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Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abe
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durften.
    Ihr Lehrmeister hielt bei ihren überraschenden Bewegungen nicht inne. Er näherte sich ihr wieder mit kleinen Schritten. Beide Hände streckte er gleich weit vor sich aus, sodass sie keinen Hinweis darauf erhielt, mit welcher er sie im Folgenden angreifen würde.
    Eine Strähne ihres Haars, silbrig schimmernde Locken, hatte sich aus dem festen Knoten an ihrem Hinterkopf gelöst. Die feinen Strähnen störten sie. Beim leisesten Windhauch wirbelten sie vor ihr hoch. Sie schüttelte den Kopf, um wieder klare Sicht zu bekommen.
    Links!, schrie die Bestie, aber dieses Mal war es zu spät und die Hand des Lehrmeisters traf sie mitten ins Gesicht, sodass sie wieder in den Dreck geschleudert wurde.
    »Pff«, knurrte der Laird voller Abscheu. »Eine Kriegsmaid, wohl wahr!«
    Avalon lauschte ihm mit gebeugtem Kopf und geschlossenen Augen, als er eine Schimpfkanonade auf den Lehrer losließ.
    »Sie wird nie diejenige sein. Sie ist eine Schande!«
    »Gib ihr ein bisschen Zeit, Hanoch. Sie ist noch jung.«
    »Zeit!« Die Stimme des Lairds dröhnte unglaublich laut in der Stille des Hofes vor dem Cottage. »Zeit! Sie hat bereits drei Jahre Zeit gehabt! Wie lange braucht sie denn noch?«
    »Fertigkeiten im Kampf erwirbt man nicht so leicht, Hanoch. Das weißt du. Und sie ist noch ein Kind.«
    Bei diesen Worten hob sie den Kopf und beobachtete die miteinander streitenden Männer. Unten auf der Erde hatte sie einen guten Blick auf die beiden. Die Locken, die sich gelöst hatten, flossen über ihre Schultern und ringelten sich im Staub, wo sie einen hellen Ring gegen das Graubraun des Bodens bildeten.
    »Sie wird nicht immer ein Kind bleiben, MacLochlan«, erwiderte Onkel Hanoch. »Bald hat sie das Alter, meinen Sohn zu heiraten. Und du weißt, dass sie die Anforderungen des Fluchs erfüllen muss! Ich habe darauf vertraut, dass du die Geschichte zum Leben erweckst, und dann bietest du mir das ?«
    Der Lehrmeister warf ihr einen Blick zu, und Avalon begegnete ihm mit Trotz. Es war seit langem der erste Widerstand, den sie zu zeigen wagte.
    »Sie wird besser werden«, behauptete der Lehrer, und die scharfen Ohren der Bestie waren nicht nötig, um den Zweifel in seiner Stimme herauszuhören.
    Der Laird ging zu der Stelle, wo sie immer noch auf Händen und Knien hockte. Er starrte auf sie hinab und kniff die Lippen vor Abscheu noch mehr zusammen.
    »Avalon d’Farouche. Du bist eine Schande für deinen Clan!«
    Sie stieß sich mit den Händen ab und spie die Worte, die sich in den letzten drei Jahren in ihr aufgetürmt hatten, förmlich aus:
    »Ich gehöre nicht zu Eurem Clan!«
    Onkel Hanoch zog die Augenbrauen fast bis zum Haaransatz hoch. Sein roter Bart sträubte sich.
    »Was hast du gesagt?«, erkundigte er sich mit Grauen erregender Stimme.
    Avalon kam wieder auf die Beine, während die Chimäre in ihr jetzt kauernd zurückwich und in ihrem Kopf kreiste.
    Wut!, heulte die Chimäre. Oh, schreckliche Wut, Fehler, Fehler, nimm es zurück ...
    Schweig!, rief Avalon ihr lautlos zu. Sie hatte so lange auf diesen Augenblick gewartet, und es war zu spät, um die Worte zurückzunehmen.
    »Ich gehöre nicht zu Eurem Clan.« Sie sprach mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte. Sicher hätte es ihr Vater damals genauso gesagt, als er noch lebte.
    Onkel Hanochs Haut wurde unter seinem Bart sehr blass, sodass sein struppiges rotes Haar in der Nachmittagssonne plötzlich grell hervorstach.
    Die Chimäre stieß ein ängstliches Wimmern aus, das nur sie zu hören vermochte. In völliger Unterwerfung rollte sich ihr innerer Plagegeist auf den Rücken und zeigte den verletzlichen Bauch. Aber sie wusste, dass vielleicht nicht einmal dies ihren Onkel jetzt noch beruhigen konnte.
    Drohend baute er sich über ihr auf, sodass kein einziger Sonnenstrahl mehr zu ihr drang.
    »Euer Fluch ist dumm!«, schrie Avalon und sie konnte nicht glauben, dass es ihre eigene Stimme, ihre eigenen Worte waren, die sie da hörte und ihn bestimmt dazu brachten, sie umzubringen. Seine Augen traten aus den Höhlen, seine Hände ballten sich zu schweren Fäusten. Mit einem Hieb würde er sie vernichten. Aber zuletzt war das nicht einmal so schlimm. Dann könnte sie diesen Ort verlassen, könnte ihre Mutter, ihren Vater und Ona sehen ...
    »Dumm!«, gellte sie wieder und bereitete sich auf den Tod vor. »Er ist nicht real! Nur Hasenfüße glauben an Flüche!«
    Vor ganz langer Zeit hatte Ona ihr das erzählt. Damals als sie noch ein Kindermädchen hatte, in

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