Sueßer als der Duft der Rosen
dazuverdiente.
Kathryn beugte sich zu Curt. "Ist der Mann hinter Roslyn ihr Freund?"
Curt warf einen Blick hinüber. "Ja, das ist er."
"Womit verdient er seinen Lebensunterhalt?"
"Einen Beruf übt er jedenfalls nicht aus."
"Weißt du, wie er heißt?"
"Walter ... Walter Simms, glaube ich."
Sie notierte sich den Namen. "Ich habe ein ungutes Gefühl", erklärte sie. "Aber vielleicht liegt das nur an seiner Krawatte."
"Vertrau deinem Instinkt, Kathryn. Manchmal ist er mehr wert als ein Jahr Jurastudium."
Die Richterin trat ein. Sie war eine hochgewachsene, streng blickende Schwarze. "Fangen wir an", befahl sie, und die Geschworenen setzten sich.
Kathryn machte sich Notizen und achtete auf Widersprüche, während der von der Gegenseite als Sachverständiger geladene Arzt Miss Kelloggs Verletzungen beschrieb. Die Blutergüsse, Zerrungen und das Schleudertrauma am Nacken, das er in dramatischen Tönen schilderte, hörten sich an, als wäre sie nicht aus dem Bett gefallen, sondern gestoßen worden.
Tom gelang es, die Glaubwürdigkeit des Arztes zu
erschüttern. Der Mann war auf Unfälle spezialisiert und hielt sich mehr in Gerichtssälen als in seiner Praxis auf.
Der Anwalt der Klägerin rief LaVerne Radisson in den Zeugenstand. Die junge Frau trug ein elegantes Kostüm und wirkte viel ernster und reifer, als Kathryn sie bisher erlebt hatte.
"Was taten Sie, als Sie Miss Kelloggs Schmerzensschreie hörten?" wurde sie gefragt.
"Ich rannte in Roslyns Zimmer."
"Und welche Situation fanden Sie dort vor?"
"Roslyn lag neben dem Bett auf dem Fußboden."
"Und Mr. Creighton?"
"Er war auch dort und versuchte, ihr aufzuhelfen."
"Womit waren Mr. Creighton und Miss Kellogg bekleidet?"
LaVerne warf Curt einen besorgten Blick zu. "Mit nichts", antwortete sie leise.
"Es tut mir leid, Miss", sagte der Anwalt. "Ich glaube, die Jury hat Sie nicht verstehen können. Würden Sie es noch einmal wiederholen? Was trug das Paar, als Sie hereinkamen?"
"Sie waren kein Paar, Mr. ..."
"Beantworten Sie einfach nur meine Frage."
LaVerne zögerte. "Sie waren beide nackt."
"Als hätten sie gerade miteinander geschlafen?"
Kathryn erstarrte.
"Einspruch", rief Tom. "Das kann die Zeugin nicht wissen."
"Stattgegeben", befand die Richterin.
Kathryn atmete auf, als Tom den Schaden wiedergutmachte, den Roslyns Anwalt angerichtet hatte. LaVerne erwies sich als Zeugin, die der Verteidigung mehr nützte als der Klägerin.
Kathryn fing an, sie und ihre Zwillingsschwester zu mögen.
Der Gegenanwalt bezichtigte sie, sich von Curt aushalten zu lassen, Tom kam ihr mit ein paar erhellenden Fragen zu Hilfe, und so ging es noch eine Weile hin und her.
Als Roslyn den Zeugenstand betrat, beugte Kathryn sich automatisch vor. Na los, gib schon zu, dass Curt nie mit dir geschlafen hat, dachte sie. Aber die Frau war eine gute Schauspielerin, und ihr Anwalt lieferte ihr genau die richtigen Stichworte.
Bei genauem Hinsehen entdeckte Kathryn die Verfärbungen an Roslyns Kiefer und Oberarm. Entweder hatte die Lady eine empfindliche Haut, oder der zwielichtige Typ, mit dem sie gekommen war, war gewalttätig.
Kathryn notierte den Verdacht und schob Tom den Zettel zu.
Während Roslyn aussagte, kam Kathryn ein weiterer Einfall.
Curts unglaublicher Reichtum konnte Frauen zu weit mehr verleiten als nur zu einer Schadenersatzklage. Er konnte durchaus zum Opfer einer geldgierigen Frau werden, die mehr an seinem Geld als an ihm interessiert war und nicht ihn, sondern sein Vermögen heiratete.
Sie sah zu ihm hinüber. Was für eine Ironie des Schicksals, dass sie den ehrlichen, aber armen Motorradboten, für den sie ihn zuerst gehalten hatte, dem millionenschweren Playboy vorgezogen hätte.
Nur ein Muskel, der an seiner Wange zuckte, verriet, unter welcher Anspannung er stand. Er war ein Mann, der es verstand, seine Gefühle zu verbergen. Meistens hinter einem unbeschwert wirkenden Lächeln. Kathryn ahnte, dass Curt Creighton ein weit nachdenklicherer und tiefsinnigerer Mensch war, als er zu erkennen gab.
Curt rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Er fürchtete sich vor Roslyns Aussage. Zwar hatte er schon des Öfteren hören und lesen müssen, wie weitaus schlimmere Dinge über ihn verbreitet wurden. Jetzt aber musste sich Kathryn anhören, wie schmutzige Wäsche gewaschen wurde, und das war viel schlimmer.
Bisher war es ihm völlig gleichgültig gewesen, was man über ihn dachte. Bei Kathryn war das anders. Es war ihm wichtig, was sie von ihm hielt.
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