Sturz Der Engel
meinen Karren nehmen? Bitte lasst mich gehen.«
»Geh nur«, sagte Ryba.
Der Hirte wandte sich an Nylan.
»Geh und vergiss es nicht.«
»Nein, o Mächtiger. Nein, nein.« Schaudernd lud der Hirte langsam die vier Kisten vom Karren. In jedem steckten zwei Hühner mit rotbraunem Gefieder. Dann nahm er die Zügel des Ponys und löste sie vom Pfahl, den er in den Boden gerammt hatte. Er ließ das weiße Banner, wo es war und führte den Karren bergab. Alle paar Schritte sah er sich ängstlich um.
»Wir brauchen einen Karren«, sagte Nylan, der dem sich entfernenden Hirten nachsah.
»Einen Karren?«, fragte Ayrlyn.
»Um Feuerholz, Ziegelsteine und was weiß ich noch alles zu transportieren.«
»Also gut«, lachte Ayrlyn. »Ich werde mich mit Saryn darum kümmern.«
»Du?«
»Warum nicht? Wenn du Türme bauen und Schwerter schmieden kannst, dann werden wir beide doch wohl fähig sein, einen einfachen Karren zu bauen.«
»Nachdem diese logistischen Fragen geklärt sind, würde ich gern erfahren, wie du ihm solche Angst eingejagt hast, Nylan«, wollte Ryba wissen.
Ayrlyn runzelte die Stirn und wich einen Schritt zurück, als die Marschallin ihren Braunen zum Ingenieur lenkte.
»Was?«
»Ich will wissen, wie du diesen armen Schlucker so eingeschüchtert hast.«
»Er ist noch weniger als ein armer Schlucker, Ser«, wandte Berlis ein. »Er ist ein wertloser Haufen Dreck.« Dann hielt sie inne. »Ich muss aber zugeben, dass der Ingenieur sogar mir einen Augenblick Angst eingejagt hat, dabei habe ich nicht einmal verstanden, was er gesagt hat.«
»Ich warte, Nylan«, sagte Ryba.
Schließlich zuckte der Ingenieur mit den Achseln. »Ein wenig angewandte Psychologie und ein drohender Ton mit einem fremden Akzent.« Sein Kopf pochte ein wenig, als er die Worte aussprach. Er runzelte die Stirn.
»Psychologie, so ein Unsinn«, murmelte Ayrlyn leise. »Hexerei war das, schlicht und ergreifend.«
Nylan errötete, aber Ryba hatte schon ihr Pferd herumgenommen und den Einwurf überhört. Der Ingenieur sagte etwas lauter, damit sie es noch mitbekam: »Ich muss jedenfalls hinunter und die Ziegelmanufaktur überprüfen. Hier oben kann ich im Augenblick sowieso nichts tun und ich möchte bald den Turm fertig stellen, damit wir darin wohnen können.«
Ryba wollte etwas einwenden, verkniff sich aber die Bemerkung und sagte nur: »Also gut. Ich hoffe, du wirst deine Sinne gebrauchen, damit du nicht in Schwierigkeiten gerätst.«
Die leichte Betonung des Wortes ›Sinne‹ entging Nylan keineswegs und er nickte. »Das werde ich tun, Marschallin.«
»Danke, geehrter Magier.« Sie war errötet, als er sie förmlich mit ihrem Titel angesprochen hatte. »Istril und Siret können dich begleiten.« Sie lachte. »Die silbernen Engel.«
Nylan stutzte, aber dann wurde ihm bewusst, dass sie alle drei das helle Silberhaar hatten, das durch den Unterraumsprung entstanden war, der sie zum Dach der Welt geführt hatte.
»Siret kann Llyselles Pferd nehmen«, fuhr Ryba fort. »Du kannst es mit einem der gefangenen Pferde versuchen. Sie sehen so langweilig aus, dass sie für dich geeignet sein müssten.«
Nylan nickte. »In Ordnung.«
»… was war denn da jetzt wieder los?«
Nylan hörte die geflüsterte Frage, mit der Siret sich an Ayrlyn wandte, als er in den Sattel eines alten Braunen stieg.
»Die Herrschaften waren ein wenig förmlich, weiter nichts«, antwortete Ayrlyn trocken.
Nachdem er im Sattel saß, zog Nylan vorsichtig an den Zügeln des Braunen und folgte Siret und Istril den Weg hinunter. Während er holpernd ritt, fragte er sich, warum er unbedingt zur Ziegelmanufaktur reiten wollte. Machte er sich wirklich Sorgen, dass die Banditen sie gefunden und zerstört hatten? Oder nur, weil er eine Beschäftigung brauchte, nachdem er so dumm dagestanden hatte?
Verspätet erinnerte er sich an Rybas Ermahnung und versuchte, mit den Sinnen zu spüren, was jenseits des Weges lag, der sich trotz des Verkehrs zwischen der Ziegelmanufaktur und dem Turm noch nicht zu einer Straße entwickelt hatte. Nach einer Weile holte er die Marineinfanteristinnen ein.
»Ich übernehme die Vorhut«, verkündete Istril, »danach kommt der Ingenieur.«
Nylan wollte Einwände erheben, dann hielt er lieber den Mund. Wenn irgendetwas passierte, spielte es im Grunde keine Rolle, wo er ritt, weil sie nur zu dritt waren. Andererseits, wer sollte hier noch herumlungern, um sie anzugreifen, nachdem sie so viele Banditen getötet hatten?
»Ich hasse diesen
Weitere Kostenlose Bücher