Such mich Thriller
sein Lieutenant, dass er, Riker, nach Chicago fliegen und sich um Schadensbegrenzung bemühen solle. »In Ordnung, Boss, so schnell ich kann … Nein, kein Problem, den Reiseantrag reiche ich nach, wenn ich wieder da
bin.« Der Mercedes rollte auf die Ausfahrt zu, die ihn in die Nähe einer bestimmten Tankstelle in Chicago bringen würde.
Sein Lieutenant redete immer noch, und Riker tat, als hörte er die Geschichte von Gerald C. Lindens abgetrennter Hand zum ersten Mal. Immerhin erfuhr er jetzt zusätzlich zu dem wenigen, was Kronewald ihm erzählt hatte, noch einige Einzelheiten. Laut Jack Coffey war eine Schar von Zivilisten in Illinois auf der Suche nach ihren verschwundenen Kindern. Zwar passte das nicht so recht mit dem Mord an einem erwachsenen Mann in Chicago zusammen, aber Riker hatte den Verdacht, dass Mallory zwischen beidem eine Verbindung sah. Brandneu aber war die Nachricht von dem Revierkampf zwischen dem Morddezernat Chicago und dem FBI.
»Die wollen Kronewald eine Leiche stehlen? Okay, aber dazu brauche ich Charles Butler.« Riker machte einen Schlenker nach rechts, während er sich die Einwände seines Chefs anhörte: sein knappes Budget, die Vorbehalte gegen Psychologen mit mehr als einem Doktortitel und die bekannte Tatsache, dass Charles Butler nur First Class flog.
»Ich könnte ihn wahrscheinlich dazu kriegen, dass er die Kosten für den Flug selbst trägt.« Riker hielt vor der Tankstelle, an der Mallory am vergangenen Abend mit ihrer Kreditkarte gezahlt hatte, und bekam nicht mehr mit, was Coffey noch zu sagen hatte, denn er musste sich auf den erschöpften Mann in dem öligen Monteuranzug konzentrieren, der gerade die Stahltür der Werkstatt aufschloss. So sah einer aus, der Feierabend machte, nicht einer, dessen Arbeitstag eben erst begann. Welche Tankstelle öffnete erst, wenn der Pendlerverkehr vorbei war?
Die Kollegen in Chicago hätten doch jede Menge Psychologen, erklärte Jack Coffey gerade, einer von denen täte es bestimmt auch und würde New York nichts kosten.
»Da seh ich ein paar Probleme«, sagte Riker. »Erstens sind die Psychodocs im Polizeidienst alle Armleuchter, und zweitens weiß Mallory das und wird nicht mit ihnen arbeiten wollen. Bei Charles Butler sieht das anders aus, den mag sie, und ihr Vater mochte ihn auch. Nein, ich fürchte, da wird Beale in den sauren Apfel beißen müssen.« Es würde ein paar Minuten dauern, bis sein Boss das verdaut hatte, aber früher oder später würde er es schlucken. Coffey kannte Butler als einen Mann, der den Mund halten würde, falls sich herausstellte, dass Mallory tatsächlich dienstuntauglich war.
»Also überlegen Sie sich’s, Boss, und rufen Sie mich wieder an, okay?« Riker steckte das Handy ein. Das Tor der Werkstatt war offen. Dahinter kam eine größere Gruppe von Männern mit gelockerten Schlipsen zum Vorschein, die ihre Jacketts über dem Arm hatten, einander die Hände schüttelten und blinzelnd ins Tageslicht hinaustraten. Riker sah Regale mit Werkzeugen an der hinteren Wand, aber auf dem Betonboden keine Ölflecken, nur leere Schnapsflaschen, Zigaretten- und Zigarrenstummel - all das eben, was auf den ersten Blick als die Überreste einer langen Pokerrunde zu erkennen war. Das hier war keine Tankstelle und keine Werkstatt, sondern eine verdammte Spielhölle.
Leichter konnten sie es ihm nicht machen.
Riker ließ den Wagen am Straßenrand stehen und bezog auf dem kleinen Parkplatz vor der offenen Werkstatt Stellung. Mit den Händen in den Taschen, als hätte er alle Zeit der Welt, musterte er die Zocker, und die Zocker musterten den Mann, der so unverkennbar ein Cop war, einer, der sich nie von seiner Waffe trennte. Er brauchte nicht mal seine Dienstmarke zu zeigen. Die Zocker stoben in alle Himmelsrichtungen davon. Der Einzige, der nicht weg konnte, war ihr Gastgeber, der Mann in dem schmierigen Overall.
Mallory blickte durchs Fenster auf den Parkplatz, wo Trooper Hoffman auf der Kühlerhaube seines Wagens saß und eine Sammlung von Zigarettenkippen und anderem Abfall hütete, den der Wind im Lauf der Nacht von der Straße hergeweht hatte. Bei der Unterrichtseinheit Tatortsicherung hatte er offenbar nicht genau aufgepasst, denn statt seine Fundstücke getrennt in beschrifteten Umschlägen zu verwahren, hatte er alles in einen Müllbeutel gesteckt. Was er in der Hand hielt, war fast wertlos, immerhin aber hatte er es gerettet, ehe die ordnungsliebende Elternkarawane eingetroffen war. Wäre Hoffman ihnen nicht
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