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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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wird. Das gibt uns Gelegenheit, unsere Ziele und das Zusammenleben in der Gemeinschaft darzustellen.« Romain Holländer rieb sich kurz die Hände und ließ ein strahlend weißes Lächeln aufblitzen.
    Es klopfte und die Frau vom Eingang erschien mit einem Tablett. Lara fühlte eine kleine Enttäuschung. Bis jetzt war die Illusion, in einem viktorianischen Film mitzuspielen, perfekt gewesen. Die Thermoskanne aus schwarzem Plastik machte alles zunichte. Gleichzeitig erinnerte sie Lara aber daran, dass sie nicht hier war, um sich von einem Charmeur mit blauen Augen hypnotisieren zu lassen. Sie schob die linke Hand vorsichtig in ihre Handtasche, schaltete das Diktiergerät ein, tastete dann nach dem Notizbuch und legte es auf den kleinen runden Messingtisch. »Ist es in Ordnung, wenn ich mir das eine oder andere aufschreibe?«
    »Aber sicher. Tun Sie das.« Wieder flammte das Tausend-Watt-Lächeln auf und Lara spürte kleine Ameisenbeine über ihren Rücken laufen.
    »Wie sind Sie eigentlich auf uns gekommen?« Die blauen Augen leuchteten aus dem kantigen Gesicht. Romain Holländer war attraktiv. Sehr attraktiv. Und er war sich dessen bewusst.
    »Wir planen schon seit Längerem eine ausführliche Reportage über religiöse Gemeinschaften in und um Leipzig. Ich möchte sie nacheinander vorstellen, ihre Ziele und das Zusammenleben schildern.« Das waren fast aufs Wort genau die Floskeln, die er vorhin zu ihr gesagt hatte. Lara beobachtete, wie die Augen des Sektenführers aufblitzten. Dann lehnte er sich zurück und faltete die Hände über dem nicht vorhandenen Bauch.
    »Ich versuche, mit allen Kontakt aufzunehmen. Sie waren einer der Ersten, den ich erreicht habe. Danke, dass Sie gleich bereit waren, mich zu empfangen.«
    »Aber sicher doch, Frau Birkenfeld. Wie ich eingangs schon sagte – es ist mir ein Vergnügen. Wo wollen wir denn anfangen?« Er goss sich reichlich Sahne in den Tee und rührte bedächtig.
    »Bei dem, was die Kinder des Himmels ausmacht.« Lara lächelte gleichfalls und hielt seinem Blick stand. Wenn sie wollte, konnte auch sie charmant tun. In ihrem Hinterkopf warnte eine Stimme, dass sie sich hüten solle, mit einem Sektenführer zu flirten, aber Lara verscheuchte sie. Eins nach dem anderen. Sollte er reden und sich darstellen. Sie konnte ihn in der Zwischenzeit beobachten und seine Körpersprache studieren.
    Eine halbe Stunde später hatte sie drei Seiten mit Gemeinplätzen vollgeschrieben, zwei Tassen Tee getrunken, und ihre Blase drückte. Sie beschloss, dass es Zeit für Teil zwei war.
    Jo Selbig fuhr mit Schwung rückwärts über eine Schneewehe und rutschte so in die Parklücke. Schon von Weitem konnte er den Aufmarsch an der Straßenkreuzung sehen: ein Krankenwagen, mehrere Polizeifahrzeuge, Absperrungen und überall aufgeregte Menschen, denen die Kälte und der Schnee nichts auszumachen schienen. Er überprüfte schnell seine Ausrüstung, stieg aus und schoss über das Dach seines Autos hinweg ein paar Fotos von der Gesamtszenerie. Dann zoomte er so dicht es ging an die Bankfiliale heran und betrachtete das Umfeld durch den Sucher. Würde schwierig sein, da ranzukommen, aber er wäre nicht Joachim Selbig, wenn er es nicht wenigstens versuchen würde. Und so, wie es aussah, war er der einzige Fotograf vor Ort. Eine gute Gelegenheit, die Bilder später an eine Agentur zu verkaufen – wenn die Leiche interessant genug für die überregionalen Nachrichten war und es sich nicht nur um einen Obdachlosen handelte, der betrunken erfroren war. Schnell näherte er sich dem fünfstöckigen Bürogebäude bis zu der aufgeregt schnatternden Menge. Vor der Bank wendete der Rettungswagen und fuhr davon. Er wurde nicht gebraucht. Eine Straßenbahn ratterte vorbei. Aus den Fenstern gafften bleiche Gesichter, drückten sich Neugierige die Nasen an den Scheiben platt, um einen Blick auf das Schauspiel zu erhaschen. Jo versuchte, an der Menschentraube vorbei Fotos zu schießen, stellte aber sehr schnell fest, dass es aussichtslos war, von dieser Stelle aus etwas Interessantes aufzunehmen. Und die Beamten würden ihn gewiss nicht durch die Absperrung lassen, damit er scharfe Bilder von der Leiche und der Spurensicherung machen konnte. Jo senkte die Kamera und sah sich um. Nach einer Minute des Nachdenkens machte er kehrt und eilte über die Straße. Einige der Gebäude hier wirkten verfallen, aber das Wohnhaus schräg links gegenüber der Bankfiliale hatte gerade eine Fassadenerneuerung hinter sich. Ohne sich

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