Sturz Der Engel
etwas Wasser zu sich nehmen konnte. Als er den Becher ausgetrunken hatte, war das Hämmern im Schädel zu einem dumpfen Pochen abgeklungen.
»Versucht dies hier.« Istril gab ihm eine Scheibe Brot.
Nylan hörte ein Wimmern aus der Wiege. »Könnte jemand sich um Weryl kümmern? Mir geht es schon wieder besser. Und was ist mit Dephnay?«
»Siret hat sie jetzt. Da drüben.«
Während er die dünne Scheibe Brot aß, blickte Nylan in die benachbarte Nische, wo Siret mit zwei Kindern saß.
Istril holte Weryl aus der Liege und gab ihm die Brust. Das Wimmern wich einem Schmatzen, dazwischen war ein Geräusch zu hören, das für Nylan wie Schlürfen klang.
»Er mag sein Essen«, bemerkte der Schmied.
»Ich habe ihm schon ein bisschen Brei gegeben. Wenn er festere Nahrung bekommt, schläft er tiefer und etwas länger, aber er braucht noch die Brust.« Istril betrachtete ihren Sohn. »Du kleines Schweinchen.«
Nylans Benommenheit verflog allmählich und er richtete sich weiter auf. Ellysias Bett war schon leer.
»Jaseen hat sie weggebracht«, erklärte Istril, die seinen Blick bemerkt hatte. »Sie sagte, wir müssten sie so schnell wie möglich beerdigen.«
Nylan nickte.
»Ich verstehe das nicht«, fuhr Istril fort. »Den ganzen Winter über ist niemand krank geworden, obwohl es kalt war und wir nie genug zu essen hatten. Warum gerade jetzt?«
»Weil es zu kalt war«, erklärte Nylan. »Es war zu kalt für die Fliegen, Moskitos und Insekten, die Krankheiten übertragen. Wir haben auch keine Händler gesehen. Jetzt, nach dem Winter, gibt es viel mehr Möglichkeiten, sich zu infizieren, und Ellysia war sowieso erschöpft.«
Er fügte nicht hinzu, dass es wahrscheinlich ein weiterer Nachteil gewesen war, dass nicht beide Heiler anwesend gewesen waren, aber angesichts der aggressiven Infektion, die Ellysia übermannt hatte, hätte er wahrscheinlich nicht einmal mit Ayrlyn zusammen etwas ausrichten können.
Er sah zu dem kleinen dunkelhaarigen Mädchen, das in Sirets Armen lag. »Sie muss weiter gefüttert werden. Wahrscheinlich hat sie noch nicht viel feste Nahrung bekommen.«
»Ich kann Dephnay stillen«, bot Istril an.
»Ich kann auch helfen«, fügte Siret hinzu.
»Ich glaube, jetzt kann ich essen gehen.« Nylan richtete sich langsam auf.
»Seid Ihr sicher?«, fragte Istril.
»Ich schaffe es schon.« Da Nylan sich endlich bewegen konnte, ohne dass sich gleich alles um ihn drehte, schlurfte er die Treppe hinunter in den großen Saal. Siret und Istril folgten ihm mit den beiden Kindern.
»… Kinder mit silbernen Haaren …«
»… sehen ihm ja auch wirklich ähnlich …«
»… Ingenieur sieht aus wie ausgekotzt …«
»… mir gesagt, er hätte sich beinahe umgebracht …«
»… mehr tot als lebendig«, murmelte Selitra.
»Ganz so schlecht geht es mir nun auch wieder nicht«, gab Nylan heiser zurück. »Ich kann immer noch gut hören.«
Selitra errötete.
Nylan ging an den unteren Tischen vorbei zu seinem Platz. Er brach sich als Erstes ein Stück Brot ab und begann sofort zu kauen.
»Du bist immer noch blass.« Ryba tätschelte Dyliess, die sie vor der Brust im Tragetuch verstaut hatte.
Huldran setzte sich neben Nylan und nickte.
»Das Heilen ist anstrengender als die Schmiedearbeiten oder das Steineklopfen«, grunzte Nylan, als er das erste Stück Brot verspeist hatte.
»Oooh …«, schrie Dyliess.
»Ich bin froh, dass du meiner Meinung bist«, meinte Nylan. »Die Meinung meiner Tochter ist mir wichtig.«
»Oooh …«
Huldran grinste.
Nylan nahm sich ein Stück Fleisch mit Soße. Er wusste nicht, was es war, aber er brauchte kaum das Messer, um es zu zerteilen. Die braune Soße war nicht die scharfe Sorte, die Blynnal als Burkha bezeichnet hatte, sondern mit Zimt und Minze gewürzt und pikant, aber nicht unerträglich scharf. Außerdem überdeckte die Soße das Fleisch, und das war, dachte Nylan, gar nicht so schlecht. Er brach sich noch ein Stück Brot ab und tauchte es in die Soße. Dazu trank er einen Schluck von dem kühlen, teeähnlichen Getränk, das ebenfalls neu war. Es war lange nicht so bitter wie der heiße Rinden-und-Wurzel-Tee, den sie den Winter über getrunken hatten.
Als Nylan mit Essen fertig war und mit einem letzten Schluck kühlem Tee nachspülte, nahm Ryba Dyliess aus dem Tragetuch.
»Kannst du sie mal eine Weile halten?«
Nylan streckte die Arme aus.
»Oooh …«
»Es freut mich, dass du meiner Meinung bist, meine Tochter.«
Ryba stand auf und sah sich
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