Sturz Der Engel
vorschlägt, wie könnte er sicher sein, dass seine Feinde nicht sein schutzloses Land als leichte Beute betrachten?«
»Früher oder später wird es jemand versuchen.«
»In drei Jahren wird Westwind ein ansehnliches eigenes Heer unterhalten, wir werden Bündnisse schließen und eine gefüllte Schatzkammer haben.«
Nylan schüttelte den Kopf. Er war froh, dass Ryba nicht wie er im Dunkeln sehen konnte.
»Zweifle nicht daran, Nylan. Ich sage nicht, dass es nicht teuer erkauft sein wird oder dass es uns in den Schoß fallen wird. Ich sage nur, dass wir siegen werden und dass es die Sache wert sein wird, weil zu unseren Lebzeiten niemand mehr einen Angriff wagen wird, wenn wir es richtig anfangen.«
Dyliess schniefte, schlief aber gleich wieder tief ein und Nylan ließ die Wiege langsam ausschwingen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie für die Wiege zu groß wäre. Er fragte sich, ob er diesen Tag noch erleben würde. Ryba hatte gesagt, Westwind würde die Zeit überdauern. Das bedeutete nicht, dass er selbst überleben würde, aber er wollte nicht danach fragen. Nicht jetzt. Er war auch keineswegs sicher, ob er es wirklich wissen wollte. Er musste zugeben, dass er im Grunde Angst vor der Antwort hatte.
Er legte sich auf seine abgerückte Liege. Rybas Augen waren geöffnet, die Marschallin starrte die kalten Sterne über den Gipfeln im Westen an.
CXXIII
N ylan hob den Hammer und ließ ihn wieder fallen. Er war dabei, eine von unzähligen Pfeilspitzen zu schneiden. Er wusste, dass es auf eine mehr oder weniger nicht mehr ankam, aber er wusste andererseits nicht, was er sonst tun konnte, während sie auf die behäbig anrückenden Streitkräfte aus Lornth warteten. Nein, angesichts der großen Schlacht, die ihnen bevorstand, machte ein Pfeil mehr oder weniger wirklich keinen Unterschied. Ausgenommen natürlich für den Mann, der von ihm getroffen wurde.
Er hob den Hammer und ließ ihn fallen, hob ihn und ließ ihn fallen und konnte dabei von der Schmiede aus das ständige Kommen und Gehen der Boten und Kundschafter beobachten, die Ryba, Fierral und Saryn auf dem Laufenden hielten.
Als er das Stück Eisen ins Schmiedefeuer legte, damit es sich wieder erwärmen konnte, wurde die Triangel zweimal und dann noch zweimal angeschlagen.
»Das ist es, Ser«, erklärte Huldran. »Es wird Zeit, dass wir uns bereitmachen.«
»Bereitmachen? Wozu?« Nylan hatte sich die Signale nicht gut eingeprägt. Zwei und zwei, dachte er, das sollte doch eigentlich bedeuten, dass Silleks Truppen in der Nähe aufgetaucht, aber noch nicht zum Angriff übergegangen waren.
»Für die Späher und die vorgetäuschten Angriffe.« Huldran hob den Hammer und den Setzmeißel und verstaute beides im Regal. Nylan folgte ihrem Beispiel. Es konnte nicht schaden, wenn er noch einmal seine Pfähle inspizierte und sich vergewisserte, dass alle Bestandteile des Lasers einwandfrei funktionierten.
Nachdem er das Feuer abgedeckt hatte, verließ er die Schmiede und sah zum Nachmittagshimmel hinauf. Einzelne Gewitterwolken stiegen über die Gipfel. Die Truppen aus Lornth wollten doch wohl nicht etwa am Spätnachmittag angreifen?
Er ging zum Turm hinunter. Auf der Zufahrt bemerkte er Ayrlyn, die an der Tür stand.
»Das Ende des goldenen Zeitalters«, bemerkte sie ironisch.
»Was?« Er blieb stehen und sah sie neugierig an. »Was meinst du damit?«
Wieder einmal schien für einen Moment ein bläuliches Blitzen in den dunkelbraunen Augen zu flackern, dann verzog sie ironisch den Mund. »Wenn die Engel siegen, werden die Frauen ihre Ketten abstreifen und die Männer werden die Vergangenheit als das goldene Zeitalter sehen. Wenn wir verlieren, werden wir selbst das goldene Zeitalter sein, das von den grausamen, bösen und dummen Männern vernichtet worden ist.« Ihre Stimme veränderte sich, war nicht mehr ironisch, sondern bitter und sarkastisch. »Ich glaube, darauf läuft es wohl hinaus.«
Nylan dachte einen Augenblick darüber nach. »So könnte es sich in der Überlieferung darstellen. Das Problem ist wohl, dass es nicht ganz falsch ist und diesen Planeten richtig beschreibt.«
Ayrlyn deutete zur Mauer der Zufahrt. »Setz dich doch. Die anderen können eine Heilerin, die sich übergibt, sobald jemand getötet wird, so wenig brauchen wie einen Ingenieur, der lieber aufbaut als tötet. Heute brauchen sie uns nicht. Morgen werden sie uns beide brauchen.«
Nylan zog sich auf die niedrige Mauer. »So verbittert habe ich dich, glaube ich,
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