Sündenfall: Roman (German Edition)
Gefängnis von Montelupich in ihm hoch – das Schluchzen und die Schreie eines armen Teufels, der in der Nachbarzelle bearbeitet wurde.
»Erstens bist du nicht dafür verantwortlich, ob er bestraft und ob ihm verziehen werden wird«, entgegnete der alte Mann und sah Janusz an. »Möglicherweise hat Pan Zamorski diese Verbrechen gegen sein Land ja schon vor langer Zeit gestanden und dafür angemessen gebüßt.«
Janusz nickte und wartete auf das abschließende Urteil des Priesters.
»Als polnischer Patriot sagen mir all meine Instinkte, dass ein Mann, der Schuld auf sich geladen und sein Vaterland verraten hat, enttarnt und bestraft werden sollte«, sprach Pietruzki weiter. Er holte Luft und seufzte aus tiefstem Herzen auf. »Doch als Priester glaube ich, dass du dich für den christlichen Weg entschieden hast.«
Janusz neigte den Kopf. »Danke, Pater.«
Er kniete nieder, um den Segen des Priesters zu empfangen, und ließ das wohlklingende Latein über sich hinwegbranden. Als er wieder aufstand, fühlte er sich seltsam gereinigt – so, als seien die Sünden der Vergangenheit, die er soeben gebeichtet hatte, nicht Edward Zamorskis, sondern seine eigenen.
Am Nachmittag machte Janusz es sich in einem Lehnsessel im Wohnzimmer gemütlich. Die große Mittelscheibe des Fensters stand offen – dank eines der für England typischen abrupten Wetterumschwünge war endlich der Frühling angebrochen. Janusz blätterte sein altes Adressbuch durch: Da Adamski auf der Flucht war, war ihm inzwischen sicher das smalz ausgegangen, weshalb ihm nur eine Möglichkeit offenstand – auf seine Erfahrung auf dem Bau zurückzugreifen. Obwohl Janusz seit etwa zehn Jahren nicht mehr selbst auf einer Baustelle gearbeitet hatte, hatte er den Kontakt zu den größeren Firmen gehalten und als inoffizieller Arbeitsvermittler Tausenden von jungen Polen zu einer Anstellung verholfen.
Nachdem er seine Verbindungsleute auf Wachsamkeit eingeschworen hatte, saß er nachdenklich da, streichelte Copernicus, der es sich auf seinem Lieblingsplatz auf der Armlehne bequem gemacht hatte, und schaltete den polnischen Nachrichtensender ein. Die zweite Meldung berichtete, Zamorski habe ein neues Kinderkrankenhaus in Lublin eröffnet: Der Präsdentschaftskandidat wirkte selbstbewusst und in sich ruhend und scherzte mit den Anwesenden, als sich der Vorhang vor der Gedenkplakette nicht sofort öffnen ließ. Doch als er von der Bühne trat und von seinen Assistenten weggeführt wurde, glaubte Janusz zu erkennen, dass seine Körperhaltung angespannt und sein Lächeln gefroren war. Sicher war es nicht einfach, darauf zu warten, dass die Bombe platzte. Wenige Minuten später läutete sein Telefon, und auf dem Display war der Name Konstanty Nowak zu sehen.
»Cze ść « , meldete sich die energische Stimme. »Ich dachte, ich melde mich einmal, um festzustellen, ob Sie bei der Suche nach unserem Freund schon Fortschritte gemacht haben.« Im Hintergrund dröhnte der Verkehrslärm so laut, dass Janusz den Mann kaum verstehen konnte.
Janusz spielte auf Zeit. »Pater Pietruzki hat mir erzählt, Sie wollten heute Obdachlose von der Straße aufsammeln«, erwiderte er. Offenbar hatte Nowak in dieser Woche eine Gruppe freiwilliger Helfer nach London begleitet, um gestrandete Polen zur Rückkehr nach Hause zu bewegen.
» Tak , das stimmt. Doch nachdem ich mir drei Stunden lang von Säufern anhören musste, wie sehr ich die sexuelle Beziehung zu meiner Mutter genieße – Gott schenke ihrer Seele Frieden –, habe ich mir eine Pause ehrlich verdient.« Nowak klang aufgeräumt. »Ich werde die jungen Leute eine Weile allein weiterarbeiten lassen. Also, kann ich Edward etwas Neues berichten?«
»Nun«, antwortete Janusz. »Ich bin verschiedenen Spuren nachgegangen und veranstalte im Moment eine große Umfrage bei allen meinen Kontakten in London.«
»Kann ich vielleicht irgendetwas tun? Sind Ihre Kosten auch abgedeckt?«
»Ja, alles bestens«, entgegnete Janusz. »Hat sich unser Freund wieder mit … Edward in Verbindung gesetzt?«
»Kein Wort, seit über einer Woche«, sagte Nowak verwundert. »Man möchte meinen, dass er darüber erleichtert ist, aber es scheint ihn nur noch nervöser zu machen.«
»Es steht ja auch viel auf dem Spiel«, meinte Janusz und warf einen Blick auf die Datumsanzeige seiner Armbanduhr. Gütiger Himmel! Bis zur Wahl waren es nur noch drei Tage.
»Ja, Sie haben natürlich recht«, erwiderte Nowak. Er sprach mit jemandem im Hintergrund. »Ich
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