Suesses Gift Der Liebe
hohe Standuhr. Weniger als vierzig Minuten waren vergangen. Er setzte sich auf und griff nach seiner Hose. »Bin ich jetzt schuld, dass du zu einer Verabredung zu spät kommst?«
»Ja.« Sie zog ihr Hemd über den Kopf, setzte die Brille auf die Nase und sah ihn ernst an. »Die Verabredung ist jetzt. Mit dir. Es wird Zeit, dass du mir sagst, was du die ganze Zeit über vor mir verbirgst.«
Sein Magen krampfte sich zusammen. Das goldene Nachglühen verpuffte, als hätte es nie existiert.
»Wie zum Teufel kommst du darauf, ich hätte Geheimnisse?«, fragte er.
Sie trat in ihr auf dem Boden liegendes Kleid und zog das Oberteil über ihre Brüste. »Weiche der Frage nicht aus, Caleb Jones. Du hast mehr Geheimnisse als die meisten Männer. Ich sagte mir, dass du ein Recht auf Privates hast, doch jetzt erkenne ich, dass ich das Rätsel keinen Moment länger ertragen kann. Wir sind jetzt Liebende. Ich habe Rechte.«
»Wir haben uns genau zweimal geliebt.« Er griff nach seiner Hose und fing an, sich anzuziehen, wobei sich in ihm unerklärliche Wut regte. »Wie kommst du darauf, daraus Rechte abzuleiten?«
»Ich mag in diesen Dingen unerfahren sein, doch ich bin nicht naiv.« Sie schloss die Vorderseite ihres Kleides und beobachtete ihn aus schmalen Augen. »Liebende haben keine Geheimnisse voreinander.«
»Ich wusste nicht, dass es so eine Regel gibt. Ich hatte nie Probleme, Geheimnisse vor …« Er sprach nicht weiter und räusperte sich.«
»… vor anderen Frauen zu haben, mit denen du intim
warst?«, schloss sie an seiner Stelle kühl den Satz. »Ich bin nicht andere Frauen, Caleb.«
Er spürte, wie er errötete. »Daran musst du mich nicht erinnern.« Plötzlich war er nahe daran, seine Fassung zu verlieren, etwas, das nur selten passierte. Er schnappte sich sein Hemd und konzentrierte sich auf die Knöpfe.
»Ich kann so nicht weitermachen«, sagte Lucinda leise.
Er spürte in seinem Inneren eine Kälte, so eisig, dass er befürchtete, er würde nie wieder auftauen.
»Ich verstehe.« Er konzentrierte sich darauf, sein Hemd zuzuknöpfen. Aus irgendeinem Grund schien die Anordnung der Knöpfe und Knopflöcher ungeheuer kompliziert. »Du hast jedes Recht, auf einer Ehe zu bestehen. Aber wie ich schon sagte, ist es das, was ich dir nicht geben kann.«
»Unsinn. Es geht mir nicht um Heirat. Es geht um etwas viel Wichtigeres.«
Er stützte die Hände in die Hüften. »Und was soll das sein, zum Teufel?«
»Die Wahrheit.«
Er atmete tief und langsam aus. »Auch die kann ich dir nicht geben.«
»Warum nicht?«
Er strich sich durchs Haar. »Weil es zerstören würde, was wir gemeinsam haben, und ich bringe es nicht über mich, dies zu tun. Ich brauche dich zu sehr.«
»Ach, Caleb, was immer es ist, so schrecklich kann es nicht sein, dass wir uns ihm nicht gemeinsam stellen können.« Sie lief um das Bett herum und fasste ihn am Hemd. »Verstehst du nicht? Wir müssen dem gemeinsam entgegentreten.«
»Warum?«
»Weil es uns beide betrifft.«
»Es betrifft mich, und nicht dich. Mach dir keine Sorgen, Lucinda.«
»Hör auf.« Jetzt war sie zornig. »Versuche ja nicht, mir einzureden, dass du dir der Verbindung zwischen uns nicht bewusst bist. Auch wenn du morgen in den entferntesten Winkel der Welt segeln würdest, wäre ich nie wieder frei von dir.«
Nun überwältigte ihn der Zorn. Er packte ihre Handgelenke und hielt sie fest.
»Auch ich könnte dir nie entfliehen«, sagte er. »Egal was mit mir passiert, egal wie tief ich in meinem Wahn sinke, ich werde dich nie vergessen, Lucinda Bromley, das schwöre ich bei meiner Seele.«
»Wahn?« Sie riss die Augen auf. »Was redest du da? Mir ist klar, dass du dazu neigst, sehr intensiv und eigensinnig, zuweilen sogar obsessiv zu sein, aber wahnsinnig bist du nicht.«
»Noch nicht.«
Er ließ sie los und stürzte sich in das Gewirr der Bücherregale. An der Tür zum Gewölbe angekommen, gab er die Ziffernkombination ein, die die massive Tür öffnete.
Als Lucinda ihn einholte, schwang die Stahltür gewichtig auf und gab den Blick auf das große schwarze Nichts dahinter frei. Spürbare Energie entströmte den Schatten, eine Auswirkung der vielen paranormalen Objekte, die dort versammelt waren. Er spürte, wie seine Sinne sich regten, und wusste, dass Lucinda den störenden Strömungen ebenso ausgesetzt war.
Als sich die Öffnung weitete, strömte Licht der nahen
Lampe in die gähnende Finsternis und beleuchtete die Regale mit den alten Folianten und
Weitere Kostenlose Bücher