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Südbalkon

Südbalkon

Titel: Südbalkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Straub
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Ich füllte den Einkaufswagen mit Babydry-Windeln, Rasseln, Stilleinlagen, Strampelanzügen, einem Happiness-Alphabet, einer Schaukelwippe, einem Babyklavier, auf dem man tatsächlich spielen konnte. Wir sprachen wenig und suchten – kaum war der Wagen voll – eine stille Ecke auf, meistens verschanzten wir uns hinter den billigen Polyesterlätzchen aus Taiwan. Während Maja Wache schob, breitete ich meine Arme über die Waren, bettete meinen Kopf auf eine Pippi Langstrumpf aus ökologischer Baumwolle und wiederholte den Satz Ich heiße dich willkommen wie ein Mantra. Ich heiße dich willkommen. Ich heiße dich willkommen. Danach brachten wir alleTeile wieder zurück an ihren Platz und verließen den Babysupermarkt mit leeren Händen.
    Manchmal sagte Maja: Behalte doch ein paar Dinge. Das Happiness-Alphabet zum Beispiel: bunte Buchstaben aus einem undefinierbaren flauschigen Material, groß wie Kleinkindunterschenkel. So was könne man immer brauchen, sagte sie. Die Buchstaben haften auf allen glatten Oberflächen, daraus lassen sich Worte bilden: Ruth. Raoul. Baby. Zum Beispiel. Oder Neid. Missgunst. Sogar ein Fragezeichen gab’s, damit ließe sich »Warum?« schreiben.
    Warum Judith und nicht ich? Weshalb bekommen immer diejenigen ein Geschenk, die es nicht richtig würdigen können? Ich schließe die Tür zur Toilette. Die Wesselys schlafen, da ist nichts zu machen. Ich könnte die Kaffeemaschine entkalken, ich könnte die hellblauen Fliesen auf der Toilette einzeln putzen oder ein Kreuzworträtsel lösen. Wer nicht schläft, hat doppelt so viele Entscheidungen zu fällen wie einer, der nur tagsüber wach ist. Im Namen des Achilles entscheide ich mich schließlich dafür, die Hornhaut an den Fersen abzuhobeln. Der Hornhauthobel liegt in der Bürstenschublade. Ich setze mich auf den Rand der Badewanne. Meine Füße sind grau und staubig. Herr Othmar hatte mir einmal eine Fußpflege-Ausbildung angeraten, und als ich ablehnte, war er wie gewöhnlich fassungslos. »Wieso denn? In den Füßen versteckt sich ein Viertel aller Knochen des menschlichen Körpers. Ein Wunderwerk der Natur!«
    An der Sohle klebt ein Glassplitter. Ich entferne ihn mit Daumen und Zeigefinger. Als ich auf den Weg zum Mülleimer genauer hinsehe, sticht mir seine perfekte Symmetrie ins Auge. Das ist kein Glassplitter: Es ist Majas Kontaktlinse.

11
    »Und? Wie fühlt es sich an?«, fragt der Mann.
    Er sieht zu mir herüber. »Verehrtes Fräulein, bin ich Ihrer Meinung nach zu nah an Ihnen dran?«
    »Gerade richtig«, sage ich aus Verlegenheit. Ich verfüge über keinerlei nennenswerte Doppelbett-Erfahrung.
    Der Mann sprach mich in der Bettenabteilung an und bat mich, für einen Moment seine Frau zu vertreten und mich in gebotener Distanz zu ihm ins Doppelbett »Halma« zu legen. Auf der rechten Seite wohlgemerkt, denn er sei »ein Linkslieger « , sagte er. Immer links, andernfalls könne er nicht schlafen. Ich bräuchte nichts Besonderes tun, »einfach nur daliegen«.
    Ich streckte mich auf meiner rechten »Halma« - Seite aus und begann sofort zu träumen. Wenn wir in eine größere Wohnung zögen mit einem separaten Schlafzimmer, könnten wir dieses Bett in die Mitte des Raums stellen und rundherum mit Farn dekorieren, eine Traumfabrik inmitten des Dschungels.
    »Nehmen wir mal an, Sie wollten ein wenig – nun: kuscheln«, tönt es von meiner linken Seite. »Wie machen Sie das üblicherweise? Greifen Sie einfach hinüber? Oder gehört das verehrte Fräulein zu den Anschleicherinnen, die warten, bis der Partner ihnen den Rücken zudreht, um sich wie ein Rucksack an ihn dranzuhängen?«
    »Das ist mir jetzt zu nah«, sage ich.
    »Also doch«, seufzt der Mann und richtet seinen Blick an die Decke. »Herta will getrennte Betten, Twin-Betten wie inamerikanischen Hotelzimmern, hat sie gesagt, doch getrennte Betten sind für mich der Anfang der Ehezerrüttung. Zunächst getrennte Betten, dann essen wir an unterschiedlichen Tischen, zuletzt lässt sie ein zweites Bad einbauen. Mir kann es nicht nah genug sein. Was halten Sie davon, Fräulein?«
    »Ich war noch nie in Amerika«, sage ich.
    »Twin-Betten«, sagt er, »sind der Anfang vom Ende. Ein harmloses Wort für eine Erfindung des Teufels. Zuerst driften die Gedanken auseinander, dann die Körper. Ich suche das ideale Doppelbett, Fräulein, ein Bett, in dem man auch zu zweit alleine ist. Wenn meine Frau das wünscht, soll es so sein.«
    Durch die Bewegung auf der Matratze ist das Hemd des

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