Sturz ins Glück
Angriff auf Gideon geplant hatte? Sie brauchten Schutz.
„Juan?“, rief Adelaide aus der Tür hinaus.
„Sí?“ Er wandte sich um.
„Wenn Miguel noch auf Patrouille ist, schicken Sie ihn bitte her. Er muss Wache halten, während James mir mit Mr Westcott hilft.“
Er nickte und verschwand im Stall.
Adelaide wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Gideon zu. Die Menge an Blut, mit der Juans Hemd sich mittlerweile vollgesogen hatte, ließ ihre Knie schwanken. Sie sah sich um. Außer ihr war nur noch James im Raum, der sie erwartungsvoll ansah.
Mrs Garrett hatte das Abendessen zu Mrs Chalmers und Isabella hinaufgebracht, bevor die Männer Gideon hereingetragen hatten. Sie hatte mit kalkweißem Gesicht zu verstehen gegeben, dass sie zwar ohne Probleme ein Huhn schlachten konnte, den Anblick von menschlichem Blut aber nicht ertragen konnte. Chalmers war draußen auf der Veranda und ersetzte James als Wachposten, wodurch jedoch das Grundstück größtenteils unbewacht blieb.
Gideons Leben lag nun in ihren unerfahrenen Händen. Bis der Arzt kam, stand sie zwischen ihm und seinem Tod. Was, wenn sie ihn nicht retten konnte?
„Gott, schenk mir Weisheit und heilende Hände.“ Sie murmelte das Gebet leise, doch so laut, dass James sie hörte.
„Jetzt ist nicht der Augenblick, um Ihre Sturheit aufzugeben, Adelaide. Sie schaffen das.“
Sie starrte ihn einen Augenblick lang an und wollte ihm so sehr glauben. „Gut.“ Sie sah wieder auf ihren Patienten hinab. „Erst einmal müssen wir ihn aus seinem Hemd bekommen.“ Hitze stieg in ihre Wangen, doch jetzt war nicht der richtige Augenblick für Schüchternheit.
Adelaide wusste nicht viel über die Behandlung von Wunden, aber während sie in Boston gewohnt hatte, hatte sie ihre Tante häufig bei Besuchen im Krankenhaus begleitet. Sie hatte nicht viel mehr getan, als den Patienten die Hand zu halten, doch sie konnte sich noch genau daran erinnern, wie sehr die Krankenschwestern immer auf Sauberkeit bedacht gewesen waren. Alles, was mit dem Patienten in Berührung gekommen war, hatte sauber sein müssen – Bandagen, Bettwäsche, sogar der Raum selbst. Es musste irgendetwas mit dieser Keimtheorie zu tun gehabt haben. Die Krankenschwestern waren überzeugt gewesen, dass Sauberkeit das Infektionsrisiko minimierte und dem Patienten bei der Heilung half.
Adelaide nahm sich vor, auch auszukochen, was Gideons Körper berührte, bis der Arzt aus Menardville eintraf. Und wenn sie ihre Zimperlichkeit überwand, würde sie auch seine Wunde reinigen können.
James hob vorsichtig Gideons Oberkörper an. Adelaide beeilte sich, ihm das blaue Hemd auszuziehen. Die Adern an Gideons Hals traten hervor, als er ein Stöhnen unterdrückte. Sobald sie das Hemd auf den Boden geworfen hatte, legte James Gideon sanft wieder hin. Adelaide war erleichtert, dass sich sein Gesicht ein wenig entspannte. Vorsichtig hob sie den Verband an und untersuchte die Wunde. Gideon stöhnte leise.
Adelaide ließ erschrocken das Hemd los.
„Entschuldigung.“ Mit ihrer Berührung verursachte sie offenbar nur noch größere Qualen. Vielleicht sollte sie einfach auf den Arzt warten? Aber was war, wenn ihr Handeln eine Infektion verhindern konnte? Was, wenn sie die Wahrscheinlichkeit, dass er überlebte, dadurch bessern konnte?
Sie holte tief Luft und hob den Verband noch einmal an. Gideon umklammerte die Tischkante, bis seine Knöchel weiß wurden. Tränen traten ihr in die Augen, doch sie blinzelte sie zurück. Sie musste sichergehen, dass die Blutung aufgehört hatte. Eine Menge Blut war auf seiner Haut und der Kleidung getrocknet, doch sie konnte kein ganz frisches entdecken. Aber wie sollte sie den Verband lösen, ohne die Wunde wieder aufzureißen?
„Was die Wunde betrifft, kann ich nicht viel machen, aber wenn er die Kugel überlebt, soll er nicht an einer Infektion sterben. Wir müssen den Schmutz wegwischen.“
„Sagen Sie mir einfach, was ich machen soll“, sagte James.
„Nehmen Sie heißes Wasser und schütten Sie es in eine Schüssel. Mischen Sie es mit so wenig kaltem Wasser, dass Sie sich gerade so nicht die Haut verbrennen. Dann waschen Sie sich gründlich die Arme bis zu den Ellbogen. Ich mache das Gleiche, sobald ich ein paar Schwämme geholt habe.“
Adelaide knöpfte ihre Ärmel auf und rollte sie hoch, während sie an den Besenschrank trat. Hastig suchte sie nach Schwämmen, die unbenutzt und neu aussahen.
Gott würde sie leiten. Das würde er. Sie musste einfach nur ihre Angst
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