Such mich Thriller
Maulwürfe oder Mr. und Mrs. Maulwurf bezeichnete, obgleich sie nicht miteinander verheiratet waren.
Auch ohne Psychologiestudium hätte er die Frühwarnzeichen von Liebe und Lust erkannt, die sich bei ihnen in jener ersten Nacht unter den Sternen, ein paar hundert Meilen hinter Chicago, gezeigt hatten. Seither war die Beziehung immer enger geworden. Sie verschlangen einander mit Blicken, hatten eine eigene Sprache erfunden - Handzeichen, Nicken, Zwinkern und Blinzeln. Was sich um sie herum tat, registrierten sie nicht mehr, so dass Paul Magritte keine Mühe hatte, sich unauffällig zu entfernen.
Er ging den leicht abfallenden Weg zurück bis zum Bisongehege und zu dem Kiefernwäldchen dahinter. Für sein Ritual musste er allein sein.
Charles hatte den Auftrag, einen Tisch mit Aschenbecher für Riker zu organisieren, erfolgreich ausgeführt. Ein Teenager in rotem T-Shirt nahm seine Bestellung auf, und er blieb allein, aber ganz zufrieden an seinem Platz sitzen.
Nachdem er monatelang in der Einsamkeit europäischer Hotelzimmer seine Wunden geleckt hatte, nahm er jetzt wieder die Geräusche von Gläserklirren und Stimmengewirr wahr - ein Beweis dafür, dass es ein Leben nach Mallory gab. Sie hatte ihm sehr gefehlt, und jetzt jagte er wieder einmal hinter ihr her. Inzwischen hatte er sich damit abgefunden, dass es ein Vergnügen war, sie zu verfolgen, und eine Qual, sie zu
erreichen. Trotzdem hielt er durchs Fenster Ausschau nach ihrem Wagen. Nur gut, dass ihr keine Befangenheit mehr anzumerken war. Er hätte wissen müssen, dass sie den Heiratsantrag vergessen hatte, kaum dass seine törichten Worte heraus waren. Wenn er sie sah, starb er jedes Mal einen kleinen Tod und konnte es doch nicht erwarten, sie wiederzusehen.
Eine Show, die nicht weit von seinem Tisch ablief, lockte ihn von seinem Beobachtungsposten weg. Eine Frau in mittleren Jahren blieb bei einzelnen Mitgliedern der Elternkarawane stehen und ließ sich mit ihnen fotografieren. Ein junger Mann aus ihrem Gefolge drückte Charles einen Flyer in die Hand. »Eine berühmte Kriminalprofilerin« hatte ihre Lesetour zu einem Fototermin mit dem Konvoi unterbrochen.
Auch Charles wurde mit ihrem neuesten Buch beglückt. Agent Cadwaller warf es auf den Tisch, während er sich einen Stuhl heranzog. Auf dem knalligen Schutzumschlag triefte Druckerfarbenblut, und in großen Buchstaben wurde die Dame als »forensische Psychiaterin« bezeichnet.
»So nennt sie sich tatsächlich.« Agent Cadwaller glättete sein Haar, wobei er ein Buttermesser als Spiegel benutzte.
Charles drehte das Buch um und las die biographischen Angaben auf der Rückseite. Er nahm den Namen der drittklassigen Hochschule zur Kenntnis, an der sie studiert hatte, und äußerte, es sei eine Schande, dass es Orte gab, in denen noch der unfähigste Medicus ein Schild heraushängen und sich Facharzt für Psychiatrie schimpfen könnte.
Ein junger Mann, der sich als persönlicher Assistent der Autorin vorstellte, machte einen matten Versuch, sie zu verteidigen.
»Sie ist als forensische Psychologin zugelassen, akkreditiert und von der Kammer beglaubigt. Sehen Sie selbst.« Er drückte Cadwaller einen Werbezettel in die Hand.
Der FBI-Agent winkte ab. »Geschenkt. Sie ist von einer Versammlung von Trotteln auf niedrigstem Niveau akkreditiert worden. Das mag legal sein, aber sauber ist es nicht.«
Charles kannte diese Kammer ebenfalls. Jeder geprüfte Installateur musste eine gründlichere Ausbildung nachweisen. Die Autorin nahm das nächste Elternpaar aufs Korn. Charles wandte sich an den FBI-Profiler. »Finden Sie wirklich, dass das eine gute Idee ist? Schließlich geht es in ihrem Buch um Serienmörder.«
»Ich habe versucht, sie zu bremsen.« Cadwaller rückte jetzt mit Hilfe der spiegelnden Messerklinge den Schlipsknoten zurecht. »Heute sind die Reporter am Drücker, sie warten auf ein paar Sätze von ihr, möglichst farbige und blutrünstige. Und Berman rührt keine Hand, um sie zu vertreiben.«
Charles war entsetzt. Die Reporter knipsten wie besessen, während die falsche Psychologin einen Mann gegen dessen Willen an ihre Brust drückte. »Was wissen Sie sonst noch über sie?«
»Von Strafverteidigern wird sie sehr gern angeheuert. Wenn deren Mandant ein Mörder und Sittenstrolch ist und sie mit einer schweren Kindheit punkten wollen, sind sie bei ihr genau richtig.« Er deutete auf eine Zeile des Flyers. »Das hier ist gelogen. Sie hat nie bei einer polizeilichen Ermittlung
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