Sturz ins Glück
war, das er ihrem Körper so geduldig zugeführt hatte. Und jetzt diese dreiste Lehrerin, die doch tatsächlich zu glauben schien, dass sie ihn aufhalten konnte. Doch sie wusste nicht, mit wem sie sich angelegt hatte. Reginald Petchey kapitulierte vor niemandem, vor allem nicht vor einer kleinen amerikanischen Schlange, die ihre eigene Bedeutungslosigkeit nicht wahrhaben wollte.
Er nahm sie noch einmal ins Visier und zielte auf ihren auf und ab fliegenden Kopf, der dicht über dem Hals des Pferdes hing. Seine Jagdinstinkte ließen ihn alles andere um sich herum vergessen. Der Rhythmus ihrer beiden Pferde jagte durch seinen Körper. Er konnte seine Bewegungen genau darauf abstimmen. Sein Finger am Abzug spannte sich. Doch Isabella schlug mit ihrem Kopf gegen seinen Arm. Sie fing wieder an, so heftig zu strampeln und zu schreien, dass er sein Ziel nicht fixieren konnte.
„Sei still oder ich lass dich fallen“, brüllte Reginald. Das Mädchen jammerte und bedeckte die Augen mit ihren Händen, aber sie hörte auf zu zappeln. Doch er vertraute ihr nicht. Er lenkte seinen Blick auf ein größeres Ziel.
Der Schuss löste sich lautstark. Der Rückschlag warf seinen Arm nach oben, doch er spürte es, dass der Schuss sein Ziel gefunden hatte.
Die schwarze Stute stolperte mit der Nase voran in ein Loch und warf ihre Reiterin mehrere Meter weit durch die Luft.
Befriedigung durchströmte ihn. Er verlangsamte den Schritt seines Pferdes und vergewisserte sich, dass er von der nervtötenden Lehrerin nichts mehr sah. Nichts. Vielleicht war sie sogar tot. Er konnte es nur hoffen.
Reginald nahm sich nicht die Zeit, die Sache genauer zu untersuchen. Ob sie tot, verletzt oder einfach nur abgeworfen war, zählte nicht. Sie würde ihm nicht weiter folgen.
* * *
Gideon saß an seinem Schreibtisch und schrieb einen Brief an seine Eltern. Falls sie den Brief mit seinen letzten Wünschen, den James ihnen geschickt hatte, nicht schon bekommen hatten, würden sie ihn sehr bald erhalten. Er wollte ihnen versichern, dass er sich mittlerweile gut erholt hatte.
Und wenn dieser zweite Brief sie erreichte, bevor sie nach Amerika aufbrachen, wollte er seine Mutter noch um einen Gefallen bitten. Er wollte die Erlaubnis haben, seiner Braut den Topasring zu schenken, der einmal seiner Großmutter gehört hatte. Er konnte es kaum erwarten, ihr diesen Ring an den Finger zu stecken. Seine Mutter hatte eine ganze Sammlung von Ringen mit den kostbarsten Edelsteinen, die sie ihm angeboten hatte, falls er einmal heiraten würde, doch dieser schlichte Stein passte am besten zu Addie. Sein warmer Schimmer spiegelte ihren Charakter wider und die Art, wie sie Freude an einfachen Dingen fand. Außerdem war er gelb. Gideon grinste. Ein passender Schmuck für seinen Sonnenschein.
Er senkte seinen Blick auf den Brief vor sich und las noch einmal alles, was er geschrieben hatte. Dann nahm er seinen Füllfederhalter, um seinen Namen darunterzusetzen. Er hatte gerade erst ein großes G zu Papier gebracht, als schwere Schritte den Flur entlanggerannt kamen.
„Señor … Señor Westcott!“
Miguels dringliche Rufe ließen ihn aufschrecken. Gideon ließ den Federhalter fallen und sprang auf.
„Hier drinnen!“
Er verzog das Gesicht wegen der Schmerzen, humpelte aber weiter in Richtung Tür. Miguel traf ihn dort. James kam die Treppe hinuntergerannt.
„Was ist los?“, rief sein Freund.
Gideons Augen durchbohrten seinen Vorarbeiter, während er die Frage ruhiger wiederholte.
„Das kleine Pony der Miss … Es ist ohne die niña zurückgekommen.“
Gideons Magen zog sich zusammen, doch er kämpfte die Panik nieder. „Irgendein Zeichen von Adelaide oder ihrem Pferd?“ Addie hätte Bella sofort nach Hause gebracht, wenn die Kleine abgeworfen worden wäre.
„Nein, patrón . Ich bin losgeritten, um zu sehen, ob jemand verletzt ist, aber ich habe sie nicht gefunden. Ich habe etwas anderes gefunden.“ Miguel zögerte, als wolle er den Rest nicht verraten.
Gideons Muskeln spannten sich an. „Was?“
„Drei verschiedene Spuren.“
Eine unheilvolle Ahnung machte sich in ihm breit. „Sattel mein Pferd, Miguel. James, hilf mir nach oben, damit ich meinen Revolver und die Stiefel holen kann.“ Gideon hatte sich schon in Bewegung gesetzt und humpelte, so schnell er konnte, zur Treppe. James hielt ihn an der Schulter fest.
„Du kannst nicht ernsthaft annehmen, dass du ihnen folgen kannst, Gid. Du kannst in deinem Zustand doch nicht reiten. Lass Miguel und
Weitere Kostenlose Bücher