Süchtig
der mich am Nacken gepackt hielt.
Er setzte mir eine Nadel an den Hals. Ich spürte, wie sie die Haut durchbrach, und stellte mir für einen Augenblick vor, wie sich die Zellen teilten. Der Druck war nicht stark, gerade fest genug, um mich den verzweifelten Widerstand meines Muskels spüren zu lassen.
»Was ist mit Annie passiert?«, keuchte ich.
Der Druck nahm langsam, aber beständig zu. Ein weißer Blitz zuckte vor meinen Augen, aber ich wusste, dass das erst der Anfang war. Irgendwann würde es ein großes Blutgefäß und schließlich meine Wirbelsäule treffen. Rechts von mir konnte ich ein blaues Hosenbein erkennen. Ich griff danach und zerrte ein wenig daran. Ein schwacher Versuch. Der Mann stocherte mit der Nadel in meinem Körper herum. Ich ließ los, und das Bein verschwand aus meiner Reichweite.
»Das erzählen wir Ihnen, wenn wir wissen, wo der Computer ist«, sagte die Person, die meine Füße hielt.
Die Stimme kannte ich! Im selben Moment fiel mir bei dem Mann, der meinen Kopf nach unten drückte, ein roter Ausschlag in der Ellenbogengegend auf. Schuppenflechte. Das passte zu dem, was ich von der Polizei in Santa Cruz erfahren hatte.
Die beiden waren Partner. Der hünenhafte Velarde hatte Annies Tod untersucht. Jetzt bohrte er mir Nadeln in den Hals, während Danny Weller meine Füße wie in einem Schraubstock hielt.
Zu meiner Überraschung zeigte Samanthas Behandlung tatsächlich Wirkung. Seit Tagen war mein Kopf nicht mehr so klar gewesen.
»Da wird einem ja schlecht«, sagte Velarde. Er ließ mich los, holte ein Paar Handschellen heraus und fesselte meinen rechten Arm an die Liege.
»Was soll denn das?«, fragte Weller.
»Von diesem New-Age-Gedudel kriege ich Kopfschmerzen.«
Velarde schaltete den CD-Player aus und stellte einen Pop-Rock-Radiosender ein. Ich sollte zu den jubilierenden Klängen von Céline Dion gefoltert werden.
»Das hier ist für Timmy Aravelo«, sagte Officer Velarde, der es mir offenbar verübelte, dass ich den gewalttätigen Cop ins Gefängnis gebracht hatte. Er fing an, eine Nadel an meiner rechten Schulter zu drehen, die er mir offenbar direkt in den Muskel jagen wollte.
»Hör auf, Ed«, sagte Weller. »Aravelo war eine Landplage, genau wie sein Bruder.«
»Solidarität unter Berufskollegen«, erwiderte Velarde. »Vergiss nicht, dass die Polizei unser Brötchengeber ist.«
Whitney Houston sang The Greatest Love of All, und Velarde summte mit, während er sich anschickte, mir eine Nadel in den Hals zu stoßen. Ich wand mich bereits bei dem Gedanken an die Qualen, die mir bevorstanden, vor Schmerz. Samantha hatte am ganzen Körper verteilt mindestens ein Dutzend Nadeln gesetzt, die er mir in den Lendenwirbelbereich, den Ellbogen oder die Kniekehle jagen konnte. Mir wurde schwindelig, und ich fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren.
»Ich würde Ihnen raten, mir alles zu erzählen«, sagte er. »Ansonsten werfen wir Sie zu Ihrer Freundin in den Pazifik. Da können Sie von mir aus bis in alle Ewigkeit planschen.«
Ich brachte keine Antwort heraus.
»Das kriegen wir schon hin, Edward«, meinte Weller beruhigend. Er lockerte seinen Griff um meine Füße, hielt sie aber fest genug, um mich am Aufstehen zu hindern.
»Hören Sie, Idle, ich habe mir mit Ihnen wirklich Mühe gegeben. Aber wenn Sie nicht kooperieren wollen … Diese Leute sind nicht gerade für ihre Geduld bekannt.«
Weller, der gute Cop.
»Uns läuft schlicht und einfach die Zeit davon. Au ßerdem haben Sie sich mit Ihrer Schnüffelei ziemlich unbeliebt gemacht.«
»Weller, was wollen die von mir? Was will Glenn
Kindle? Erfüllen Sie einem Sterbenden seinen letzten Wunsch, und sagen Sie es mir!«
Er ging nicht darauf ein.
»Wenn Sie uns helfen, den Laptop von dieser Schwuchtel zu finden, können wir alle unserer Wege gehen.«
»In Ordnung«, sagte ich. »Aber erst mal muss ich zu Atem kommen.«
Sein Griff lockerte sich. Gab es irgendeine Möglichkeit zu fliehen?
»Das Verfahren gegen Aravelo wurde gar nicht wieder aufgenommen«, sagte ich. »Das haben Sie erfunden.«
Ich spürte, wie er mein Bein mit Handschellen an der Liege befestigte.
»Stimmt. Irgendwie musste ich ein Vertrauensverhältnis herstellen.«
»Ich verstehe ja, dass Sie Informationen brauchen. Aber diese Aktion hier passt doch gar nicht zu Ihnen«, gab ich zu bedenken.
Weller ließ mein rechtes Bein los. Ich zerrte daran. Tatsächlich gelang es mir, es fünf Zentimeter weit anzuheben, bevor mir das Metall ins Bein
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