Suesse Versuchung
ist es doch
ganz natürlich, wenn ich in Ihrer Begleitung auf Captain Hendricks
äh
Lustbarkeit war.
Es ist nicht natürlich, wenn eine junge Dame, selbst eine, die mit mir verlobt ist,
erklärte Lord Edward mit Nachdruck, sich bei Captain Hendricks Gelage sehen
lässt.
Sophie ließ ihre Hände sinken. Sie hatte Henry helfen wollen und war dabei selbst in
eine Falle getappt. Im Grunde war nun alles viel schlimmer als davor. Sie hatte sich
sogar Jonathan Hendricks ausgeliefert, anstatt Henry zu befreien. Wie alt war sie
eigentlich? Fast zweiundzwanzig. Und benahm sich wie zwölf.
Sophie?
Sie sah hoch. Jetzt erst bemerkte sie, wie nahe sie ihm stand. Nein, er war doch nicht
so groß, wie sie gedacht hatte. Sie ging ihm bis zur Nase. Sie war also imstande, seine
Lippen zu erreichen, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, und er ein wenig den
Kopf neigte. Der Gedanke ließ sie erschrocken einen Schritt zurücktreten. Solche
Überlegungen waren nicht gerade nutzbringend. Dennoch das Unglück war schon
passiert - sie konnte kaum ihren Blick von Lord Edwards Lippen lösen. Ihr schlug das
Herz plötzlich bis zum Hals, und ihre Knie begannen zu zittern. Irgendetwas
Unvorhergesehenes war in ihrem Magen, so, als würde der Tee, dem sie so reichlich
zugesprochen hatte, revoltieren.
Lord Edward bemerkte ihre Verlegenheit zum Glück nicht. Ihre Abreise wird auch
nichts an Henrys Schwierigkeiten ändern, sprach er ruhig weiter. Oder meinen Sie,
Jonathan Hendricks wird den Vorteil, den Sie ihm in die Hand gespielt haben, nicht zu
nutzen wissen?
Sophie ließ sich auf einen Stuhl fallen und stützte den Kopf in die Hände. Sie haben
leider recht. Was wurde aus Henry, wenn sie nun einfach abreiste? Lord Edward
wusste nur von den Schuldscheinen, aber ihr Vetter steckte ja noch viel tiefer in der
Klemme. Er war alleine zu dumm und zu wenig entschlossen, um sich aus den Klauen
der Schmuggler zu befreien.
Edward nahm ihren Arm und zog sie hoch. Kommen Sie jetzt, es wird Zeit, dass wir
Lady Elisabeth die erfreuliche Nachricht präsentieren.
Oh mein Gott
Sophie schauderte.
* * *
Muss das sein?!, fragte Sophie fünfzehn Minuten später, als ihre Tante mit
verkniffenen Lippen und zitternden Händen ein Exemplar der größten Londoner
Zeitung in der Hand zerknüllte, in dem die Verlobung zwischen Lord Edward
Harrington und Miss Sophie McIntosh bekanntgegeben wurde.
Augusta und Lady Elisabeth hatten Lord Edward erfreut begrüßt. Bis Edward dann
Sophie an seine Seite gezogen und von der Verlobung gesprochen hatte. Lady
Elisabeth war auf einen Stuhl gesunken und Augusta aufschluchzend hinausgelaufen.
Sophie hatte sich plötzlich daran erinnert, dass sie sich ähnliche Situationen vorgestellt
hatte, in denen sie Augusta bei Lord Edward ausstach. Aber die Wirklichkeit bestand
nicht aus der erwarteten Genugtuung, sondern aus Verlegenheit, vermischt mit
Schuldgefühlen und Angst.
Edward hatte in seiner ironischen Manier eine Augenbraue hochgezogen. Er hatte den
Besuch bei seiner Schwester dazu genützt, noch andere Dinge zu erledigen. Diese
Verlobungsanzeige war eine davon gewesen. Natürlich. Das gehört sich so. Die
Gesellschaft muss informiert werden. Wir müssen auch das Datum für die Hochzeit
festlegen. Um die Gästelisten wird sich mein Sekretär kümmern.
Gästeliste? Hochzeitsdatum? Sophie riss die Augen auf. Sie wollen mich wirklich
heiraten?! Dies war eine Möglichkeit, von der sie zwar heimlich geträumt, sie aber
niemals ernsthaft in ihre Suche nach Lösungen einbezogen hatte.
Das allerdings hätte ich bis vor Kurzem auch bezweifelt, sagte Tante Elisabeth mit
einem verkniffenen Gesichtsausdruck.
Edward dagegen reagierte milde erstaunt. Meines Wissens ist es tatsächlich das
korrekte Vorgehen, vor der Heirat eine Verlobung zu setzen. Außerdem, fügte er
mahnend hinzu, schockierst du deine liebe Tante mit deinen losen Scherzen, Sophie.
Er warf einen warnenden Blick auf Lady Elisabeth.
Sophie schluckte jede weitere Bemerkung hinunter. Tante Elisabeth durfte natürlich
nicht wissen, wie diese Verlobung zustande gekommen war. Aber Edward begann
ihrer Ansicht nach zu übertreiben. Sophie war ja nicht undankbar - er hatte sie gerettet
und bot ihr mit dieser fiktiven Brautzeit die Möglichkeit, ihre Monate in Eastbourne
abzusitzen, sich weiter um Henrys Schwierigkeiten zu kümmern, und dann
heimzukehren
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