.« Sie kniff die Augen zusammen. »Schafe können wir auf die eine oder andere Weise wieder besorgen, wenn es nötig ist. Aber ohne Pferde sind wir tot.«
»Wir brauchen zwanzig Pferde«, sagte Fierral, »und sie sollten nicht nur aus Haut und Knochen bestehen.«
Die Marschallin wandte sich wieder an Saryn. »Mach dir einen Plan, in welcher Reihenfolge wir die Schafe und wenn nötig auch ein paar Pferde schlachten können, bis wir noch zwanzig übrig haben. Es wäre gut, ein paar Schafe zu behalten, aber … am wichtigsten sind die Pferde, wenn wir anschließend auch noch über den Sommer kommen wollen.«
»Ich werde einen Tag oder so dazu brauchen.«
»Ein Tag mehr oder weniger spielt keine Rolle. Überlege es dir zusammen mit Kyseen, damit sie das Essen auf eine Weise planen kann, dass die Leute trotz der widrigen Umstände so gesund wie möglich bleiben.«
Saryn nickte.
»Was ist mit Bauholz und Feuerholz?«, fragte Ryba.
»Das Bauholz ist fast verbraucht«, erklärte Saryn ruhig. »Wir haben alle Leute mit Skiern versorgt und du hast die Stühle, Vertäfelungen und Wiegen gesehen. Mehr können wir diesen Winter nicht machen. Das Feuerholz wird auch knapp. Wir können aus den Wäldern nicht einmal das nachholen, was wir verbrennen. Wenn wir mehr als jetzt holen, müssen die Pferde mehr fressen und einige werden eine Lungenentzündung bekommen.«
»Sollen wir vielleicht die Möbel verheizen?«, fragte Gerlich.
»Nein«, antwortete Ayrlyn. »Das würde uns zwei Tage wärmen und damit hätten wir nichts erreicht. Außerdem wäre das nicht gut für die Moral der Leute.«
»Ich frage ja nur.«
»Denk lieber nach«, murmelte Huldran.
Nylan hätte beinahe zustimmend genickt.
»Sonst noch etwas?« Die Marschallin sah sich am Tisch um.
Gerlich stieß die Frau, die neben ihm saß, mit dem Ellenbogen an.
»Das Dach über den Duschen ist nicht dicht«, meinte Selitra.
»Dagegen können wir bis zum Frühling nicht viel tun«, gab Nylan zu.
»Manchmal gefriert das Wasser auf den Steinen«, sagte die schlanke Wächterin. »Das ist gefährlich.«
»Jetzt aufs Dach zu steigen wäre sogar noch gefährlicher«, erklärte Nylan ihr. »Es ist sowieso zu kalt, um mit Mörtel zu arbeiten. Wir haben auch kein Pech, um das Dach abzudichten … vielleicht im Sommer.«
»Hoffentlich stürzt niemand.«
»Gibt es noch andere Dinge, die wir sofort erledigen können?«, fragte Ryba. »Wenn nicht, sind wir fertig. Saryn, du bleibst noch hier. Ich möchte eine grobe Schätzung von dir hören, welche Tiere geschlachtet werden können und wie das unseren Speiseplan verbessert und das Futter streckt.«
Während Saryn eine grobe Schätzung vornahm, stand Nylan am Fenster und hörte Hryessa und Murkassa zu, die sich im Treppenhaus leise unterhielten.
»… noch zu einem Drittel mit Heu und Gras gefüllt und sie fangen jetzt schon an zu schlachten?«
»Willst du lieber warten, bis überhaupt nichts mehr da ist und dann alle auf einmal schlachten?«, gab Murkassa zurück. »Die Frauen sind klug, die Engel denken voraus. Weit voraus.«
Vielleicht zu weit, dachte Nylan, während er zum Tisch zurückkehrte. Es hatte ihm nicht gefallen, wie Gerlich Selitra vorgeschoben hatte, um das Problem mit dem Dach des Badehauses zur Sprache zu bringen. Der Ingenieur atmete
Weitere Kostenlose Bücher