Sünden der Leidenschaft
einem Pokertisch sitzen. Möchten Sie nicht lieber Whist spielen?«
»Nein, ich würde lieber Poker spielen, denn Papa hat gesagt, das sei ein sehr aufregendes Spiel«, erklärte Flora süßlich.
Bevor Ellis antworten konnte, mußte er sich erst einmal räuspern. Er wirkte betrübt. »Das Pokerspiel könnte ein bißchen zu aufregend für Sie sein, meine Liebe. Die Einsätze sind hoch.«
»Wie wunderbar«, rief sie aus. »Lassen Sie uns hineingehen.«
»Ist Ihr Vater denn damit einverstanden?« fragte er konsterniert.
»Ich habe mein eigenes Geld, Ellis. Er muß nicht einverstanden sein«, sagte sie ein wenig verzweifelt.
»Ich verstehe.« Es war allgemein bekannt, daß Flora das Vermögen ihrer Mutter geerbt hatte. Der Besitz der Yankee-Shipping-Gesellschaft hatte durch den Bürgerkrieg fantastische Ausmaße angenommen.
»Gleichgültig, wie unabhängig Sie auch sind, wenn Ihr Vater das wüßte, würde er sicher nicht wollen, daß Sie eine so hohe Summe Ihres Erbes riskieren«, fuhr Ellis unbeirrt fort.
»Aber deshalb ist es doch mein Geld, Ellis – weil ich damit machen kann, was ich will«, erklärte Flora, als wäre er schwer von Begriff. »Ich möchte gern spielen.« Sie hörte plötzlich auf zu tanzen.
»Wenn Sie darauf bestehen, Lady Flora«, erklärte Ellis steif. »Aber ich warne Sie, es ist höchst ungewöhnlich. Harold schätzt es nicht, wenn Damen bei seinen Spielen anwesend sind.«
»Harold schien so charmant zu sein«, zwitscherte Flora theatralisch und ignorierte Ellis’ erneuten Versuch, sie davon abzuhalten. Seine Vorstellungen von weiblicher Etikette, die für einen Südstaatler typisch waren, ließen sie kalt.
»Warum versuchen wir nicht herauszufinden, ob er mich mitspielen läßt?«
George Bonham hatte sich schon früher am Abend zu Adam gesellt, aber als Flora mit Ellis Green den Spielsaal betrat, war es fast Mitternacht. Am Pokertisch angekommen, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln zu den Spielern: »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich bei der nächsten Runde einsteigen würde?«
Harold Fisk, der über Frauen, die Karten spielen, sonst nur schlecht redete, stolperte fast über seine eigenen Füße, als er nach einem bequemen Stuhl für Flora suchte. Sie lächelte ihn an und setzte sich in ihre Wolke aus weißem Tüll mit den gestickten roten Tulpen, berührte ihr Kinn leicht mit dem gefalteten Fächer und blickte ihn betörend und hilflos an. »Ich würde gern mit Ihnen spielen, Mr. Fisk. Ich habe gehört, daß Sie einer der besten Spieler sind.«
Der Punkt geht an sie, dachte Adam trocken. Als Flora ihren Satz zu Ende gesprochen hatte, hatte Harold Fisk bereits vergessen, daß er verheiratet war.
»Was spielen wir?« erkundigte sie sich sanft. Ihre veilchenblauen Augen glitten unschuldig über die Sitzenden. Sie nahm den Fächer aus Elfenbein und Spitze von ihrem Handgelenk und legte ihn auf den Tisch. Dann ordnete sie einige Sekunden lang den Tüllärmel an ihrem Oberarm – eine sinnliche, höchst intime Geste, die garantiert von jedem Mann beobachtet wurde. Ihre wundervollen Schultern und Arme schimmerten im Lampenlicht, und ihre Brüste hoben sich in ihrer üppigen Pracht aus dem weiten Ausschnitt ihres Kleides, die seidene Haut eingerahmt vom duftigen, mit Bändchen besetzten Tüll, einladende Geschenke für die Augen.
»Welches Spiel auch immer Sie wollen, meine Dame«, antwortete Harold schnell. Er versuchte, nicht auf ihren hellen, halbentblößten Busen zu starren.
»Mhm.« Sie drehte sich zu Ellis um, der sich einen Stuhl genommen und hinter sie gesetzt hatte. »Haben Sie einen Vorschlag?«
»Warum sollen wir nicht einfach ziehen? Das ist nicht zu kompliziert.«
»Sind alle damit einverstanden?« Sie sprach mit der Stimme eines kleinen Mädchens, und die Männer, die am Tisch saßen, lauschten gebannt.
Bis auf einen. Adam lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sein Blick war kühl, während Lord Haldane sich freute, daß Flora am Tisch Platz genommen hatte, weil er aufhören wollte. Als Spielerin hatte sie ihn längst überholt, schon bevor sie ihre Schulmädchenzöpfe abgeschnitten hatte.
Bei den ersten drei Runden spielte Flora eher bescheiden, verlor ein wenig Geld, ließ nur zeigen, erhöhte nie, beobachtete die einzelnen Spieler und ihre Art zu spielen. Jedesmal, wenn sich Ellis gelegentlich nach vorn beugte, um ihr einen Rat zu geben, dankte sie ihm artig und spielte die Karte aus, die er vorgeschlagen hatte. Als sie um ein Glas Champagner bat, liefen
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