Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
das Schloss klickte, warf der Schnitter die Decken weg und richtete sich auf. Er schob das Messer in die Scheide zurück, trat ans Fenster und öffnete es wieder. Wie schon Fürst Sandre schaute er draußen in alle Richtungen. In diesem Moment setzte heftiger Regen ein, der kühl war und vom Wind vor sich hergetrieben wurde.
Von unten hörte sie die Männer rufen, dass sie vor dem Unwetter Schutz suchen wollten.
Natürlich. Fürst Sandre hatte auch unten Wachen postiert. Sie verließen jetzt ihre Posten und schlüpften unter die Dachvorsprünge oder in die Hotelhalle. Wenn der Schnitter es schaffte, aus ihrem Zimmer und die Treppe hinabzuschleichen, um aus einem tiefer gelegenen Fenster unentdeckt zu entkommen, mochte ihm die Flucht gelingen.
Er drehte sich um.
Sie lächelte ihn an.
Er starrte sie finster an, prüfend, als verstehe er überhaupt nicht, was sie bewegte … Und hinter seiner Maske und in seiner Haltung entdeckte sie noch etwas … Verlangen.
»Es geht mir gut.« Ihr Puls verlangsamte sich zu einem beständigen, doch noch immer schnellen Schlag. Allzu sehr war sie sich plötzlich wieder des durchsichtigen Nachthemds bewusst. Sie war mit einem Mann allein im Zimmer. Einem Mann, der sich sehr zu ihr hingezogen fühlte.
Über dieses Gefühl wusste sie nicht viel. Sie hatte noch nie einen Mann begehrt, und es hatte bisher keinen Mann gegeben, der sie begehrte. Doch ihr Verstand sagte ihr, dass sein Auftauchen in ihrem Zimmer kein Zufall war, und ihr Instinkt vermutete, dass er sie absichtlich aufgesucht hatte. Nicht, um sie in Gefahr zu bringen, sondern um sie zu warnen.
Deshalb machte sie sich keine Sorgen und fühlte sich nicht angegriffen. Trotz Fürst Sandres ominöser Warnung wusste sie, dass sie dem Schnitter vertrauen konnte. Das hatte er ihr bereits bewiesen.
Er kam zu ihr, nahm ihre Hand und beugte sich darüber. Seine Lippen berührten ganz sanft ihren Handrücken.
»Gehst du jetzt?«
Er nickte und ging zur Tür. Dort lauschte er mit dem Kopf am Türblatt. Er zeigte nach oben.
Inzwischen stapften die Stiefel über ihren Köpfen auf dem beengten Dachboden hin und her, der sich über die ganze Länge des Hotels erstreckte. Sie konnte die Männer des Fürsten hören.
Der Schnitter begann, den Schlüssel im Schloss zu drehen.
Und sie wusste, wenn sie ihn jetzt so gehen ließ, würde sie es für immer bereuen.
15
»Warte!«, rief Emma.
Der Schnitter drehte sich zu ihr um. Jede seiner Bewegungen verriet seine Verwirrung.
Sie trat zu ihm. »Du hast mich im Wald gefunden. Du hast mein Leben gerettet. Und ich will dir dafür danken … Ich will dir danken …« Sie nahm all ihren Mut zusammen und nahm sein Gesicht zwischen beide Hände. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihre Lippen auf seine.
Sie hatte keine Erfahrung damit, doch legte sie all ihre Anerkennung in diesen einen Kuss. Seine Lippen waren warm und erstaunt, und dann nur noch warm und … leidenschaftlich. Sein Atem berührte sie und wurde heftiger, als sie ihr Gesicht seinem entgegenhob. Doch er hielt sich zurück, berührte sie nicht und wartete, dass sie sich zuerst bewegte.
Aber sie wusste nicht, was er jetzt von ihr erwartete.
Also hörte sie wieder auf den Instinkt, der aus einer ruhigen Ecke in ihr gekrochen kam, wo er sich bisher verdrängt und verängstigt verborgen hatte. Sie legte die Arme um seinen Hals und lehnte sich gegen ihn. Nicht mit ihrem ganzen Gewicht und auch nicht mit dem Unterleib; das traute sie sich noch nicht. Aber Brust und Schultern berührten ihn. Und das fühlte sich sehr angenehm an.
Er verströmte Hitze und Kraft, er roch nach einem anstrengenden Ritt und nach Pferd. Dieser Mann ragte groß über ihr auf, sie atmete tief ein und genoss die Unterschiede zwischen ihnen. Dann küsste sie ihn härter und drückte ihre Lippen auf seine.
Gerade kam ihr der Gedanke, dass Küssen wohl doch nicht so aufregend war wie sie immer gehofft hatte, als sich alles änderte. Irgendetwas – vielleicht ihr Eifer? – ließ ihn die Kontrolle verlieren.
Er riss sie zu sich heran, ein Arm um ihre Taille gelegt, der andere streichelte ihren Rücken und den Kopf. Er beugte sie nach hinten. Und dann küsste er sie.
Das war kein suchendes, unerfahrenes Drücken von Lippen auf Lippen.
Das war ein verwegener Kuss. Ein leidenschaftlicher Kuss. Dieser Kuss war wie die wilde Reise durch einen Dschungel, wie das Plantschen in einem warmen, stürmischen See, als würde sie nach draußen in den
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