Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Suenden der Vergangenheit

Suenden der Vergangenheit

Titel: Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Golden
Vom Netzwerk:
wenig, sondern gar nicht, wie er sich eingestehen musste.
    Er war wie betäubt. Sein Erinnerungsvermögen war im besten Fall als verschwommen zu bezeichnen. Irgendetwas stimmte nicht, so viel war ihm klar. Er hatte in der vergangenen Nacht dieses Gesicht gesehen, das Gesicht im Fond der Limousine. Es war natürlich unmöglich, vermutlich eine Halluzination. Oder irgendeine besonders quälende Form der psychologischen Kriegführung.
    Und, oh, es quälte ihn.
    Es konnte nicht sein. Er war sich dessen sicher. Es war einfach unmöglich, dass die Person im Fond der Limousine jener Mann gewesen war, der er zu sein schien. Er war schließlich tot.
    Giles hatte seine Grabrede gehalten.
    Dennoch, das Bild verfolgte ihn noch immer. Das und der brutale Überfall und die Vampire - wie waren sie in seine Wohnung gelangt? - und Buffys Fragen. Es irritierte ihn, dass ihre Fragen ihn so verwirrt und derartige Feindseligkeit und Schuldgefühle bei ihm ausgelöst hatten.
    Es war, als wäre sein Bewusstsein in dicke Watte gepackt. In vielerlei Hinsicht erinnerte es ihn an die Experimente aus den dunklen Tagen seines Lebens, als er sich mit Ethan Rayne herumgetrieben und seine Nase in Dinge gesteckt hatte, die man besser nicht anrührte. Aber in der letzten Zeit hatte er sich nicht mit schwarzer Magie oder ähnlichen Dingen beschäftigt.
    Doch trotz des Nebels, der sein Denken umhüllte, konnte Giles spüren, dass die Morgendämmerung nahte. Er konnte spüren, dass sich der Nebelschleier bald auflösen und Klarheit weichen würde. Sein Verstand kämpfte gegen die dumpfe Benommenheit an, und er wusste, dass der Sieg nur eine Frage der Zeit war.
    Seine Gedankengänge wurden von einem Klopfen an der Bürotür unterbrochen. Er drehte den Kopf und sah Karen Blaisdell im Rahmen stehen. Ein wunderschönes Lächeln umspielte ihre Lippen, und ihre Augen funkelten auf eine Weise, die ihn sofort verzauberte. Giles erwiderte ihr Lächeln.
    »Du siehst irgendwie besorgt aus, Giles«, sagte sie liebevoll.
    »Mir geht es gut«, antwortete er. »Ich habe nur ein wenig nachgedacht.«
    Karen durchquerte langsam das Büro. Sie blieb vor ihm stehen, griff nach seiner Brille und nahm sie ab. Giles reagierte sofort. Er zog sie an sich, und sie setzte sich auf seinen Schoß. Ihre Lippen berührten seine, ihr Mund öffnete sich für den Kuss. Sie fuhr mit den Fingern durch sein Haar, und Giles spürte eine Leidenschaft, wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte. Dies war eine Frau, deren Weiblichkeit fast urtümlich war, eine Frau, um deren Gunst zu kämpfen sich lohnte, ein Gesicht wie das der Helena von Troja, begehrenswert genug, um tausend Schiffe in See stechen zu lassen.
    Und dieser Kuss...
    In Karens Kuss lösten sich alle Sorgen und Befürchtungen so vollständig auf, dass Giles, als sie sein Büro verließ, sich kaum noch daran erinnern konnte, was ihm überhaupt solche Sorgen bereitet hatte.
    Als er wieder allein war, berührte er seine Lippen mit den Fingern und stellte fest, dass sie noch immer warm von ihrem Kuss waren. Die Uhr an der Wand verriet ihm, dass fast vierzig Minuten vergangen waren, doch er konnte sich kaum daran erinnern. Für einen kurzen Moment keimte Panik in ihm auf, das Gefühl, dass irgendetwas auf schreckliche Weise nicht stimmte, doch dann verschwand das Gefühl wieder.
    Er konnte nur noch an Karen Blaisdell und ihren Kuss denken.
    Diese Frau ist etwas Besonderes, dachte er.

5

    Okay, Buffy hat mich darum gebeten, und es dient einem guten Zweck, also hat es nichts mit Spannen zu tun, richtig?, dachte Xander.
    Er stand an einer T-förmigen Kreuzung des Korridors, spähte um die Ecke und sah Miss Blaisdell nach, wie sie den Flur hinunterging. Ihre langen roten Haare fielen wallend über ihren Rücken und ihre Schultern, und Xander konnte nicht verhindern, dass ihn der rhythmische Schwung ihrer Hüften ein wenig hypnotisierte.
    Ich bin kein Perverser, sagte er sich. Nur ein normaler, heißblütiger amerikanischer Mann. Und es dient einem guten Zweck... wie kann es falsch sein, wenn es sich so gut anfühlt?
    Grinsend verfolgte er, wie die Lehrerin leise an die Tür von Direktor Snyders Büro klopfte. Während sie auf dem Gang wartete, sah sie sich um, und Xander zog hastig den Kopf zurück. Er war ziemlich sicher, dass er nicht der erste Schüler war, der ein bisschen zu viel Interesse an Miss Blaisdell zeigte, aber er wollte nicht dabei erwischt werden. Wenn sie irgendetwas im Schilde führte, würde sie so nur Verdacht schöpfen.

Weitere Kostenlose Bücher