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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Schönheit auch im Alter von fünfzig Jahren üppig gedieh, verhalf ihr das zu einer unerschütterlichen Zuversicht. Das Grau in ihrem blonden Haar ließ es nur umso blonder aussehen. Die kläglichen Misserfolge ihrer Köchin wirkten sich segensreich auf ihre Knochenstruktur aus, indem sie »diesen Babyspeck an meinem Kinn« wegschmolzen. Vor drei Sommern, als ein Fieber sie während eines Wochenendes in Caros Landhaus erwischt hatte, hatte sie in honigsüßem Ton Alex gegenüber bemerkt, dass die Fieberröte auf ihrem Gesicht ihre haselnussbraunen Augen strahlend grün aussehen ließe. Ob er ihr nicht zustimme?
    Er hatte tatsächlich zugestimmt, aber er hatte auch dafür gesorgt, nicht mehr mit ihr allein zu sein. Sie hatte die beunruhigende Angewohnheit, mit ihm zu reden, als wäre sie zwanzig und in einem Puff aufgewachsen. Noch schlimmer war es jedoch bei den seltenen Gelegenheiten, wenn ihr Ehemann anwesend war. Er neigte dazu, hinter ihr zu stehen und aufmunternd zu nicken, als wollte er sagen:
Nur zu, nutz deine Chance bei ihr. Ich habe nichts dagegen.
    »Der Mangel an Sonne ist ein vernünftiger Hinweis«, entschied Belinda. »Gwen braucht einen fröhlichen Ort.«
    »Hmm«, sagte Alex. »Das schließt England aber aus, oder?«
    Belinda warf ihm einen scharfen Blick zu.
    »Also nicht der Norden«, sagte Elma zögernd.
    »Nein, nicht der Norden«, bestätigte Belinda.
    Seufzend lehnte Alex den Kopf in den Nacken und betrachtete die Decke. Es war eine Liste interessanter Orte, die man aufgestellt hatte. Wegen der Schande konnte Gwen nicht in London bleiben. Wegen des Stolzes konnte sie nicht in den Süden reisen. Wegen der darniederliegenden Lebensgeister kam der Norden nicht infrage. Und im Osten lag das Meer.
    Seine Augen waren ihm zugefallen.
    Er zwang sie auf und sagte: »Bliebe noch der Westen.«
    Sein Sarkasmus war an Elma verschwendet. »Sie meinen also Wales?«
    Da war er wieder, ihr honigsüßer Ton. Alex wandte den Kopf, um sich zu überzeugen. Ja, sie stellte sich für ihn in Positur. Mit der Hand strich sie über den Ausschnitt ihres Kleides. Alex unterließ es, jetzt zu ihrem Ehemann hinüberzublicken.
    Belinda räusperte sich. Sie sah skeptisch aus, und er dachte, dass das vielleicht nicht nur wegen Wales der Fall war. »Vielleicht Herefordshire.«
    »Irland«, rief Caroline. »Whisky muntert eine Lady ebenso auf wie einen Mann.« Sie sah jetzt auffällig zu Henry Beecham hinüber, der nicht angeboten hatte, seinen Whisky zu teilen.
    »Boston?« Elma zog die Stirn kraus. »Kennen wir jemanden in Boston?«
    »Neufundland«, schlug Alex vor. »San Francisco – ein bisschen neblig, zweifellos, aber die meisten Londoner würden das Klima dort tropisch nennen. Oder warum nicht China? Gehe immer weiter nach Westen, und du wirst ein Ziel finden. Bei mir gelingt das.«
    »Du könntest wünschen, das nochmals zu überdenken«, sagte Caro. »Wenn ich mich recht erinnere, bist du letztes Jahr aus China hinausgeworfen worden.«
    »Bin ich das? Nun, das erklärt die barsche Antwort auf meinen Gruß an die Hafenbehörde – ich dachte, ich wäre in Japan.«
    »Dein Leichtsinn nützt niemandem«, warf Belinda ein.
    Er zuckte die Schultern. »Ihr schlagt vor, Gwen irgendwo zu verstecken, ganz so wie ein zerbrochenes Spielzeug. London ist ihr Zuhause, und ihr wollt sie daraus vertreiben. Handelt so ein Freund?«
    Caroline beugte sich vor. »Alex, du
musst
versuchen, das zu verstehen. Es ist ganz und gar nicht so wie beim letzten Mal! Dieses Mal hat sich der Bräutigam aus dem Staub gemacht. Und das auf eine so schreckliche Art und Weise – dabei brauchte er doch so dringend ihr Geld! Die Leute werden annehmen, dass er im allerletzten Moment irgendetwas Schreckliches über Gwen herausgefunden hat.« Sie wurde blass und sackte in sich zusammen. »Ich fürchte wirklich, sie ist …«
    »Ruiniert«, wisperte Belinda.
    Elma zuckte zusammen.
    »Um Himmels willen.« Als Alex auffiel, wie hart seine Stimme geklungen hatte, riss er sich zusammen. »Es ist doch nicht so, als sei sie in flagranti delicto erwischt worden. Ihr redet von Londons Liebling. Ich hoffe, ihr trichtert ihr diesen Unsinn nicht ein. Sie ist dumm genug, das zu glauben.«
    »Du bist ja so naiv«, stellte Belinda mitleidig fest. »Wie kommst du nur an all diesen fremden Orten zurecht, die du besuchst?«
    Er seufzte. Bei einem Streit war Belinda wie ein Hund mit seinem Knochen: Niemals ließ sie von ihrer Meinung ab. »Naivität bedeutet in diesem Fall

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