Sturz Der Engel
zu holen, und Ihr wollt reiten?«, fragte Huldran mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich dachte, es wäre eine gute Idee«, sagte Nylan.
»Manchmal, Ser, benehmt Ihr Euch wie ein richtiger Mann.«
Sie lachten beide. Dann trabte Huldran über die gepflasterte Straße zu den Ställen und den Koppeln, wo die Pferde und Schafe untergebracht waren.
Als das frühe Morgenlicht golden auf die Wiesen und Äcker fiel, ging Nylan langsam alle Verbindungen durch und überprüfte mit den Sinnen, welchen Wegen die Energie folgen würde. Er schaltete den Strom noch nicht ein, denn er konnte spüren, dass alles funktionieren würde, und er wusste, dass er jedes Quäntchen Energie für den Kampf brauchen würde.
Als er fertig war, war Huldran noch nicht zurückgekehrt. Er sah nach Westen, wo der Schwarze Turm im Licht vor den noch im Schatten liegenden Hügeln und Felshängen lag, hinter denen sich die hohen Gipfel der Westhörner erhoben. In diesem schräg einfallenden Morgenlicht wirkte das Dach der Welt ausgesprochen friedlich, wenn man von den Wächterinnen absah, die zu den Ställen eilten. Das Gras stand reglos und feucht, die Tautropfen glitzerten wie winzige Diamanten. Es war eine geradezu idyllische Szenerie.
Als Huldran über die Weise ritt und die braune Stute am Zügel mitführte, atmete Nylan auf. Ihm wurde bewusst, dass er in der letzten Zeit ziemlich oft geschnauft hatte – und dass sich nichts verändert hatte. Er musste nach wie vor hunderte von Menschen vernichten, damit Westwind in Ruhe gelassen wurde. Er ging hinter die Stellung und überprüfte den Sattel der Stute, ehe er aufstieg.
Die Triangel wurde dreimal angeschlagen, dann kamen drei weitere Schläge. Ein Trupp oder eine Abteilung Wächterinnen ritt an der Schmiede und dem Turm vorbei, überquerte Nylans kurze Brücke und wandte sich am Ende des Pflasters bergauf. Als sie hinter der Hügelkuppe verschwanden, wurde das dreifache Signal noch mehrmals wiederholt. Nylan stieg auf die Stute und ritt zu den versenkten Spießen.
Ein weiterer Trupp Reiterinnen kam am Turm vorbei. Eine Kämpferin bog in Richtung der Laserstellung ab und änderte dann noch einmal die Richtung, um zu Nylan zu stoßen.
Hinter ihr eilten die drei neueren Wächterinnen über die Wiese, gefolgt von einem schwarz gekleideten Mann – Relyn.
Nylan zügelte das Pferd und wartete auf Ryba.
Die Marschallin begann zu sprechen, kaum dass sie vor ihm angehalten hatte. »Die Truppen aus Lornth formieren sich gerade und marschieren in Richtung der ebenen Fläche hinter dem Höhenzug.« Die Marschallin blickte prüfend zur Sonne. »Ich würde sagen, dass sie am Spätvormittag in unserer Reichweite sind. Entsprechend später, wenn unsere Störmanöver Erfolg haben.«
»Dann hoffe ich, dass ihr äußerst erfolgreich seid«, sagte Nylan.
»Wir werden sehen. Das ist aber etwas, das ich noch nicht sicher weiß. Ich werde versuchen, Boten zu schicken, wenn ich Leute übrig habe.« Sie starrte ins Leere.
»Keine Sorge«, antwortete er. »Ich werde tun, was ich tun kann.« Als ob ich eine andere Wahl hätte.
Als Ryba ihrem Pferd die Sporen gab und zu den Wächterinnen zurückkehrte, blickte Nylan zum großen Wald jenseits der Klippe, die im Osten steil abfiel. Der Wald stand fast als schnurgerade schwarze Linie vor der Morgensonne. Nylan blickte zu Freyja, die im kühlen, klaren Morgenlicht erbarmungslos und hart zu strahlen schien.
Nach einer Weile lenkte er sein Pferd bergauf.
Er stieg nicht ab, weil er fürchtete, den Gegnern etwas zu verraten. Es war nicht ausgeschlossen, dass die Magier aus Lornth beobachten konnten, was er tat. Vielmehr ritt er nur langsam an den Spießen der unteren Linie vorbei und prüfte mit den Sinnen die Konstruktion. Die Verbindungen und Gewichte schienen in Ordnung zu sein, die Seile waren gespannt. Dann ritt er an der oberen Reihe vorbei und wiederholte die Prüfung, bis er schließlich die Stute weiter zur Hügelkuppe lenkte.
Auf der anderen Seite sah es aus wie immer. Keine Fußtruppen sammelten sich dort, keine Kavallerie stellte sich zum Angriff auf. Nur Gras, die Straße und die Bäume.
Er blinzelte und betrachtete die Gegend im Westen. Vielleicht hing dort eine niedrige Staubwolke über den Bäumen, die neben den weitläufigen Wiesen standen, aber die Bäume in der Nähe versperrten ihm den Blick.
Nach einer Weile zog er die Stute herum und ritt wieder die Straße hinunter und dann quer über die Wiese zum Laser.
»Habt Ihr etwas gesehen, Ser?«,
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