Suesse Hoelle
die sich ihm gleich bieten würde, versuchte zu vergessen, was Marlie ihm beschrieben hatte. Er wollte sich kein Vorurteil bilden, musste sich vielmehr den Blick freihalten.
Es war noch früh genug, die Verkehrsdichte spärlich. Da er trotzdem so schnell wie möglich voranzukommen trachtete, fuhr er viel zu dicht hinter einem Lastwagen auf. Gerade in diesem Augenblick flog von einem der Reifen, die das Fahrzeug geladen hatte, ein Stück ab und knallte vorn gegen seine Front. Mit einem Fluch ließ Dane seinen Wagen ein Stück zurückfallen; immerhin verhalf ihm dieser Zwischenfall dazu, seine Gedanken von all dem Wirrwarr auf das Wesentliche zu lenken.
Es dauerte wenig mehr als zehn Minuten, bis er 3311 Cypress Terrace erreicht hatte. Die Straße stand voller Polizeifahrzeuge, Neugierige drängten sich an den Absperrungen. Dane stieg aus seinem Wagen und musterte dann die Menschen aufmerksam; er suchte nach einem Gesicht, das er vielleicht schon einmal gesehen hatte. Wenn es sich um denselben Täter handelte, der beide Frauen ermordet hatte, war der vielleicht schon einmal in der Nähe von Nadine Vinicks Anwesen erschienen. Doch keines der vielen Gesichter kam ihm bekannt vor.
Cypress Terrace war eine etwas gehobenere Gegend als die, in der die Vinicks gelebt hatten. Die Häuser waren zwar nicht größer, aber erst ungefähr zehn Jahre später gebaut worden. Es gab einen kleinen Unterstand für den Wagen gleich neben dem Haus, und dort entdeckte er auch eine Ansammlung von Menschen in Uniform, einer von ihnen schien Wache zu stehen.
Freddie Brown und ihr Partner Worley hatten an diesem Wochenende Dienst, beide waren bereits eingetroffen. Freddie kam aus der Gruppe der Polizisten auf Dane zu, als sie ihn sah. »Hi, Süßer«, sagte sie und hängte sich bei ihm ein. Sie hielt ihn fest, so dass er stehenbleiben musste »Du brauchst dich nicht zu beeilen«, bat sie. »Hör mir einen Augenblick zu.«
Wenn es jemand anders als Freddie gewesen wäre, so hätte Dane ihn nicht weiter beachtet und wäre weitergegangen. Doch Freddie war zuständig für dieses Verbrechen. Sie hätte ihn nicht ohne einen Grund beiseite gezogen. Er blickte auf sie hinunter und hob dann fragend eine Braue.
»Wie man mir mitteilte, wolltest du benachrichtigt werden, wenn es eine weibliche Leiche mit Stichwunden gibt«, sagte sie.
Er nickte kurz und hoffte, dass sie sich nicht über seine Einmischung in einen ihrer Fälle ärgerte.
Sie tätschelte aufmunternd seinen Arm. »Ich habe mir gedacht, dass da etwas dahintersteckt, also habe ich auf dich gewartet. Du kannst das als eine Art Geburtstagsgeschenk nehmen.«
»Du hast auf mich gewartet?« wiederholte er erstaunt. »Willst du damit sagen, dass noch niemand im Haus war?«
»Das will ich damit sagen. Der Polizist, der die Leiche gefunden hat, hat eine Medaille verdient. Sobald er sah, was los war, hat er sich zurückgezogen, hat nichts angerührt, bis auf die Türklinke und sofort alles abgesperrt. Wahrscheinlich ist es der fleckenloseste Tatort, den du je betreten hast. Ivan ist auch schon unterwegs.«
»Dann lassen wir ihn erst mal kommen«, entschied Dane. »Danke, Freddie. Aber wieso hat der Polizist die Leiche überhaupt gefunden?«
Freddie blätterte in ihrem Notizbuch. »Der Name des Opfers ist Jacqueline Sheets, sie ist geschieden und hat keine Kinder. Ihr Exmann lebt in Minnesota. Sie hat in einer der großen Anwaltsfirmen gearbeitet als Sekretärin und ihre Arbeit sehr gut gemacht. Mit einer Freundin, ebenfalls Sekretärin in der Kanzlei, hatte sie sich zum Essen verabredet. Und als sie dann nicht kam, hat diese Freundin versucht, sie anzurufen - alles vergebens. Offensichtlich war die Sheets eine ganz normale, sehr pünktliche Frau; sie hatte wohl kürzlich einige gesundheitliche Probleme, deshalb machte ihre Freundin sich Sorgen. Sie ist hergekommen, um nachzusehen. Der Wagen der Sheets stand vor dem Haus, das Licht war an, und der Fernsehapparat lief, doch auf ihr Klopfen kam niemand an die Tür. Also ist sie in ein Nachbarhaus gegangen und hat von dort aus die Polizei alarmiert. Die Polizisten Charles Marbach und Perry Palmer waren in der Nähe und am Tatort, noch ehe der Krankenwagen eintraf. Sie haben an die Tür geklopft, doch auch sie hatten keinen Erfolg. Polizist Marbach hat das Schloss der Haustür aufgebrochen und ist nach einem Blick auf das Opfer, ohne etwas zu berühren, sofort zurückgetreten.« Sie schloss ihr Notizbuch. »Die Freundin heißt Elizabeth Cline.
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