Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
nicht dumm.« Sie lachte.
Er lachte nicht mit. »Aber was ist ein Mann, der eines Tages ein Herzogtum erben wird, verglichen mit dem Fürsten eines kleinen Lands?«
Ihre Erheiterung schwand so schnell wie sie gekommen war. »Ich glaube Euch nicht. Aber warum macht Ihr eine so gemeine Andeutung?«
»Gemein? Aus welchem anderen Grund als Geld und Sicherheit sollte eine Frau wie Ihr wünschen, einen Mann wie Sandre de Guignard zu heiraten?«
Die Verachtung, die aus seinen Worten sprach, überraschte sie, und ebenso erging es ihr mit dem Zorn, der in ihr aufstieg wie eine Welle mit einsetzender Flut. »Ihr wisst absolut nichts darüber, was eine Frau wie ich sich wünscht. Ihr seid nie so arm gewesen, dass Ihr auf der Straße als Prostituierte hättet arbeiten müssen, wenn Ihr keine Anstellung findet. Ihr habt nie die stinkenden Füße einer niederen Adeligen massiert und wisst nicht, wie es ist, von so einer Frau einfach weggeschubst zu werden, wenn Ihr nicht zu ihrer Zufriedenheit gearbeitet habt. Ihr seid nie durch einen dunklen Wald gelaufen, wo Ihr so sehr gefroren und Euch gefürchtet habt, dass Euch ein einsamer Tod drohte und Ihr Euch ihm mit Freuden in die Arme werfen wolltet.« Sie machte wild gestikulierende Armbewegungen. »Ja, ich weiß, Ihr wart zwei Jahre lang im Kerker, aber Ihr seid dort durch eigenes Verschulden gelandet. Frauen wie ich werden in das Gefängnis aus Armut und Verzweiflung nicht durch unser eigenes Verschulden gebracht, und wir leben und sterben dort ohne Hoffnung, jemals daraus zu entkommen. Also wagt es nicht, Mylord, über mich zu urteilen. Ihr wisst absolut nichts über meine wahren Beweggründe.«
»Emma …« Er hob die Hand, als wollte er ihre Wange berühren. Er blickte tief in ihre wütend blitzenden Augen.
Einen winzigen Moment lang hatte sie ein merkwürdig vertrautes Gefühl … Sie bekam Angst. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass sie so heftig auf sein Missfallen reagierte?
Dann brach die Welle aus Zorn über ihr zusammen, und es war ihr egal. Sie drehte sich auf dem Absatz um und floh aus der Bibliothek.
23
Als Emma in ihr Schlafzimmer eilte, wischte sie sich ein paar Wuttränen von den Wangen.
Wie konnte Durant es nur wagen, sich ihr gegenüber so kritisch zu äußern? Was wusste er schon über Frauen »wie sie«? Sein ganzes Leben war das eines Privilegierten gewesen. Zumindest bis auf die letzten zwei Jahre. Es war dumm von ihr, sich um seine Meinung zu scheren, wenn er lieber in Moricadia blieb und sich dem Müßiggang hingab, statt irgendetwas zu unternehmen, um die Sorgen seiner Familie zu zerstreuen. Er war ein Mann, der nur wenig Ehre und Loyalität im Leib hatte.
Dennoch konnte sie nicht vergessen, wie gut er zu Elixabete und Damacia gewesen war. Und sie wusste, dass sie zu einem anderen Zeitpunkt und an einem anderen Ort von seinem Interesse an ihr bezaubert gewesen wäre.
Sie konnte sich einfach keinen Reim auf diesen Mann machen. Erst war er faul, dann war er nett zu ihr. Danach warnte er sie, sich um ihrer selbst willen vor Fürst Sandre zu hüten. Anschließend beschuldigte er sie, nicht besser als eine Straßenhure zu sein, die ihren Körper für Geld verkaufte.
Sie wollte gerade die zweite Treppe zu ihrer Schlafkammer hochlaufen, die bei den Dienstbotenquartieren unter dem Dach lag, als Tia sie aufhielt. »Miss Chegwidden, erinnert Ihr Euch noch an mich? Ich bin das Mädchen, das Euch an Eurem ersten Tag hier betreut hat.«
»Du bist Tia.« Tia verhielt sich merkwürdig. Sie schaute Emma nicht an und gab sich extrem unterwürfig. »Was ist denn los?«
»Ich danke Euch für Eure Güte.« Tia machte einen Knicks. »Ich bin hier, um Euch zur Seite zu stehen. Euer Gemach wurde woandershin verlegt.«
»Es wurde verlegt?« Emma rieb mit dem Taschentuch über ihre rotgeweinten Augen. »Aber warum denn?«
»So lauteten meine Anweisungen, Ma’am. Wenn Ihr mir bitte folgen würdet …«
Emma schaute die enge Treppe hinauf. Dann beeilte sie sich, dem Mädchen zu folgen. »Also gut. Aber ich muss noch meine Sachen holen.«
»Ich habe bereits alles in Euer neues Gemach bringen lassen. Es war nicht besonders viel, darum brauchte ich dafür keine Hilfe.« Tia sagte es so ungerührt, dass Emma genau spürte, wie es gemeint war. Das Mädchen übte damit insgeheim Kritik an ihr.
»Tja, ich vermute, da hast du recht.«
Das Mädchen führte Emma den breiten Gang entlang, vorbei an alten Ölgemälden und goldgerahmten Spiegeln. Sie blieb vor einer
Weitere Kostenlose Bücher