Süsse Sehnsucht Tod
mußte, wenn es keine andere Chance mehr gab.
»Je früher, desto besser, Suko.«
»Und Sie bekämen das durch?«
»Ich nehme es auf meine Kappe.«
»Noch ist es nicht soweit, Sir. Ich hoffe auch, daß wir dieses Unheil stoppen können, auch wenn ich nicht weiß, wie das geschehen soll, aber ich bin nicht allein. John kümmert sich noch immer um diese Iris Cramer, die ebenfalls beeinflußt wurde.«
»Dahinter steckt dieser Massenmörder. Vielmehr dessen unheiliger Geist.«
»Davon müssen wir ausgehen.«
»Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, wie Sie ihn stellen und fangen wollen?«
»Keine.«
»Ihnen fällt etwas ein, das hoffe ich.«
»Da sagen Sie was, Sir. Wir müssen nur näher ran.«
»Geben Sie auf sich acht.«
»Machen wir.«
Suko war froh, daß sein Chef so vernünftig reagiert hatte. Die Zukunft sah jetzt wieder etwas heller aus. Er wollte auch mit John sprechen, der noch nichts von dem zweiten Selbstmord wußte.
Suko kam nicht dazu, die Wohnung zu verlassen, denn auf einmal war die Stimme wieder da.
Sofort blieb er stehen. Er schaute zum Radio. Das Rauschen war geblieben, aber die Stimme hatte sich darüber gelegt, und Suko hörte, daß Geister auch lachen konnten.
Hämisch und zugleich triumphierend. »Der zweite Tote, der zweite. Es wird nicht dabei bleiben. Ich setze meine Arbeit vom Jenseits aus fort. Aber anders, und niemand wird es schaffen, mich wieder auf den Stuhl zu setzen. Ich bin unangreifbar, denn ich sorge von nun an für die Sehnsucht. Sie wollen mir folgen, denn sie wollen alle sehen, wie ich aussehe. Deshalb gehen sie in den Tod, nur deshalb.«
»Kann ich dich auch sehen?« fragte Suko.
»Möchtest du das?«
»Es wäre nicht schlecht.«
»Vielleicht – vielleicht kannst du es. Ich werde mich schon um die kümmern, später, wenn es dunkel bei euch Menschen ist. Das ist dann meine Zeit.«
»Was hast du genau vor?«
»Leer machen«, hörte Suko die Antwort. »Ich werde das verdammte Haus leer machen…«
Die Stimme war weg, das Rauschen blieb, und über Sukos Rücken rann ein kalter Schauer…
***
»Mandy!« rief Iris mit schriller Stimme und sprang in die Höhe. »Das ist Mandy gewesen!« Sie wußte nicht so recht, wohin sie schauen konnte.
Ihr Blick pendelte zwischen dem Radio und mir.
Um Iris kümmerte ich mich nicht. Sie mußte allein zurechtkommen.
Außerdem konnte ich ihr noch immer zu Hilfe eilen, wenn es hart auf hart kam. Mandys Geist hatte jetzt Vorrang. Sie haßte mein Kreuz, sie wollte es nicht spüren, aber den Gefallen konnte ich ihr nicht tun. Als Mensch hatte sie auf meiner Seite gestanden und war normal gewesen. Nicht mehr als Tote. Da war es ihrem Geist zwar gelungen, die Grenzen zu durchbrechen und trotzdem mit der Welt der Lebenden Kontakt zu halten, aber er hatte sich verändert, denn von nun an gehorchte er anderen Gesetzen, und die waren schlimm.
Ich behielt das Radio unter Kontrolle. Mein Kreuz »funkte« noch immer.
Auch die Stimme war da. Sie allerdings hatte sich in ein tiefes böses Brummen verwandelt, ähnlich dem Knurren eines Bluthundes, der im Hintergrund lauerte.
Zwar war ich dicht vor dem Radio stehengeblieben, doch ich berührte es nicht mehr. Ungefähr eine halbe Schrittlänge trennte mich von dem Apparat. Die beiden Lautsprecher waren rechts und links der Anlage aufgebaut. Sie standen als schwarze Vierecke auf dem Boden.
»Mandy!« rief ich laut in das Grollen hinein. »Verdammt noch mal, hörst du mich, Mandy?«
Sie hörte mich, da war ich sicher. Aber sie änderte sich nicht und gab mir auch keine Antwort. Nur das unheimlich klingende Grollen blieb. Es war ein böses Geräusch, das ich nicht mochte.
Die Bewegungen meines Kreuzes vor dem flachen Apparat erreichten nichts. Ich wechselte meine Position. Den rechten Lautsprecher wollte ich mir als ersten vornehmen. Weit war er nicht entfernt. Ein Schritt reichte aus. Ich blieb nicht lange in normaler Haltung vor ihm, sondern ging langsam in die Knie.
Das Kreuz schaute aus meiner rechten Hand hervor. Die Faust umfaßte den unteren, den langen Balken.
Nur eine Handlänge entfernt stand es vor dem Lautsprecher. Das Brüllen veränderte sich. Heulende Laute umwehten meine Ohren, als wären sie von einer Kreatur abgegeben worden, die unter einer großen Pein litt.
Irgendwo im Jenseits, in einer völlig anderen Sphäre, mußte jetzt der Teufel los sein, weil hier in der Wohnung eines Hochhauses zwei Energien aufeinandertrafen. Auch mein Kreuz sandte Strahlen oder
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